Bauwelt

Afrika machen

Das Vitra Design Museum widmet sich ganz Afrika. Zwei Ausstellungen zeigen Architektur und Design und geben Einblicke in neue Unabhängigkeiten und Selbstbehauptungen im Zuge der Dekolonisierung der 1960er Jahre und heutiger Globalisierung.

Text: Hoetzel, Dagmar, Berlin

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    University of Zambia – UNZA, Lusaka von Julian Elliott, 1965–1970 Foto: Iwan Baan
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    University of Zambia – UNZA, Lusaka von Julian Elliott, 1965–1970 Foto: Iwan Baan

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    Fotografische Dokumention von Ponte City in Johannesburg, dem höchsten Apartmenthaus Afrikas von Mikhael Subotzky und Patrick Waterhouse. Daneben der Vorschlag eines Wellblechhochhauses von Justin Plunkett.




    Foto: Vitra Design Museum, Mark Niedermann

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    Fotografische Dokumention von Ponte City in Johannesburg, dem höchsten Apartmenthaus Afrikas von Mikhael Subotzky und Patrick Waterhouse. Daneben der Vorschlag eines Wellblechhochhauses von Justin Plunkett.




    Foto: Vitra Design Museum, Mark Niedermann

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    Vigilism, „Idumota Market, Lagos 2081A.D.“ aus der „Our Africa 2081A.D.“ Serie. Illustration für die Heritage Menswear Kollektion von Ikiré Jones, 2013



    ©Olalekan Jeyifous & Walé Oyéjidé

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    Vigilism, „Idumota Market, Lagos 2081A.D.“ aus der „Our Africa 2081A.D.“ Serie. Illustration für die Heritage Menswear Kollektion von Ikiré Jones, 2013



    ©Olalekan Jeyifous & Walé Oyéjidé

Afrika machen

Das Vitra Design Museum widmet sich ganz Afrika. Zwei Ausstellungen zeigen Architektur und Design und geben Einblicke in neue Unabhängigkeiten und Selbstbehauptungen im Zuge der Dekolonisierung der 1960er Jahre und heutiger Globalisierung.

Text: Hoetzel, Dagmar, Berlin

Making Africa – der Titel der Schau zu zeitgenössischem Design auf dem afrikanischen Kontinent könnte missverständlich sein. Zu oft in der Geschichte ist Afrika „gemacht“ worden. Von anderen. Wie auf der Berliner Afrika-Konferenz 1885, als die europäischen Kolonialmächte entsprechend ihrer Interessen die Grundlage legten für Länder und Grenzen, die bis heute bestehen.
Der Titel ist hier freilich anders gemeint – eher im Sinne von „Herstellen“. Das zielt auf Prozesse und Sichtweisen, aber auch darauf, dass Afrika dabei sei, sich neu zu erfinden, wie Okwui Enwezor, bei dieser Schau beratender Kurator, meint. Digitalisierung und Globalisierung lassen nicht nur territoriale und kulturelle Grenzen hinter sich, sondern eröffnen auch neue Arbeitsweisen und Vernetzungen. So untersucht die Ausstellung die Wechselwirkung zwischen gesellschaftlichen, politischen Veränderungen und Design.
Zu sehen sind Möbel, Mode, Grafik, Fotografie, Film, Architektur – die Produkte in kleine Stückzahlen, oft im Kollektiv und dezentral, aber immer im urbanen Kontext entstanden, disziplinübergreifend und hybrid. Eine beeindruckende Zusammenstellung unterschiedlichster Werke, von einer Kollektion von Schals des Modelabels Ikiré Jones, die Zukunftsvisionen von Paris, Johannesburg oder Lagos im Jahr 2081 zeigt und hinter der der Nigerianer Walé Oyéjidé steht, bis zum Geldtransfersystem M-Pesa, 2007 eingeführt vom kenianischen Mobilfunkanbieter Safaricom, mit dem man per SMS Geld überweisen kann und über das heute 25 Prozent des kenianischen Bruttosozialproduktes abgewickelt werden.
„Angesichts der sozialen, politischen, wirtschaftlichen und technologischen Umwälzungen, ist es nicht genug, einen neuen Stuhl zu entwerfen oder eine hübsche Grafik“, meint Kuratorin Amelie Klein und Enwezor und möchte das Machen als elementaren subversiven Akt verstehen, der industrielle Massenfertigung
in Frage stellt und Konzepte wie Recycling, Umgestaltung oder Informalität neu denkt.
In einer Zeit, in der Ländergrenzen mehr und mehr obsolet werden, die Frage nach der Identität aber unverändert wesentlich ist, sind lokale kulturelle und soziale Verwurzelungen ebenso wichtig wie die globale Vernetzung und bieten Globalisierung und Digitalisierung eine neue Form von Souveränität und Unabhängigkeit.
Vielleicht ist diese Zeit vergleichbar mit dem Zeitraum von vor rund 50 Jahren, als zwischen 1957 und 1966 fast zwei Drittel aller afrikanischen Länder ihre Unabhängigkeit erlangten. Mit der Architektur dieser Epoche beschäftigt sich die Schau zur „Architektur der Unabhängigkeit“ in der Vitra Design Museum Gallery. Deren Kurator, der Architekt Manuel Herz, hat mit den Fotografen Iwan Baan und Alexia Webster Beispiele einer „Afrikanischen Moderne“ aus fünf Ländern zusammengetragen. Diese zum Teil bemerkenswerten und der Internationalen Moderne verpflichteten Architekturen spiegeln Hoffnung und Selbstbewusstsein der jungen Staaten wider. Moderne Architektur galt als Symbol für Fortschritt und Teilhabe an der modernen Welt. Und genau dies – der Glaube an Entwicklung und Modernisierung sowie die Möglichkeit, dass diese nicht mehr länger exklusiv Europa vorbehalten waren, machte die Moderne zu einem Mittel der Befreiung und zum Instrument, eine neue nationale Identität zu formen. Gebaut wurden Universitäten, Hotels oder Kongresszentren, um dem Westen auf Augenhöhe begegnen zu können. Die Architekten kamen meist aus Europa, aber auch aus Israel – bis Anfang der 70er Jahre, als nach dem Jom-Kippur-Krieg die meisten afrikanischen Länder die arabischen Nationen unterstützten. Dass dabei eben auch Bauvorhaben unvollendet blieben, zeigt die Universität von Zambia, geplant von dem israelischen Architekten Julian Elliott. Mit dem Rückzug der ebenfalls
israelischen Baufirma verschwanden auch sämtliche Planunterlagen und die Anlage wurde nie fertiggestellt. Geschichten wie diese, in denen ein Gebäude einen Abschnitt in der Geschichte eines Landes verkörpert, sind in der kleinen, informativen Ausstellung aufbereitet.

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