Josef Frank – Spaces
The single-family houses of a legendary European modernist
Text: Brosowsky, Bettina Maria, Braunschweig
Josef Frank – Spaces
The single-family houses of a legendary European modernist
Text: Brosowsky, Bettina Maria, Braunschweig
Zum Abschluss der großem Josef Frank-Ausstellung im Wiener Museum für angewandte Kunst (Bauwelt 14.2016) erschien der kleine Band, der sich nun Franks privaten Wohnhäusern widmet: gebaut, Entwurf geblieben oder in späteren Lebensjahren als freie Architekturphantasien angelegt. Die beiden Autoren beschäftigen sich seit Geraumem mit dem Werk von Josef Frank (1885–1967), haben auch einen Beitrag zum Ausstellungskatalog verfasst, den Extrakt ihres Buches. Bereits 2005 publizierten sie über Franks geistiges Prinzip des Akzidentismus. In seinem 1958 veröffentlichten Aufsatz, illustriert mit einem Phantasiehaus, kritisierte Frank einen ideologischen Funktionalismus, der strenge, eindeutige, gar puritanische Kunstgesetze erfand. Und setzte seine Haltung dagegen: die freie, Zufälliges ermöglichende Disposition der Stadt, des Hauses und seiner Räume und des Interieurs – der individualisierte offene Charakter anstatt eines unveränderlich festgezurrten Gesamtkunstwerks.
In einem Essay kontextualisieren die Autoren Franks architektonisches Schaffen, so als dynamisierte, weniger formale Weiterführung des Raumplans von Adolf Loos oder auch als beeinflusst durch additive, unregelmäßige Bauformen englischer Wohnhäuser, die Hermann Muthesius ab 1904 publizierte. Als Parallele zu Franks Gestaltfindungsprozessen zitieren sie Roland Barthes Einschätzung guter Fotografie: Sie basiert auf der konzentrierten Hingabe an eine Sache, ohne besondere Heftigkeit – Barthes nennt es studium – und weist ein zweites Element auf, das die Situation fein bricht, das Gleichgewicht irritiert: das punctum. In Franks Fall seien es immer wieder individuelle Details – Treppen, Handläufe, einzelne Möbelstücke, der Kaminplatz –, die sich als Akzente in luxuriös entspannter, räumlicher Eleganz entfalten könnten. Das Äußere seiner Häuser hingegen zeichne eine bescheidene, mitunter fast anonyme Qualität aus. Maßstab und räumliche Spezifika werden im Weiteren anhand sechs ausgewählter Häuser Franks analysiert, die unterschiedliche Größen, Konkretisierungsgrade und Standorte (Österreich, USA, Schweden) repräsentieren. Einige werden auch in digitalen Drahtmodellen oder Renderings dargestellt, Franks heiter differenzierte Architekturen so leider zu schematisch groben Aussagen transformiert. Wie insgesamt die Qualität des Bildmaterials zu wünschen übrig lässt: Dem kleinen Buchformat geschuldet, sind originale Grundrisse und Pläne teils so winzig wiedergegeben, dass sie kaum zu lesen sind, in einem chronologischen Register schrumpfen sie gar zu sprichwörtlicher Briefmarkengröße. Gut, wenn für ordentliche Abbildungen der aktuelle Ausstellungskatalog (oder auch zu ältere) bereitliegen. In akademischer Manier werden diese Grund- und Aufrisse noch mit Proportionsrastern überzogen, als wenn sich so die Qualität ihrer freien Komposition ergründen ließe. Frank selber hatte gelegentlich derartiges Liniengeflecht auf seinen Zeichnungen angebracht – um humorvoll Le Corbusiers Proportionsdogmen zu kritisieren. Auch zerstören farblich plakative Unterlegungen, etwa der Garten- und Außenräume, die fein abgestuften, eben nicht eindeutigen Zonierungen der Frank‘schen Raumkontinuen, die er in seinen sparsamen Plänen mit Materialtexturen andeutete. Man findet aber eine Menge Informatives im Buch, etwa auch zu Franks Vorliebe für übergroße Sofas, die eher zum Liegen denn zum Sitzen gedacht waren.
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