Bauwelt

Urban Interventions

Personal Projects in Public Spaces

Text: Dransfeld, Agnes, Wien

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Urban Interventions

Personal Projects in Public Spaces

Text: Dransfeld, Agnes, Wien

Unsere modernen Großstädte befinden sich in einer kulturellen Krise. So sieht das jedenfalls Alain Bieber in seinem einleitenden Essay. Städte seien zu Konsumprodukten geworden, schreibt er, und wer sich in unseren Städten umsieht, muss ihm Recht geben.
Immer mehr öffentlicher Raum wird privatisiert, Fassaden öffentlicher Gebäude als Werbeflächen veräußert. Aus dieser Krise heraus erklärt Bieber die auffallende Zunahme illegaler künstlerischer Interventionen im öffentlichen Raum. Street-Art-Künstler wollen die Stadt zurückerobern. Sie bietet all jenen Möglichkeiten, die keinen Raum finden in der vom Markt dominierten Kunstszene. Und sie erreicht Menschen, die sonst nie einen Fuß in eine Galerie oder ein Museum setzen würden.
Bieber sieht die Street Artists in ihrer experimentellen Verspieltheit in der Tradition der Situationisten. Die Straße ist ihre Leinwand. Jeder Pflasterstein, jede Bushaltestelle, jede Straßenlaterne kann zum nächsten Kunstwerk werden. Street Art – das sind Installationen, Flash Mobs, Skulpturen und Hit-and-Run-Aktionen. Die Reaktionen der Betrachter werden zu einem Teil des Kunstwerks.
500 Arbeiten von 154 Künstlern und Teams sind in dem Band versammelt. Es gibt beauftragte Werke, illegale, anonyme und signierte und solche, die Kunst von der Straße in die Galerie bringen wollen oder anders herum. Für Text bleibt auf den knapp 300 Seiten kaum Platz. Nur ab und zu möchte man gern mehr wissen – zum Beispiel, wie Cayetano Ferrer sein am Hauseingang abgestelltes Packet so tarnt, dass es fast durchsichtig ist. Oder aus welchem Material Simone Deckers gigantische Kaugummis sind, die die Straßen Venedigs verkleben. Obwohl die Straßenkunstwerke vergänglich und ungeschützt sind, verwenden die Künstler darauf ihre ganze Kunstfertigkeit und ihr handwerkliches Können. Sie arbeiten nicht nur mit Pappe, Farbe und Klebeband, sondern auch mit Metall, Glas und modernen Technologien wie Laser Tag, mit dem sich temporäre Nachrichten auf Gebäude projizieren lassen. Im Verborgenen wird geschweißt, geflext und programmiert. Und dann muss alles ganz schnell gehen. Meist erscheinen die Interventionen über Nacht. Das öffentliche Eigentum wird dabei nicht zerstört, sondern verändert, verschönert und verbessert. Andy Uprock beispielsweise schreibt Botschaften, indem er Plastik- oder Pappbecher in Maschendrahtzäune steckt. Moose Curtis, der Erfinder der „Reverse-Graffiti“-Technik, reinigt schmutzige Oberflächen so, dass Bilder entstehen. Damit umgeht er das Problem der Illegalität – putzen wird ja wohl noch erlaubt sein, oder?
Das Buch ist eine Quelle der Inspiration und des Trostes für alle Stadtbewohner, die der kommerziellen Langweilige überdrüssig sind. Viele Kunstwerke lassen einen schmunzeln, manche machen betroffen, andere irritieren und bei jedem Bild denkt man sich, „das hätte ich gern in echt gesehen“. Nach der Lektüre geht man mit offeneren Augen durch die Straßen, immer auf der Suche nach Kunst.
Fakten

Verlag Gestalten Verlag, Berlin 2011
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aus Bauwelt 25.2011
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