Deutsche Botschaft light
Die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik wird man in Zukunft häufiger in angemieteten Büroetagen von Hochhäusern finden. Architekten, Innenarchitekten und Designer waren aufgerufen, dafür ein bauliches Corporate Design zu entwerfen
Text: Schulz, Bernhard, Berlin
Deutsche Botschaft light
Die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik wird man in Zukunft häufiger in angemieteten Büroetagen von Hochhäusern finden. Architekten, Innenarchitekten und Designer waren aufgerufen, dafür ein bauliches Corporate Design zu entwerfen
Text: Schulz, Bernhard, Berlin
Der diplomatische Alltag ist auch nicht mehr das, was er mal war. Anstelle prächtiger Botschaftssitze will das Auswärtige Amt „seine Auslandsvertretungen zunehmend in Büroetagen von Hochhäusern“ unterbringen, wie es im Auslobungstext zum Wettbewerb des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung, „Bauliches Corporate Design für die Auslandsvertretungen“, prosaisch heißt. Dabei hat doch umgekehrt die Bundeshauptstadt Berlin in den Jahren nach der deutschen Einheit einen regelrechten Wettstreit architektonisch anspruchsvoller Botschaftsbauten gesehen! Sollte das nicht Ansporn sein, seinerseits im Ausland mit Architektur zu glänzen?
Nun gut, nicht für jeden der 153 Staaten, in denen die Bundesrepublik Botschaften unterhält, lassen sich vor den Haushältern des Bundestags aufwendige Bauten rechtfertigen. Und außerdem gibt es mehr als 60 Konsulate, die weniger repräsentativen Bedürfnissen genügen sollen als vielmehr praktischen Erfordernissen, zumeist des Pass- und Visaverkehrs; von 345 Honorarkonsulaten ganz zu schweigen. Gleichwohl, so die Auslobung, „soll auch bei der Unterbringung in Hochhausetagen gewährleistet sein, dass die Darstellung Deutschlands im Ausland angemessen und repräsentativ erfolgt. Um beide Ziele zu erreichen, beabsichtigt das Außwärtige Amt, ein funktionales, repräsentatives und einheitliches Corporate Design zu entwickeln, um eine schnellere Maßnahmenabwicklung, die Gewährleistung eines gleichbleibend angemessenen Qualitätsstandards und eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit zu erzielen.“
Für den nicht offenen, interdisziplinären Wettbewerb wurden zehn Teilnehmer im Rahmen
eines Bewerbungsverfahrens ausgewählt. Daraus ermittelte das Preisgericht (den Vorsitz hat-
te der Produktdesigner Jakob Gebert aus Kassel inne) vier Preisträger. Es fällt schwer, unter den Arbeiten eine eindeutige Rangfolge zu erkennen, denn die Vorgaben waren strukturiert, man könnte auch sagen: einengend genug, als dass sich große Unterschiede hätten zeigen können. Ein „einheitliches“ Corporate Design ist nun einmal, wie der Name sagt, einheitlich und muss auf Wiedererkennbarkeit innerhalb eng umgrenzter Va-riationsbreite setzen. Vor allem müssen rings um den Globus, dieselben Vorgaben erfüllt werden – nicht, dass da ein Konsulat meint, mit eigenen Ideen, etwa der Anpassung an landestypische ästhetische Gewohnheiten, glänzen zu wollen.
eines Bewerbungsverfahrens ausgewählt. Daraus ermittelte das Preisgericht (den Vorsitz hat-
te der Produktdesigner Jakob Gebert aus Kassel inne) vier Preisträger. Es fällt schwer, unter den Arbeiten eine eindeutige Rangfolge zu erkennen, denn die Vorgaben waren strukturiert, man könnte auch sagen: einengend genug, als dass sich große Unterschiede hätten zeigen können. Ein „einheitliches“ Corporate Design ist nun einmal, wie der Name sagt, einheitlich und muss auf Wiedererkennbarkeit innerhalb eng umgrenzter Va-riationsbreite setzen. Vor allem müssen rings um den Globus, dieselben Vorgaben erfüllt werden – nicht, dass da ein Konsulat meint, mit eigenen Ideen, etwa der Anpassung an landestypische ästhetische Gewohnheiten, glänzen zu wollen.
