Österreichische Architektur der fünfziger Jahre
Fotografiert von Stefan Oláh
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Österreichische Architektur der fünfziger Jahre
Fotografiert von Stefan Oláh
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Von ganz anderem Charakter als der nebenstehend besprochene Fotoband zu deutscher Fünfziger-Jahre-Architektur ist der vom Fotografen Stefan Oláh zur österreichischen Architektur jener Epoche erarbeitete.
Schon der Umschlag spricht Bände: Wo Engels ein dramatisch in Untersicht aufschießendes Treppenauge bringt, zeigt Oláh einen nüchtern wirkenden Raum, in dem verschiedene, offenbar Kontrollfunktionen dienende Apparaturen weit verteilt bzw. in die Wände integriert sind: Statt Effekthascherei erwartet den Leser hier ein distanzierterer, eher dokumentarischer Blick auf die Bausubstanz, mit dem der 1971 geborene Fotograf dem Wesen des jeweiligen Projekts aber genau nachspürt. Empathie und Emotion kommen nicht zu kurz.
Oláhs Annäherungen an insgesamt 16 Architekturen in Wien, Linz, Graz, St.Pölten, Salzburg, Erl und Imst sind der Langsamkeit verpflichtet. Oláh arbeitet mit einer analogen Großbildkamera, der Linhof Technika, und ohne jede weitere Zutat als dem Stativ, dem schwarzen Tuch und dem Film, den er bei einer Innenaufnahme auch schon mal 22 Minuten belichtet, um ohne Kunstlicht auszukommen. Oláh will, darüber gibt er in einem Interview Auskunft, das den Fotos vorangestellt ist, mit seinen Bildern „Geschichten erzählen. Geschichten über die Zeit, Geschichten über die Gebäude, letztendlich auch Geschichten über uns alle, wie wir das Erbe der Fünfzigerjahre respektieren oder auch nicht.“ Denn dieses Erbe ist (nicht nur) in Österreich bedroht; aufgrund mangelnder Pflege und größeren Verwertungsbegehrens, mitunter aber gerade auch durch notwendige und sorgsam geplante Renovierungsprojekte – so waren es nicht zuletzt die Erneuerung des Parlaments und des 20er Hauses in Wien, die den Fotografen zu seinem geduldigen Festhalten der dem Verschwinden geweihten Originalsubstanz führte. „Gerade in Fällen, wo die Bauwerke bis zur Unkenntlichkeit umgebaut oder gar abgerissen werden, ist eine Dokumentation immens wichtig. Je sachlicher, desto besser. Das wird die einzige Erinnerungsmöglichkeit sein.“ Der Wiener Südbahnhof von Heinrich Hrdlicka, der den Reigen in diesem Buch eröffnet, ist bereits passé.
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