Wood Works
Ökorationale Baukunst
Text: Weckherlin, Gernot, Berlin
Wood Works
Ökorationale Baukunst
Text: Weckherlin, Gernot, Berlin
Selten gibt es auf dem bunten Markt der Architektenmonografien so unaufgeregte und doch anregende Bücher wie dieses von Otto Kapfinger herausgegebene über einen der österreichischen „Holzbau-Pioniere“, Hermann Kaufmann.
Schon die grafische Gestaltung, die in fünf Themengruppen insgesamt 25 neuere Bauten der letzten zehn Jahre des Büros Kaufmann dokumentiert, ist bemerkenswert. Das Buch wurde 2008 in der Kategorie Sachbücher und wissenschaftliche Bücher zu einem der besten Österreichs gekürt. Es zeigt mit farbig reduzierten Abbildungen, auf mattem, im Werbetext des Verlags etwas übertrieben zum „Bedruckstoff“ geadeltem Papier eine Dokumentation von Holzbauten von solch beneidenswert hoher ästhetischer, technologischer und ökologischer Qualität, dass es dem Leser jenseits des Bregenzerwaldes wieder bewusst wird, welche enormen qualitativen regionalen Unterschiede es vor allem bei Alltagsbauten gibt.
Warum diese Unterschiede bestehen, darüber kann man hier einiges lernen. Es ist nicht irgendein alpiner Genius, der vorzugsweise Vorarlberger Architekten heimsucht. Oder allein deren ausgeprägte, im Falle Kaufmanns auch unmittelbar persönliche Verbindung zur regionalen Holzbautradition, fortgeführt in technologisch international führenden Betrieben. Vielmehr spiegeln gerade die auf den ersten Blick unspektakulären Projekte, wie die mehrgeschossige, im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus errichtete Wohnanlage Neudorfstraße in Wolfurt (2001) oder die viergeschossige Wohnanlage Mühlweg in Wien, (2006), sehr gut wider, wie viel zähe Beharrlichkeit und pragmatische Überzeugungsarbeit von Seiten der Architekten, aber auch der Bauherren erforderlich war, um etwa die Brandschutzvorschriften zu aktualisieren.
Die lesenswerte Einführung in den diese Bauten dokumentierenden Buchabschnitt „Wohnen“ von Otto Kapfinger erzählt die Vorgeschichte, wie die erste mehrgeschossige Wohnanlage nach dem Passivhausstandard in Dornbirn-Ölzbündt 1997 entstand. Sie wurde als private, nicht öffentlich geförderte Wohnanlage nur durch übereinstimmende Interessen der größten Holzbaufirma der Region, die einen Musterbau errichten wollte, mit den Vorstellungen des Bauherrn von einem qualitätvollen Bau und der Beteiligung des Vorarlberger „Energiepapstes“ Helmut Krapmeier überhaupt erst möglich. Ohne diese Akteure wären alle guten Absichten und Ideen der Architekten Papier geblieben. So bietet dieses Buch nicht nur eine holzbautechnisch umfassende Übersicht mit informativem Planmaterial über die inzwischen durch zahllose nationale wie internationale Auszeichnungen bekannt gewordenen Projekte – darunter das ökologische Modellbauvorhaben des Gemeindezentrums Ludesch (2005), in dem nicht nur der Passivhausstandard (in Vorarlberg inzwischen Mindeststandard bei neuen Wohnbauten) im Rahmen eines Verwaltungsbaus erreicht werden konnten, sondern auch die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus der Baumaterialien. Hervorragende Architekturfotos von Bruno Klomfar illustrieren natürlich besonders die landestypischen kleinen Paradebauten – spektakuläre Berghütten wie die ebenfalls mehrfach mit Architekturpreisen ausgezeichnete Olperer Hütte oder die Elma Alp – und zahlreiche private Wohnbauten. Sie sind in dem Buch ergänzt durch Bildessays des Fotografen Nikolaus Walter, die in Ausschnitten das Alltagsleben in den Kaufmann’schen Bauten zeigen. In dieser Gesamtdarstellung wird deutlich, warum Vorarlberg zu einem Eldorado anspruchsvoller und nachhaltiger (Holz-)Architektur geworden ist.
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