Mit dem ersten Platz wurden Dittel Architekten ausgezeichnet. Die Stuttgarter wählten die klassische Variante: Dunkle Holzverkleidungen sollen auch in gesichtslosen Hochhausetagen jenen Eindruck von Seriosität vermitteln, den der Staat im Ausland zeigen will. Wir sind ein No-Nonsense-Land, sagt dieser Entwurf, solide, verlässlich, unaufregend – wie unsere Kanzlerin. Die Rasterung der Holztäfelung erlaubt es, ebenso Schranktüren einzusetzen wie Bilder oder Poster anzubringen, alle hübsch auf Ober- oder Unterkante orientiert. Für die diversen Größen von Büroschildern und dergleichen war ebenfalls ein maßstäbliches Raster zu entwickeln.
Glas gibt es auch bei Dittel Architekten – doch bei weitem nicht so viel wie bei den Zweitplatzierten, kadawittfeldarchitektur mit Moniteurs Kommunikationsdesign. Die liefern ein helles Erscheinungsbild, aus Glas und Metall, mit Raumteilern anstelle fester Wände und mit einer Möblierung, die in ihrer Kantigkeit nicht unbedingt zu längerem Warten auf die Visaausgabe einlädt. Die Gefahr ist groß, dass ein solcher Entwurf, der im Augenblick auf der Höhe der Zeit sein mag, sich optisch nach wenigen Jahren abnutzt. Zumal, wenn der augenscheinlich nicht unbeträchtliche Aufwand für die Reinhaltung der emp-findlichen Oberflächen nachlassen sollte. Und so hell, wie die Renderings es zeigen, ist der Tag auch nicht überall und stets. Dafür haben die Entwerfer merkwürdig Sechziger-Jahre-artige Kugelleuchten im Wartebereich aufgehängt.
Ein bisschen Retro muss sein?
Ein bisschen Retro muss sein?
Die Drittplatzierten, Carsten Gerhards Architekten und Designer mit Edenspiekermann, setzen auf Farbe. Grüne Wandteile und Bodenbeläge im Kontrast zu leuchtend roten Sitzmöbeln und Kleinteilen wie zum Beispiel Wandablagen schaffen eine belebte, aber auch unruhige Atmosphäre. Von Erik Spiekermann, dem Mitbegründer der legendären Agentur MetaDesign und Gestalter zahlreicher Schriften, hätte man mehr Einzelheiten zur Typografie erwartet. So wirken die Renderings, besonders mit ihren nur als weiße Schemen einmontierten Figuren, nicht besonders aussagekräftig – im Alltag kommen bunt gekleidete Menschen, die das Farbkonzept stören könnten. Immerhin haben die Entwerfer daran gedacht, dass es in tiefen Hochhausetagen meist an Tageslicht mangelt, und Reihen von unaufdringlichen Deckenleuchten vorgesehen.
Der rechte Winkel regiert den mit dem vierten Platz bedachten Entwurf von Valentynarchitekten mit development 9 und F1rstdesign. Auch hier viel dunkles Holz, ansonsten Schwarz und Weiß sowie graue Metallrahmen für die verglasten Türen. Und da laufen auf den Bildern auch echte Büroangestellte herum, im Businesskostüm, so wie man das von „repräsentativem“ Auftreten wohl erwarten muss. Das gelbe Oval des Hoheitsschildes mit schwarzem Bundesadler kommt auf dunkler Täfelung am besten zur Geltung. Davor steht ein kantiger Info-Counter: Die Informationen und Wege für den Besucher sind strikt festgelegt. Hinten ein lange Wartebank, auch das ein Zeichen für Seriosität. Hier lümmelt keiner herum wie in so manchem Goethe-Institut, nur um in ausgelegten Zeitungen zu blättern.
Von einer Auslandsvertretung muss man so viel Ernsthaftigkeit erwarten, und ein Corporate Design, das sich naturgemäß erst im Laufe von Jahren rund um den Erdball verbreiten kann, darf nicht modisch sein. Eine gewisse Zeitlosigkeit ist gefragt. So wie bei Otl Aichers Entwürfen für München oder die Lufthansa. Das ist Design, das man noch nach Jahrzehnten ansehen mag und ansehnlich findet. Unter dieser Prämisse ist die erstplatzierte Arbeit wohl die beste Wahl.
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