Bauwelt

Kapitel 11: Weiß und leer

Fotografien von Walter Niedermayr und Sebastian Mayer

Text: Gutiérrez, Vicente, Tokyo

Kapitel 11: Weiß und leer

Fotografien von Walter Niedermayr und Sebastian Mayer

Text: Gutiérrez, Vicente, Tokyo

SANAAs Bauten wirken oft zweideutig. Sie machen Unspektakuläres, Leichtes, Lichtes und – in Bezug auf die Umgebung – Ambivalentes sichtbar. Die Fotografie ist gerade in solchen Fällen gefordert, neben der Bestandsaufnahme dessen, was „da ist“, eine Interpretation der räumlichen Topologie abzuliefern. Walter Niedermayr und Sebastian Mayer sind beide eigentlich keine Architekturfotografen. Um eine Dokumentation der Bauten von SANAA geht es ihnen nicht. Sie nehmen den Raum als Ganzes in den Blick: als eine Art Landschaft und als Summe von Interaktionen, die mit der Landschaft möglich sind. Eine Beobachtung drängt sich auf. Weil die Bauten von Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa reduziert sind bis zum Äußersten, eignen sie sich als Leinwand für die fotografische Er­kun­dung und deren Ästhetik.

Walter Niedermayr kam 1980, bei einem Japanbesuch für eine eigene Ausstellung, in Kontakt mit Sejima und Nishizawa. Für Niedermayr ist der „natürliche Blick“, wenn man überhaupt von ihm sprechen mag, in ständigem Widerspruch mit einer fragmentierten Realität, die er durch geringfügig verschobene Blickwinkelsichtbar macht. Von einem erhöhten Standpunkt aufgenommen, leuchtet sein Diptychon des Naoshima Ferry Terminal die weitläufige Fläche des Daches aus. Nur eine einzige Horizontale scheint in der Lage, die Teile zu verbinden. Bei anderer Gelegenheit fokussiert Niedermayr die Ambivalenz von etwas und nichts, von ephemer und solide. Die nahtlosen Öffnungen in den dünnen Wänden des Moriyama House (Seite 32–33) eliminieren jede Tiefe und Textur in eine Leere aus Weiß. Einzig ein „unsichtbares Fenster“ rettet den Eindruck von Tiefe.

Sebastian Mayer kam 2006, während ei­nes Besuchs am Goethe-Institut in Tokyo, in Kontakt mit den japanischen Architekten. Kurzdarauf porträtierte er Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa im Auftrag einer spanischen Architek­turzeitschrift. Mayer interessiert sich auch bei den Porträts dafür, die Umgebung und die möglichen Interaktionen zum Raum einzubeziehen. Was aber, wenn der Raum leer ist? Muss sich der Fotograf mit der Leere abfinden? Bei seinen Architekturfotos machte Mayer diese Nichtexistenz auf eigene Weise deutlich. „Als ich das Day Care Centre in Yokohama fotografierte, hatte ich Mühe, das Gebäude als Einheit abzubilden. Es sah weder aus wie ein Gebäude, noch fühlte es sich so an. Meine Bilder beschäftigen sich folglich nur mit der Wirkung, mit der Auswirkung eines Gebäudekorpus und mit der Reflexion, also: mit dem Widerspiel mit seiner Umgebung.“

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