Ideale Projektionsfläche
Richard Neutras europäisches Spätwerk in Herford
Text: Kuhlmann, Elmar, Minden
Ideale Projektionsfläche
Richard Neutras europäisches Spätwerk in Herford
Text: Kuhlmann, Elmar, Minden
„Dass ich nicht lache!“, widersprach der Journalist und Zeitzeuge Hellmut Butterweck im Jahr 2008 völlig zu Recht dem in einer Baubroschüre der Gemeinde Wien vorgebrachten Wehklagen, „die heimische Architektur hätte Persönlichkeiten wie Richard Neutra gebraucht, aber diese waren nicht aus der Emigration zurückgekommen“. Mit der Ausstellung im MARTa Herford wird dem europäischen Spätwerk Richard Joseph Neutras (1892–1970) endlich eine angemessene wissenschaftliche Aufarbeitung zuteil. Und siehe: Während seines sehr wohl angetretenen Wien-Aufenthalts in den 60ern konnte Neutra daheim nicht ein einziges Projekt realisieren. Anstelle von Arbeit und Auftrag gab es den Ehrenring der Stadt dafür, das Ansehen Wiens gemehrt zu haben. 1969 notiert Neutras Ehefrau Dione, es sei praktisch „alles, was wir in Österreich angefangen hatten, ins Wasser gefallen“. Enttäuscht kehren die Neutras ihrer Wahlheimat nach drei Jahren den Rücken.
Doch die Ausstellung zeigt: Andere Kooperationen in Europa verliefen glücklicher. Aus ihnen erwuchsen immerhin zehn realisierte Bauvorhaben, darunter zwei Siedlungsanlagen. Während die erste Retrospektive jenseits des Atlantiks das Werk Neutras be-
reits einer baugeschichtlichen Betrachtung unterzog, erreichten ihn ab 1958 erste Auftragsanfragen aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz. In den europäischen Nachkriegsrepubliken war man auf der Suche nach einer modernen Architektur jenseits eines schematischen Funktionalismus. Dafür boten die luftigen Wohnhäuser Neutras in Kalifornien die ideale Projektionsfläche, die der gesamtheitlich denkende Baumeister mit seiner eigentümlichen Theorie des Biorealismus zu unterlegen wusste.
In Herford werden Originaldokumente der zehn europäischen Neutra-Jahre erstmals einer breiten
Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Pläne, Zeichnungen, Modelle, historische Fotografien und Filmaufnahmen finden, gesäumt von aktuellen Gebäudefotos von Ivan Baan, ihren Platz entlang eines lamellen-bedachten, pavillonartigen Parcours. Nebenan werden weitere sieben, unverwirklicht gebliebene Entwürfe auf Tischen einer nachempfundenen Planungswerkstatt präsentiert. Die sympathische Ausstellungskonzeption steht in spannungsreichem Kontrast zu der gemorphten Museumsarchitektur in Ostwestfalen. Neutra in Gehry? Kein Problem für den künstlerischen Direktor Roland Nachtigäller, man nehme die Gebäudehülle einfach als bewegte Landschaftsumgebung der ihr sorgsam eingestellten Neutra-Architekturen. Jedenfalls, so verdeutlicht die gelungene Werkschau, blieb die Dialektik von Innen- und Außenraum bis zuletzt das zentrale Thema des Richard Neutra.
Doch die Ausstellung zeigt: Andere Kooperationen in Europa verliefen glücklicher. Aus ihnen erwuchsen immerhin zehn realisierte Bauvorhaben, darunter zwei Siedlungsanlagen. Während die erste Retrospektive jenseits des Atlantiks das Werk Neutras be-
reits einer baugeschichtlichen Betrachtung unterzog, erreichten ihn ab 1958 erste Auftragsanfragen aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz. In den europäischen Nachkriegsrepubliken war man auf der Suche nach einer modernen Architektur jenseits eines schematischen Funktionalismus. Dafür boten die luftigen Wohnhäuser Neutras in Kalifornien die ideale Projektionsfläche, die der gesamtheitlich denkende Baumeister mit seiner eigentümlichen Theorie des Biorealismus zu unterlegen wusste.
In Herford werden Originaldokumente der zehn europäischen Neutra-Jahre erstmals einer breiten
Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Pläne, Zeichnungen, Modelle, historische Fotografien und Filmaufnahmen finden, gesäumt von aktuellen Gebäudefotos von Ivan Baan, ihren Platz entlang eines lamellen-bedachten, pavillonartigen Parcours. Nebenan werden weitere sieben, unverwirklicht gebliebene Entwürfe auf Tischen einer nachempfundenen Planungswerkstatt präsentiert. Die sympathische Ausstellungskonzeption steht in spannungsreichem Kontrast zu der gemorphten Museumsarchitektur in Ostwestfalen. Neutra in Gehry? Kein Problem für den künstlerischen Direktor Roland Nachtigäller, man nehme die Gebäudehülle einfach als bewegte Landschaftsumgebung der ihr sorgsam eingestellten Neutra-Architekturen. Jedenfalls, so verdeutlicht die gelungene Werkschau, blieb die Dialektik von Innen- und Außenraum bis zuletzt das zentrale Thema des Richard Neutra.
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