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Markus Schietsch und der Elefantenpark

Debüt Nr. 18

Text: Meyer, Friederike, Berlin

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Visualilsierung: Architekten

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Visualilsierung: Architekten


Markus Schietsch und der Elefantenpark

Debüt Nr. 18

Text: Meyer, Friederike, Berlin

Der Zürcher Zoo braucht mehr Platz für seine Größten. Die Architekten planten eine gewagte Dachschalenkonstruktion aus Holz und gewannen damit den offenen Wettbewerb. Jetzt bauen sie.
Das Pinguin-Gehege im Londoner Zoo aus den 30er Jahren ist zu einem Symbol der britischen Moderne geworden. Doch die Tiere haben die virtuos geschwungene Betonrampe von Berthold Lubetkin nie sonderlich gemocht, und so steht es heute zwar unter Denkmalschutz aber dennoch leer. Den acht Elefanten des Zoos in Zürich wird es aller Voraussicht nach anders ergehen. Markus Schietsch Architekten planen derzeit ein Gehege, in dem sie die Tiere nicht ausstellen wollen, sondern ihren natürlichen Lebensraum so gut wie möglich nachzuempfinden versuchen. Zudem ist es mit 6500 Quadratmeter Fläche sechs mal größer als das alte Haus und soll sogar ein Schwimmbecken bieten, an dem die Besucher den Tieren sehr nahe kommen. Die Architekten sind in der glücklichen Lage, mit dem Zoo Zürich einen Bauherren zu ha­ben, der offenbar solvent genug und auch Willens ist, sich auf ein Experiment einzulassen. Und das in doppelter Hinsicht. Erstens hat der Zoo ein junges Büro mit der Elefantenpark-Planung beauftragt, das noch nie ein derart großes Projekt bearbeitet hat. Und zweitens ist die Holzschalendachkonstruktion, die die Architekten mit ihrem siegreichen Wettbewerbsentwurf vorgeschlagen haben, so noch nie vorher gebaut worden. Viele Tests in Materialversuchsanstalten sowie Druck-, Zug- und Biegeversuche sind der Konstruktion, die ab diesem Sommer entsteht, vorausgegangen. Ob die Experimente gelingen, werden wir 2014 erfahren. Dann soll der Elefantenpark im Zoo Zürich eröffnet werden.

Wie haben Sie es geschafft, als junges Büro einen so großen Auftrag zu bekommen?

Markus Schietsch | Der Wettbewerb für das Elefantenhaus war interna­tional offen ausgeschrieben. In der ersten Stufe reichten 65 Architekten Entwürfe ein. Drei Teams wurden für die Überarbeitung ausgewählt. Wir haben gewonnen.

Bei Zoobauten wird eigentlich immer jemand mit Erfahrung beauftragt.


MS |
Die konnten wir nicht unbedingt vorweisen. Aber wir haben die Jury mit unserem Konzept überzeugt, und schließlich auch den Zoo. Die Voraussetzungen in der Schweiz sind aber auch andere als in Deutsch­land. Es nehmen auch bei offenen Wettbewerben weniger Büros teil, und die Schweizer haben weniger Angst davor, mit jungen Architekten zu bauen, bzw. trauen ihnen mehr zu.

Worauf kam es dem Zoo Zürich an?

MS | Ein Zoo baut ja nicht nur für die Tiere, sondern vor allem für die Besucher. In der Ausschreibung wurde der Wunsch formuliert, ohne die üblichen technischen Konstruktionselemente auszukommen. Wir haben uns deshalb für eine naturnahe Konstruktion entschieden.

Zoobauten sind heute fast immer organisch geformt. Woran liegt das?


Philipp Heidemann |
In den letzten Jahren gab es international einen Wandel in der Zoo-Philosophie. Die Tiere sollen in einer naturnahen Umgebung gezeigt und entdeckt werden und nicht wie früher auf einer Art Podest ausgestellt werden.

In manchen Zoos erinnern diese „naturnahen Umgebungen“ eher an Abenteuerspielplätze für die Besucher.


PH |
In vielen Zoos haben wir tatsächlich eine Tendenz zur Disneyfizierung festgestellt. Da werden riesige Grotten und Tempelfragmente aufgebaut, durch die Besucher mit dem Boot fahren können während Trockennebelschwaden übers Wasser ziehen. Der Zoo Zürich versucht hingegen, die Tiere in ihrem natürlichen Habitat zu zeigen und zugleich über Umwelt- und Tierschutzprobleme zu informieren.

Wie haben Sie sich diesem Anspruch im Entwurf genähert?


