Bauwelt

Der Unterstützung wert

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin; Stumm, Alexander, Berlin

Der Unterstützung wert

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin; Stumm, Alexander, Berlin

Rathäuser sind seit Jahrhunderten Ausdruck bürgerschaftlicher Repräsentation und städtischer Selbstverwaltung. An ihre Planung dürfen besondere Ansprüche zu Recht gestellt werden. Doch die Zeiten wandeln sich. Wurden vor fünfzig, sechzig Jahren vielerorts neue Rathäuser gebaut, steht heute die Weiterentwicklung des Bestands im Vordergrund. Im niederländischen Leiden wurde das Stadhuis um eine weitere Zeitschicht ergänzt, die den 1930er Jahre-Bau mit seiner Renaissance-Fassade zumindest im In­neren in die Gegenwart katapultiert; im südfranzösischen Biot entstand ein Erweiterungsbau mit einer Loggia, die dem Städtchen als Belvedere dient. Im Allgäu dagegen fiel die Entscheidung für Abriss und Neubau, um der Ortsmitte von Oy-Mittelberg einen Impuls zu geben, und in Oberbayern wurde das Land­ratsamt von Starnberg aus den 80er Jahren getreu der ursprünglichen Ästhetik weitergebaut.
Doch noch mal zurück zum Anfang, Stichwort „bürgerschaftliche Repräsentation“: Architektinnen und Architekten sehen sich bei Projekten wie diesen mitunter politischen Ränkespielen unterworfen, die sich mal hinderlich, mal förderlich auf die Realisierung auch längst abgestimmter Planungen auswirken können. So agitierte der neu ins Amt gewählte Bürgermeister von Biot gegen den kurz vor der Fertigstellung stehenden Rathausanbau und mobilisierte die Bürgerinnen und Bürger zu einem Volksentscheid, mit dem er den Neubau wieder einreißen lassen wollte – dieser jedoch scheiterte an der selbst gesetzten Mindestunterstützung. In Oy dagegen organisierte der Bürgermeister einen Bürgerentscheid, um den nach dem Wettbewerb ins Stocken geratenen Prozess wieder in Gang zu setzen und das siegreiche Projekt in Angriff zu nehmen – die Zustimmung der Bürger hat in einem wie im anderen Fall die Planung gestützt.

Einfach Bauen 3

Die Forschungshäuser in Bad Aibling von Florian Nagler Architekten haben seit ihrer Fertigstellung 2021
einen Haufen Preise abgeräumt und die Idee des Low Tech-Bauens mit robusten Baumaterialien sowie einfacher, dafür langlebiger und gut reparierbarer Haustechnik neuen Auftrieb beschert. Forschungshäuser sind die drei Mehrfamilienhäuser deshalb, weil mit dem Projekt ein zweijähriges Monitoring verbunden ist, das die neuartigen monolithischen Baukonstruktionen Vollholz, Hochlochziegel und Leichtbeton kontrollieren und den thermischen Komfort im Innenraum überprüfen sollte. Welche Erkenntnisse bringt die Forschung, und welche Folgeprojekte ergeben sich da­raus? Wir haben uns den gerade erschienenen Abschlussbericht Einfach Bauen 3 angesehen.

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