Haus Rauch
Ein Modell moderner Lehmbauarchitektur
Text: Drewes, Frank F., Herzebrock-Clarholz
Haus Rauch
Ein Modell moderner Lehmbauarchitektur
Text: Drewes, Frank F., Herzebrock-Clarholz
Martin Rauch ist bekannt für seinen hochwertigen Lehmbau, der, gleichermaßen zeitlos und zeitgenössisch, einen Beitrag zur modernen Architektur leistet und sich formalen Verweisen auf eine vordergründige Öko-Architektur verweigert.
Allerdings ist Rauch kein Architekt, sondern hat seine Wurzeln in Arbeiten mit Keramik und im Ofenbau. Sein wohl bekanntestes Werk ist der 1999/2000 ausgeführte, neun Meter hohe Stampflehmbau der „Kapelle der Versöhnung“ auf dem ehemaligen Todesstreifen in Berlin (Architekten Reitermann/Sassenroth).
Die Publikation „Haus Rauch“ ist eine Dokumentation, die sich ausschließlich der Planung und Ausführung seines eigenen Wohnhauses in Schlins in Vorarlberg widmet. In Zusammenarbeit mit dem Architekten Roger Boltshauser ist ein Gebäude entstanden, das in seiner handwerklich-formalen Güte mit dem Werk von Peter Zumthor, von Heinz Bienefeld oder auch dem frühen Werk von Christoph Mäckler verglichen werden kann. Zuallererst basiert die Baukunst des Hauses Rauch auf einer tiefgreifenden und elementaren Kenntnis der Baukonstruktion. Entgegen der heute gängigen Praxis, einem „spektakulären“ Entwurf mit Müh und Not und hohem finanziellen Aufwand ein konstruktives Gerüst zu verpassen, entstand das Haus Rauch aus der Kenntnis von Ort und Tradition.
Das Haus Rauch ist ökologisch und nachhaltig im ursprünglichen Sinn. Durch den primären Einsatz von Lehm (gestampft, gebrannt oder geputzt) konnten 85 Prozent der verwendeten Baustoffe aus dem Baugrund selbst gewonnen werden. Der ökologische Vorteil bedarf somit keiner weiteren Erklärungen. Der Aushub von Fundament und Keller schafft zugleich das Baustoffdepot. Der komplette Verzicht auf Folien, Schäume und Kunststoffe (mit Ausnahme der Perimeterdämmung an erdberührten Bauteilen) setzt eine gründliche Kenntnis traditioneller Baukonstruktionsprinzipien voraus.
Die herausragende Qualität dieser Publikation ist aber nicht allein die perfekte Dokumentation und Erläuterung des Bauprozesses, wodurch das Werden des Baues lebhaft und nachvollziehbar wird. Schon das Format, die Haptik und Ästhetik des Buches überzeugen auf Anhieb. Sei es das mit den Geländeschnitten geprägte Cover aus Graupappe, der blütenweiße Leinenrücken, der sich einseitig Deutsch und umgekehrt in Englisch liest, oder das dezente Layout. Wissenschaftlich fundiert sind die Texte von Otto Kapfinger, Axel Simon, Thomas Kamm und Martin Rauch selbst. Auch Marta Rauch-Debevec, die mit Sohn Sebastian Rauch die Fliesen fertigte, hat wesentliche Teile zu Haus und Buch beigetragen.
Besonders zu erwähnen sind die feinen und akademisch mustergültigen Pläne von Roger Bolthauser. Durch seine Grundrisse, Schnitte und Isometrien gewinnt das Haus noch zusätzlich an Klarheit und konstruktiver Logik. Abgerundet wird alles durch atmosphärisch aufgeladene Farbfotos des fertiggestellten Bauwerks und durch kleinformatige Bauprozessfotos in schwarz-weiß. „Haus Rauch“ sei jedem empfohlen, der den Unterschied zwischen „gut gedacht“ und „gut gemacht“ noch zu schätzen weiß.
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