PH |
Wir haben uns gefragt, wie ein so großes Gebäude eine Symbiose mit der Natur eingehen kann und nicht als Fremdkörper in der Landschaft wirkt. So entstand die Idee, die Innenlandschaft mit einer großen Freiform, einer Dachschale aus Holz zu überspannen.

MS | Dabei haben wir uns vor allem an Bildern aus der Tier- und Pflanzenwelt orientiert. Es ist uns wichtig, bei den Besuchern eine Natur-Assoziation zu erzeugen. Ob das Dach dann als Blätterdach oder Schildkrötenpanzer, als Pilz oder Muschel gelesen wird, spielt für uns keine große Rolle mehr. Wichtig ist die Verbindung von Natur- und Architekturerlebnis.

Ich verbinde Elefantenhäuser irgendwie immer mit Beton. Auch das alte Elefantenhaus im Zürcher Zoo aus den 70er Jahren ist aus Beton. Warum haben Sie sich für eine Holzkonstruktion entschieden?

PH | Um eine möglichst naturnahe Atmosphäre zu erzeugen. Zudem soll das Dach mit dem angrenzenden Wald verschmelzen.

Das Dach spannt über 80 Meter ohne eine einzige Stütze. Wie wird es konstruiert?

PH | Es werden Dreischichtholz-Platten in drei Schichten, jeweils 60° zu­einander versetzt, über ein Lehrgerüst gebogen. Jede Platte hat einen in­dividuellen Zuschnitt, ist 3 bis 4 Meter breit und zwischen 10 und 20 Meter lang. Sie biegt sich schon allein durch ihr Gewicht. Danach werden die drei Platten mit ca. 100 Nägeln pro Quadratmeter vernagelt. Auf dieser Schale verlaufen Rippen zur zusätzlichen Aussteifung. Die Öffnungen werden von Randträgern umfasst. Diese sind oben mit einer Furnierschichtholzplatte verbunden, sodass ein Hohlkastenprofil entsteht, das über die gesamte Fläche als Schale trägt. Der tragende Dachaufbau ist ins­gesamt 54 Zentimeter stark.

Wie werden die Öffnungen in die Schale kommen?

MS | Vor Ort mit Abbundkettensägen, nachdem die Platten auf der Baustelle in Form gebogen wurden.

Die Zeichnungen wirken, als hätten Sie die Öffnungen, so wie es gut aussieht, eingezeichnet.

PH | Das Öffnungsbild sowie die Tragstruktur entstanden in enger Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Walt + Galmarini AG. Es setzt sich aus vielen netzartig überlagerten Strahlen zusammen, die ein flächiges Bild erzeugen. Der Kräfteverlauf verdichtet sich zu den Rändern hin. Dort gibt es einen Betonring, der als Zugband wirkt. Die Lasten werden in den Tiefpunkten des Daches abgetragen.

Wie ist der Innenraum organisiert?

MS | Es geht darum, dass die Elefanten entdeckt werden sollen und die Trennung zwischen Tier und Besucher aufgelöst wird. Das Wasserbecken, in dem die Elefanten baden können, grenzt zum Beispiel ohne Zaun an den Besucherbereich. Der Landschaftsarchitekt Lorenz Eugster hat mit uns die Innenlandschaft entwickelt. Die Bezugspunkte zum Tier werden immer wieder verändert, mal spürt man unmittelbar die Erhabenheit des Tieres, mal blickt man von weitem auf die Landschaft. Der Zoo Zürich legt viel Wert auf diese Form der Tiererkundung. Mit der Fassade haben wir versucht, die Grenze zum Außenraum aufzulösen. Sie besteht aus aufgefächerten Holzelementen, die ihre Form zwischen Hoch- und Tiefpunkten immer wieder leicht verändern.

Wofür benutzen Sie den Rechner, wo verzichten Sie auf ihn?

MS | Für die Dachform benutzen wir ein leistungsfähiges 3D-Programm. Viele der Rechen- und Entwicklungsschritte sind gescriptet. Entworfen haben wir aber immer noch auf dem Papier.

An welchem Punkt sind Sie jetzt?

MS | Der Rohbau des Technikgeschosses und der Stallungen ist weitgehend abgeschlossen. Momentan wird das Lehrgerüst für die Dachkon­struktion gestellt. In wenigen Wochen sollen die ersten Holzplatten gebogen werden. Das wird einer der spannendsten Augenblicke, da dann die Dachform entsteht.
Fakten
Architekten Schietsch, Markus, Zürich; Heidemann, Philipp, Zürich
aus Bauwelt 29.2012
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