Bauwelt

Bedeutsame Begegnungen

Diesjährig widmet das Mies van der Rohe Haus in Berlin seinem Namensgeber eine Ausstellung zum Haus Riehl. Zeitgenössische Autochrome zeigen das Erstlingswerk ungewohnt farbenfroh.

Text: Kasiske, Michael, Berlin

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    Alois Riehl auf der Gartenbank.
    Foto: (Original ohne Titel), ohne Jahr, Fotograf unbekannt; Repro: Foto-Abzug auf Alu-Dibond hinter Ac-rylglas matt 160 x 115,7 cm, © Carsten Kriegenburg, 2023

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    Alois Riehl auf der Gartenbank.

    Foto: (Original ohne Titel), ohne Jahr, Fotograf unbekannt; Repro: Foto-Abzug auf Alu-Dibond hinter Ac-rylglas matt 160 x 115,7 cm, © Carsten Kriegenburg, 2023

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    Gartenmauer mit Helenium. Die Ausstellung zeigt dreizehn Autochromen vom Garten und der Familie Riehl, die für die Ausstellung als Bilder reproduziert wurden.
    Foto: (Original ohne Titel), ohne Jahr, Fotograf unbekannt; Repro: Foto-Abzug auf Alu-Dibond hinter Ac-rylglas matt 160 x 115,7 cm, © Carsten Kriegenburg, 2023

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    Gartenmauer mit Helenium. Die Ausstellung zeigt dreizehn Autochromen vom Garten und der Familie Riehl, die für die Ausstellung als Bilder reproduziert wurden.

    Foto: (Original ohne Titel), ohne Jahr, Fotograf unbekannt; Repro: Foto-Abzug auf Alu-Dibond hinter Ac-rylglas matt 160 x 115,7 cm, © Carsten Kriegenburg, 2023

Bedeutsame Begegnungen

Diesjährig widmet das Mies van der Rohe Haus in Berlin seinem Namensgeber eine Ausstellung zum Haus Riehl. Zeitgenössische Autochrome zeigen das Erstlingswerk ungewohnt farbenfroh.

Text: Kasiske, Michael, Berlin

Die Auftraggeberinnen und -geber von Ludwig Mies van der Rohe (1886–1969) erhielten stets ein Statement. Der Philosoph Alois Riehl (1844–1924) und seine Frau Sofie Riehl (1855–1928) wa-ren ihrerseits ebenfalls programmatisch, oder – wie Mies im Rückblick meinte – „so idealistisch“: Ihr Haus sollte von einem jungen Menschen entworfen werden. Von heute ungewohntem Mut und mithin Vertrauen auf beiden Seiten zeugt die Ausstellung „Alois Riehl. Der erste Bauherr von Mies“.
Der Auftrag entstand Mies’ Erinnerungen zufolge so: Der damals 21-jährige Autodidakt besuchte Kurse in der Kunstgewerbeschule Berlin (heute Martin-Gropius-Bau), wo er Frau Riehl vorgestellt wurde, die ursprünglich einen Gestalter für Vogelbrunnen suchte. Mit der ihm eigenen Chuzpe empfahl er sich für den in Aussicht stehenden Hausbau am abschüssigen Ufer des Griebnitzsee in Potsdam-Babelsberg. Auf der abendlichen Dinnerparty, zu der er spontan eingeladen worden war, überzeugte er auch den Hausherrn, wenigstens verkündete dieser nach einer Unterredung, deren Inhalt Mies nicht mehr erinnerlich war: „Der wird unser Haus bauen.“ Das wurde zwar teurer als geplant, was jedoch das Wohlgefallen am „Klösterli“, wie Riehl sein Refugium nannte, nicht verminderte.
Der Anlass und die visuelle Substanz der Ausstellung liegen freilich in dreizehn Autochromen vom Garten und der Familie Riehl, die unlängst entdeckt und für die Ausstellung als Bilder reproduziert wurden. Dieses Verfahren für Farbfotografie hatten sich Auguste und Louis Lumière 1903 patentieren lassen, doch erst vier Jahre später konnten die bereits als Erfinder des Kinema-tographen bekannten Brüder ihre Erfindung kommerziell verwerten. Die gegenüber der Schwarzweißfotografie 60- bis 80-fach längere Belichtungszeit war für Momentaufnahmen denkbar ungeeignet, jedoch unwesentlich für die Wiedergabe von Architektur und Landschaft. Die unruhige, an Pointillismus erinnernde Erscheinung insbesondere größerer Farbflächen und die überdeutliche Darstellung verleihen den Reproduk-tionen eine malerische Wirkung.
Die Autochrome, die aus der Sammlung Carsten Kriegenburg stammen, zeigen das Haus mitsamt dem üppig bepflanzten Gartenparterre, das mit einer hohen Stützmauer dem Hang abgetrotzt worden war. Die in einigen Bildern bereits mehrjährige Vegetation hat die Architektur gleichsam eingenommen und lässt durch ihre Farbe und Struktur die tektonischen Elemente in den Hintergrund treten. Ganz im Gegensatz zu den bislang geläufigen Schwarzweiß-Aufnahmen, welche die Geometrie des Hauses betonen.
Ob Mies die Autochrome gesehen hat, ist nicht bekannt. Ihn ließ der Auftrag in die Berliner Gesellschaft ein, denn die Riehls führten auch hier – sie hatten ihre Stadtwohnung beibehalten – ein aktives gesellschaftliches Leben mit Freunden, Kollegen und Studenten. In ihrem Haus lernte Mies seine spätere Ehefrau und Mutter der drei gemeinsamen Töchter Ada Bruhn (1885–1951) kennen, eine Verbindung, die dem Vernehmen nach vom Gastgeberpaar aktiv unterstützt wur-de, wie im informativen Begleitbuch nachzulesen ist. Die Riehls haben die bahnbrechenden Entwürfe von Mies nicht mehr erlebt, doch ihre Überzeugung hat sie in die Architekturgeschichte eingeschrieben.

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