Bauwelt

Agora Bordeaux

Die Stadt an der Garonne macht vor, wie sich Stadtentwicklung mit Gewinn für Architekten und Bewohner diskutieren lässt

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

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    Einer der kleinen Veranstaltungsorte der Biennale an der Place de la Bourse.
    Sebastian Redecke

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    Einer der kleinen Veranstaltungsorte der Biennale an der Place de la Bourse.

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    Ausstellung und Workshop im Hangar 14
    Marie-Douce Albert

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    Ausstellung und Workshop im Hangar 14

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    Einsturz der „ephemeren Stadt“ zum Ende der Biennale
    Aurore Piau

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    Einsturz der „ephemeren Stadt“ zum Ende der Biennale

    Aurore Piau

Agora Bordeaux

Die Stadt an der Garonne macht vor, wie sich Stadtentwicklung mit Gewinn für Architekten und Bewohner diskutieren lässt

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

Youssef Tohme, Architekt aus Beirut, war der Kurator der diesjährigen Biennale für Architektur, Städtebau und Design Agora zum Thema „Espace public“. Auf dem öffentlichen Forum wurden vom 11. bis 14. September Fragen städtischer Freiraumgestaltung und Mobilität in Zusammenhang mit den großen städtebaulichen Vorhaben in Bordeaux diskutiert. Bürgermeister Alain Juppé hat die Biennale vor zehn Jahren ins Leben ge-rufen. Die Stadt an der Garonne ist die am stärksten wachsende Großstadt Frankreichs, und sie möchte eine noch wichtigere Position im Land einnehmen. Hierfür gibt es auch einen politischen Hintergrund. Alain Juppé hat große persönliche Ambitionen: Er will mit Hilfe seiner Vorzeigestadt 2017 französischer Präsident werden.
Youssef Tohme ist in den letzten Jahren auch nördlich des Mittelmeers als Architekt bekannt geworden, mit seinen im Libanon errichteten zahlreichen Wohnbauten und dem Neubau der Beiruter Universität St.Joseph (Bauwelt 29.2012). In Bordeaux wurde er nach einem eingeladenen Wettbewerb beauftragt, das Wohnquartier „Brazza“ am Ostufer der Garonne zu konzipieren. Seit vielen Jahren möchte die Stadt die dortigen Brachen neu bebauen. Der öffentliche Raum, das Thema dieser Biennale, hat in Bordeaux eine ganz eigene Qualität – mit den oft in Grünflächen eingebetteten Tramlinien, die das Stadtbild deutlich verändert haben, und der an mehreren Orten neu gestalteten Ausrichtung zum Fluss, wie mit einer eindrucksvoll ausgebauten Promenade.
55.000 Besucher in vier Tagen
Nur zwei Tramstationen nördlich der zentralen Place de la Bourse, die sich mit ihren zwei mächtigen Gebäudearmen aus dem 18. Jahrhundert und dem „Miroir d’eau“ zur Garonne öffnet, liegt am Quai des Chartrons, direkt an der Garonne, der „Hangar 14“, eine alte, für Ausstellungen und Veranstaltungen umgebaute Lagerhalle. Hier fand die Biennale statt. Das Erdgeschoss hatte Tohme in verschiedene halboffene Zonen gegliedert – mittels zwei Meter hoher Gitterboxen, in die weiße, mit Luft gefüllte Plastiksäcke eingefügt waren. Die Stadt präsentierte hier ihre neuesten Projekte, Foren boten Raum für Diskussionen und Interviews, für Kinder gab es Bauklötze. Die eingeladenen Bauträger und Investoren (zahlreiche Sponsoren unterstützen die Biennale) zeigten wenig Überzeugendes. Alle Bereiche wurden diagonal über weiß markierte Wege miteinander verbunden. Das Konzept des Forums war ein offenes, teils interdisziplinäres – bewusst auf ein breiteres Publikum ausgerichtet. An den vier Tagen kamen nicht nur 55.000 Bewohner aus Bordeaux, sondern auch zahlreiche Architekten. Die Biennale gilt als Ort für neue Projekte.
Das Obergeschoss der Halle war ganz dem öffentlichen Raum gewidmet. In runden, durch Vorhänge geschlossenen Räumen waren Videos zu sehen, in denen Architekten sich zum Thema äußern. Außerdem hatte Tohme selbst Filme mit sehr prägnanten Bildern drehen lassen. Sie zeigen, wie in verschiedenen Städten – Mexiko-Stadt, Beirut, Skopje, Ouagadougou, Tokio und Bordeaux – der öffentliche Raum ganz unterschiedliche Bedeutung hat und Beachtung findet. In Mexiko etwa ist der stetige Wandel der Nutzung des Raums während eines Tages das Besondere, in Skopje die bizarre Barockisierung rund um das gigantische Reiterstandbild Alexander des Großen, die den städtischen Raumbeengt und atmosphärisch völlig verändert hat (Bauwelt 7.2012).
Parallel zu den Veranstaltungen im Hangar waren über ganz Bordeaux verteilt Ausstellungen zu sehen, so im Centre d’Architecture Arc en Rêve zum Werk des jungen Landschaftsplaners Bas Smets, der seine akribische analytischeArbeitsweise im Bestand in grafisch beeindruckender Form darbietet (noch bis 9. November). Im deutschen U-Boot-Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg eröffnete „Espace(s): Métamorphoses poétiques à Bordeaux“ von Georges Rousse, der Räume optisch „vortäuscht“. Außerdem gab es eine Reihe von Open-Air-Veranstaltungen an der Garonne. Eine Installation in bester Lage zwischen Kathedrale und Rathaus war die „ephemere Stadt“ aus Karton und Klebeband, die zum Abschluss der Biennale zum Einsturz gebracht wurde – eine bereits aus anderen Städten bekannte, unterhaltsame Idee des Künstlers Olivier Grosstête.
Dem Bürgermeister ist seine Biennale überaus wichtig. So verwundert es nicht, dass auch Rem Koolhaas und Jacques Herzog erschienen. Beide haben Großprojekte in Bordeaux, die Juppé initiiert hat. Koolhaas erhielt nach eingeladenem Wettbewerb den Auftrag für die Brücke Jean-Jacques-Bosc über die Garonne. Sie soll das Bindeglied zum neuen Gegenüber der Stadt werden; mit ihrer außergewöhnlichen Breite ist sie als Verlängerung der Uferpromenade gedacht, auf der auch Veranstaltungen stattfinden können. Koolhaas’ Vortrag zum öffentlichen Raum in Singapur, der mehr und mehr von Automatisierung geprägt sei, überzeugte nicht. Herzog und de Meuron bauen mit einem Investor das neue Fußballstadion für 42.000 Zuschauer, das im Mai nächsten Jahres eröffnet wird. Es ist vollkom-men weiß, wirkt mit seinen 996 schlanken Rundstützen aus Stahl und seiner dünnen Dach-scheibe von weitem extrem leicht und war im Hangar 14 mit einem weißen Modell und einem Modell aus Bitterschokolade vertreten.
Fakten
Architekten Thome, Youssef, Beirut
aus Bauwelt 38.2014
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