Bauwelt

Studentenwohnheim "Delphine Seyrig"


184 Appartements


Text: Wilson, Ariane


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    Foto: Tomaz Gregoric

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Auf einem unmöglichen Restgrundstück errichteten OFIS Arhitekti ein Wohngebäude für Studierende. Die innere Gleichförmigkeit des Hauses überspielen sie mit zwei gegensätzlichen Fassaden, die Beziehung zum Freiraum suchen.
Das Studentenwohnheim „Delphine Seyrig“ wurde zu Beginn des Studienjahres 2012/13 eröffnet. Es entstand im Rahmen eines ambitionierten Förderprogramms als eines von sieben neuen öffentlichen Wohnheimen der CROUS (Centre régional des Œuvres Universitaires et Scolaires). Diese unabhängige, öffentlich geförderte Einrichtung kümmert sich mit ihren landesweit 28 Zweigstellen um studentische Belange. Die Pariser CROUS-Filiale bietet nun zusammen mit sanierten Bestandswohnungen stadtweit 841 neue Wohnplätze für Studierende, das sind zwanzig Prozent mehr als im Vorjahr. 2011 wurden acht neue Wohnheime gebaut, in diesem Jahr sollen fünf weitere folgen. Die Zahl der Unterkünfte, die in Paris von der CROUS verwaltet werden, belief sich zum Jahresende 2012 auf 5000 Wohneinheiten in über 50 Studentenwohnheimen; 2001 waren es noch weniger als 2000.
Das Programm wird zur Hälfte durch ein staatliches Darlehen finanziert, ein Drittel übernimmt die Stadt Paris, zwölf Prozent zahlt die soziale Wohnungsbaugesellschaft RIVP (Régie Immobilière de la Ville de Paris), vier Prozent kommen von der Region Île de France, ein Prozent durch staatliche Subvention und ein Prozent von der CROUS für Mobiliar. Die Residenz ist im Besitz RIVP und wird von der CROUS verwaltet. Von einem Trend zu einer öffentlich-privaten Partnerschaften ist nichts zu erkennen.
Das Delphine-Seyrig-Wohnheim liegt im Nordosten der Stadt und steht für die Implantation neuer Wohnungen nahe der peripheren Filialen und Erweiterungen der Pariser Universitäten. Das heißt nicht unbedingt, dass die Bewohner auch an diesen nahen Instituten studieren müssen. Das ehemalige Industriegebiet wird derzeit einer intensive Restrukturierung unterzogen. Unweit des Parc de la Villette und des Ourcq-Kanals gelegen, ist das Wohnheim Teil eines Masterplans von Reichen & Robert. Für dessen Entwicklung spielt neben den universitären Einrichtungen auch die ringförmige Straßenbahnlinie eine Rolle, die die Randgebiete von Paris verbindet und die traditionell radialen Verbindungen zum Zentrum ergänzen soll. Die Nähe der Straßenbahn war ein ausschlaggebendes Kriterium für die Wahl dieses speziellen Standorts und für den internationalen Wettbewerb, zu dem 2008 sechs Teams eingeladen wurden.
Das Grundstück ist 200 Meter lang und elf Meter schmal. Es wird an der Ostseite von der Straße und der Straßenbahntrasse, auf der Westseite von einem Straßenbahndepot begrenzt, auf dessen Dach ein Fussballfeld angelegt ist. Die ersten drei Geschosse lehnen sich an das Depot. Der Sieger­entwurf von OFIS Architekten aus Ljubljana sah zwei zehn Geschosse hohe Riegel vor, die durch eine Brücke und einen Garten miteinander verbunden sind. Zwei weitere Gärten am nördlichen und südlichen Enden des Gebäudes ergänzen die insgesamt 400 Quadratmeter große Grünfläche für die Bewohner.
Die Ost- und die West-Fassade unterscheiden sich deutlich voneinander, aber beide haben eine starke visuelle Identität: durch Variationen halboffener Räume – private Loggien auf der einen, gemeinsame Galerien auf der anderen Seite – und den synkopierten Rhythmus, der sich aus der extrem rationalisierten und linearen inneren Anordnung von identischen Wohnräumen ergibt, sichtbar in den regelmäßigen, sich wiederholenden Abschnitten des Gebäudes. Jedes Appartement verfügt über eine eigene Loggia, ein großzügiges Angebot angesichts des knappen Budgets. Diese Loggien sind in eine Hülle aus bronzefarbenen HPL-Paneelen gepackt, die dem Wohnheim den Arbeitstitel „Basket Apartments“ einbrachte. Jeder „Korb“ umschließt mehrere Loggien, was den Maßstab und die regelmäßige horizontale Unterteilung der Geschosse verwischt. Die Ausrichtung der Körbe in verschiedene Richtungen reflektiert das Licht auf unterschiedliche Weise und blendet die gegenüberliegende Landschaft von langweiligen Hotelketten, Büros und Hallen aus.
Im Gegensatz dazu öffnet sich die westliche Fassade und gibt den Blick frei über den Fußballplatz bis zum Eiffelturm. Als Variation der Typologie der „fliegenden Straßen“ in großen Sozialwohnungsbauten, ersetzen halboffene Erschließungsgalerien die charakteristische Trostlosigkeit innerer Korridore. Die Türen der 184 Wohnungen öffnen sich unmittelbar zu dieser tanzenden malerischen Galerie, die sich – sofern das Wetter es erlaubt – für Begegnungen, Gespräche und die Beobachtung des Fußballspiels eignet. Jeder der makellos weißen Wohnräume (für wie lange wohl?) hat einen kleinen Eingangsbereich, ein Badezimmer und Einbaumöbel: einen Kleiderschrank, eine Küchenzeile, einen Schreibtisch, Regale und ein Bett – alles entworfen von den Architekten.



Fakten
Architekten OFIS Arhitekti, Ljubljana/Paris
aus Bauwelt 14.2013
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