Schwermut und Abenteuer des Hausbaus
Ein besseres Geschenk für Architekten und Denkmalpfleger hält der Büchermarkt in diesem Herbst nicht bereit.
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Schwermut und Abenteuer des Hausbaus
Ein besseres Geschenk für Architekten und Denkmalpfleger hält der Büchermarkt in diesem Herbst nicht bereit.
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Bauwelt-Lesern ist Gottfried Müller wohlbekannt; auf der Letzten Seite erschienen über die Jahre immer wieder seine phantasievollen Hausgeschichten – zuletzt in Heft 37. Im Birkhäuser Verlag erzählt Müller nun 36 Geschichten über jene „rätselhafte Wechselwirkungen“ zwischen dem Menschen und seinen Bauwerken, „von denen weder die Architekten noch die Psychologen allzu viel verstehen“, wie er im Nachwort schreibt, eben über: „Schwermut und Abenteuer des Hausbaus“. Wobei die Schwermut jederzeit nicht nur die Erbauer treffen kann, sondern auch diejenigen, die den Häusern in Müllers Geschichten fürderhin begegnen, und gelegentlich sogar ein Bauwerk selbst infiziert: „Anfangs vermutete Bensin ein ,Abrutschen durch Erosion’. Später, als er den Turm für ein ,lebendes Wesen’ hielt, spürte Bensin dessen Selbstmordabsichten“, schreibt Müller in (Buch-)Abteilung II, in der er „fünf aussichtslose Türme“ vorstellt, darunter eben auch den Spitzen Hut Myeunen, die heilige finnische Ur-Sauna, die seit der Sintflut siebzig Meter auf einen See zugerutscht ist. So freudvoll und entdeckungsreich die Lektüre seiner Porträts und Forschungen aber auch ist – auch der Leser ist vor den Heimsuchungen der Melancho-lie nicht sicher. Müllers Hausporträts stellen immer auch unseren Umgang mit der (gebauten) Welt in Frage: Wenn er eine alte Mühle von einem Autobahnbrückenpfeiler bedrängt zeigt, eine mittelalterliche Burg in einem Mischgebiet am Stadtrand versenkt oder eine modische Restaurant-Architektur verkehrt herum auf ihrem Panoramablick-Bauplatz platziert. Ein besseres Geschenk für Architekten und Denkmalpfleger hält der Büchermarkt in diesem Herbst nicht bereit.
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