Rave Architekten 1960–2010
Text: Rumpf, Peter, Berlin
Rave Architekten 1960–2010
Text: Rumpf, Peter, Berlin
Es gibt Architekten/Architekturbüros, die eine beeindruckende Anzahl qualitätvoller Projekte und Bau-ten vorzuweisen haben, aber über ihren Wirkungskreis hinaus verhältnismäßig unbekannt bleiben. Jan und Rolf Rave könnte man dazu zählen.
Seit die Brüder Anfang der sechziger Jahre in Berlin ihre Bürogemeinschaft gründeten, kann diese heute auf nicht weniger als 250 Arbeiten stolz sein, darunter viele gewonnene Wettbewerbe. Wenn sie überregional oder gar international eher als Geheimtipp galten und gelten, mag das auch daran liegen, dass ihnen die Selbstvermarktung, das Trommeln und durch Spektakuläres um Aufmerksamkeit Buhlen so gar nicht liegen.
Um so verdienstvoller nun der ansprechende Œvre-Band, der dem Bauhistoriker und Berlin-Kenner Wolfgang Schäche zu verdanken ist. Mit dem schlichten Untertitel „1960–2010“ gibt er sich gleich die Gliederung vor. Nach „Biografisches“ arbeitet der Autor in Zehn-Jahres-Schritten das umfangreiche Schaffen des Büros ab. Die Dekaden werden jeweils von einer ausführlichen Übersicht eingeleitet, in der auch die äußeren Umstände in ihrem Niederschlag auf das Planen und Bauen analysiert werden, wie Mauerbau, Boom-Zeit, Wiederentdeckung des Bestandes inklusive IBA, Wende mit Ausweitung nach Dresden, Frankfurt/Oder, Weimar und natürlich Ostberlin und Baukrise nach 2000.
Gleich ihr erster Wettbewerb brachte den Brüdern 1962 den Bürostart und das heute noch signifikante Krematorium Ruhleben in Berlin-Charlottenburg. Es folgten das auch den Umschlag zierende Jugendfreizeitheim Borsigwalde und – als umfangreichster 1. Preis – die Bundesversicherungsanstalt BfA am Fehrbelliner Platz. In den siebziger Jahren kam in großem Umfang der innerstädtische Wohnungsbau hinzu: Als Spezialisten für Eckgrundstücke gelten die Raves durchaus als Vorreiter der Stadtreparatur.
Wer nach einem unverwechselbaren Stil sucht, wird nicht fündig – von einer Vorliebe für den 45-Grad-Winkel mal abgesehen. „Jede Bauaufgabe wird allein aus dem baulichen Kontext und der Funktion entwickelt.“ Wobei Jan Rave als Absolvent der TU Berlin eher dem „analytisch-systematischen Arbeitsansatz“ folgt, während der jüngere Bruder Rolf als Absolvent der HfbK für „die Verräumlichung der Idee“ zuständig war, wie Wolfgang Schäche es ausdrückt. Sie selbst nennen ihre Vorgehensweise Kontinuität der Wandels, was sich bei der Durchsicht aller Planungen und Realisierungen auch erschließt. Den fünf Einleitungen von Schäche folgen jeweils die Einzeldarstellungen mit Texten meist von RR. Viele der vorwiegend Schwarz-Weiß-Fotos stammen ebenfalls von ihm. Jan Rave starb 2004, nachdem er sich zwei Jahre zuvor aus dem Büro zurückgezogen hatte. Seinen Stuhl in der Knesebeckstraße 13 nahm Rolfs Ehefrau Roosje ein. Heute arbeiten sie in der Pariser Straße.
Eine Buchrezension wäre unvollständig ohne eine kritische Anmerkung. So bleiben bei der Ausführlichkeit der beschreibenden und analysierenden Texte manch Redundanz und Wiederholung nicht aus. Was jedoch durch die Professionalität des Autors mehr als wettgemacht wird. Abschließend gebührt ein großes Lob dem Verlag für Sorgfalt und Qualität der Herstellung.
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