Fortgewischt sind alle überflüssigen Zutaten | Hamburg 1943: Zerstörung und Städtebau
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Fortgewischt sind alle überflüssigen Zutaten | Hamburg 1943: Zerstörung und Städtebau
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Eine ungewöhnliche Publikation: Ausgehend von zwei Zeitdokumenten entfalten Jörn Düwel und Niels Gutschow die Vorgeschichte der Neuplanung und des Wiederaufbaus von Hamburg nach dem Bombardement im Sommer 1943. Ein Text und eine Fotoserie stehen am Ausgangs- und im Mittelpunkt dieses Buches.
Der Kupferstecher Alexander Friedrich, als Kriegs berichterstatter der Organisation Todt unterwegs und zuvor hervorgetreten mit eindrucksvollen Stichen seiner Heimatstadt Hamburg, aber auch der Germania-Planun gen Albert Speers, erlebte den ersten der vier nächtlichen Großangriffe im Keller seines Wohnhauses. Er hielt die dabei und danach „in den Schluchten des Menschen umgehenden Bergrutsche und geologischen Verwerfungen“ in einem sprachgewaltigen Text fest. Das Zeitdokument, nur neun Tage nach dem letzten Angriff fertiggestellt, ging in vertraulichen Abschriften sowohl an den Architekten Konstanty Gutschow, Architekt für die Neugestaltung der Hansestadt Hamburg, als auch an Rudolf Wolters in der Berliner Generalbauinspektion.
Das andere Dokument stammt von Richard Zorn. Der Architekt, tätig sowohl bei Gutschow als auch in der GBI, hatte nach den Luftangriffen eine Serie von 53 Fotos zerstörter Häuser anfertigen lassen, die ihm „architektonische Eindrücke von unerhörter Eindringlichkeit“ und Hinweise auf das „Wesen“ echt hamburgischer Baukunst bescherten und mithin einen Hinweis für die Art des Neu- bzw. Wiederaufbaus der Stadt gaben. Die Serie fand sich im Nachlass von Gutschow und ist nun erstmals publiziert worden.
Das andere Dokument stammt von Richard Zorn. Der Architekt, tätig sowohl bei Gutschow als auch in der GBI, hatte nach den Luftangriffen eine Serie von 53 Fotos zerstörter Häuser anfertigen lassen, die ihm „architektonische Eindrücke von unerhörter Eindringlichkeit“ und Hinweise auf das „Wesen“ echt hamburgischer Baukunst bescherten und mithin einen Hinweis für die Art des Neu- bzw. Wiederaufbaus der Stadt gaben. Die Serie fand sich im Nachlass von Gutschow und ist nun erstmals publiziert worden.
Dass die Jahre des ationalsozialismus zumindest in der Architektur- und Stadtbaugeschichte keine isolierte Zeit mit einem guten „Davor“ und einem guten „Danach“ darstellten, sondern dass sowohl Planungsinhalte wie persönliche Zuständigkeiten in den Jahrzehnten davor wurzeln und den Wiederaufbau danach maßgeblich beeinflussten – all das ist seit Werner Durths Buch zu den „biographischen Verflechtungen“ der deutschen Architekten bekannt, und mit der Lektüre jenes Standardwerks im Hinterkopf fühlt sich der Leser in dieser Neuerscheinung auch schnell heimisch. Die hier vorliegende Kombination von zwei auf jeweils eigene Weise eindringlichen Zeitdokumenten mitsamt ihrer historischen Einordnung wirft ein lesenswertes Schlaglicht auf einen historischen Moment, der die Physiognomie nicht weniger Städte in Deutschland bis heute prägt.
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