Stehende Vorhänge
Research Nr. 08
Text: Haberle, Heiko, Berlin
Stehende Vorhänge
Research Nr. 08
Text: Haberle, Heiko, Berlin
Bei der Ausstellung von Thomas Demand sorgten auch Caruso St John Architects mit ihren textilen Wänden für Aufsehen, denn die von Kvadrat eigens gefärbten fünf Kilometer Stoff schienen weder zu hängen noch zu stehen. Mies van der Rohe geschuldet, entsprach sogar die Statik diesem Bild.
Thomas Demand suchte für seine Ausstellung in der Berliner Neuen Nationalgalerie (Heft 38.09) nach einem textilen Hintergrundfür seine Fotografien von Schauplätzen deutscher Geschichte, die er aus Papier nachgebaut hatte. Dabei sollte der Stoff als eigen- ständiges Material und nicht als Innendekoration verstanden werden. Der Entwurf von Caruso St John Architects kam diesem Wunsch entgegen, weil er Wände vorsah, die scheinbar nur aus Stoff bestehen, statt bloß behängt zu sein. Entscheidend für diesen Eindruck war auch der ausgewählte hundertprozentige Wollstoff mit ausgeprägter Melierung. An Musteraufbauten im Studio des Künstlers und am Ausstellungsort wurden Faltenwurf, Struktur und Beleuchtung überprüft und die Farben Braun, Grau und Gelb aus-
gewählt. Das Braun aus dem Produktprogramm erschien angemessen, weil es „organisch, aber nicht ökologisch“ wirkte. Auch ein dunkler Standard-Grauton fand Verwendung, wirkte aber an innen liegenden Wänden zu schwer, so dass Kvadrat hierfür Stoffbahnen in hellerem Grau färbte. Das neutrale Gelb – die Referenz war ein Post-it – war gänzlich ein Sonderfarbton. Gewebt wurden die Stoffbahnen in einer auf Wolle spezialisierten Weberei in Mittelengland in Abschnitten von jeweils 200 Metern, die schließlich in einem weiteren Betrieb gefärbt wurden.
Das Motiv schwebender „Wände“ aus Wolle war weniger Kulisse, als man vermuten könnte: Feste Verbindungen zum Boden oder zur Decke der Neuen Nationalgalerie fehlten tatsächlich, obwohl es durchaus ein Holzständerwerk als Unterkonstruktion für die 4,50 und 6,50 Meter hohen Wände gab. Um den Boden zu schonen, konnte die Konstruktion dort nicht verankert werden. Ein einfaches Abhängen von der Decke war aber ebenso wenig möglich, weil sich das Stahldach je nach Außentemperatur um mehrere Zentimeter hebt und senkt. Da Mies bereits Gewindebohrungen und Ösen an den Kreuzungspunkten seines Trägerrosts eingeplant hatte, entschieden sich die Architekten für Abspannungen mit Stahlfedern am unteren Ende. Mit nur zwei hinter dem Stoff verborgenen Federn pro Wand gelang das Abfangen der Schwingungen. Die Aufhängungen wurden dann so vorgespannt, dass die gesamte Konstruktion beinahe abhob, was aber durch aufgelegte Betonschwellen verhindert wurde. Bodenkontakt behielt das Ständerwerk nur durch Reibung, die rutschfeste Gummimatten an seiner Unterseite erzeugten. Die Konstruktion stand also permanent unter Spannung und blieb quasi balancierend in Position.
gewählt. Das Braun aus dem Produktprogramm erschien angemessen, weil es „organisch, aber nicht ökologisch“ wirkte. Auch ein dunkler Standard-Grauton fand Verwendung, wirkte aber an innen liegenden Wänden zu schwer, so dass Kvadrat hierfür Stoffbahnen in hellerem Grau färbte. Das neutrale Gelb – die Referenz war ein Post-it – war gänzlich ein Sonderfarbton. Gewebt wurden die Stoffbahnen in einer auf Wolle spezialisierten Weberei in Mittelengland in Abschnitten von jeweils 200 Metern, die schließlich in einem weiteren Betrieb gefärbt wurden.
Das Motiv schwebender „Wände“ aus Wolle war weniger Kulisse, als man vermuten könnte: Feste Verbindungen zum Boden oder zur Decke der Neuen Nationalgalerie fehlten tatsächlich, obwohl es durchaus ein Holzständerwerk als Unterkonstruktion für die 4,50 und 6,50 Meter hohen Wände gab. Um den Boden zu schonen, konnte die Konstruktion dort nicht verankert werden. Ein einfaches Abhängen von der Decke war aber ebenso wenig möglich, weil sich das Stahldach je nach Außentemperatur um mehrere Zentimeter hebt und senkt. Da Mies bereits Gewindebohrungen und Ösen an den Kreuzungspunkten seines Trägerrosts eingeplant hatte, entschieden sich die Architekten für Abspannungen mit Stahlfedern am unteren Ende. Mit nur zwei hinter dem Stoff verborgenen Federn pro Wand gelang das Abfangen der Schwingungen. Die Aufhängungen wurden dann so vorgespannt, dass die gesamte Konstruktion beinahe abhob, was aber durch aufgelegte Betonschwellen verhindert wurde. Bodenkontakt behielt das Ständerwerk nur durch Reibung, die rutschfeste Gummimatten an seiner Unterseite erzeugten. Die Konstruktion stand also permanent unter Spannung und blieb quasi balancierend in Position.
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