Design, frisch und gewandt
Ein Wiederauferstehen der imm cologne blieb aus, wohingegen Design Post und die Passagen Kontinuität bewiesen. Was es am Rhein zu sehen gab
Text: Kasiske, Michael, Berlin
Design, frisch und gewandt
Ein Wiederauferstehen der imm cologne blieb aus, wohingegen Design Post und die Passagen Kontinuität bewiesen. Was es am Rhein zu sehen gab
Text: Kasiske, Michael, Berlin
Nach drei pandemiebedingten Absagen begann das Jahr endlich wieder mit der Möbelmesse in Köln, die in diesem Jahr vom 14. bis zum 18. Januar stattfand. Die Vorhersage, die Ausstellung sei zu klein um in Zeitnot zu kommen, bewahrheitete sich leider. Die wenigen von Herstellern mit gestalterischem Anspruch bespielten Hallen waren schnell abgelaufen, der Andrang entsprechend mau. Beim „Pure Design Contest“, der Nachwuchspräsentation, stachen aus den prämierten Arbeiten zwei durch kreativen Pragmatismus hervor.
Für „Pleated Partition Screen“ verwendete die niederländische Designerin Fenna van der Klei in der Herstellung reine Baumwollstoffe mit dem Ziel, sie zumindest umstandslos weiter verwenden zu können. Allein das Plissee, also die Faltungen sorgten, mit Filztrennelementen versehen, für ausreichend Standfestigkeit, sodass der industriell herstellbare Paravent zu einem farbfreudigen, ausschließlich textilen Raumelement wird.
Das zweite Objekt ist ein Sofa, das bei Anton Defant ironisch „Ballast“ heißt. Der gebürtige Kieler musste während des Designstudiums in Wien häufig umziehen, wollte jedoch auf heimeligen Komfort nicht verzichten. Inspiriert von Campingmobiliar entwickelte Defant ein faltbares Metallgestell, das er konsequent mit Gepäcknetzen und Gurten zum Sofa ausstattete. Anders als der erste Blick vermuten lässt, sitzt es sich darauf auch ohne Sitzkissen sehr bequem.
Bei den Präsentationen der regulären Ausstellerinnen fällt das Lichtsystem „Liiu“ durch sein ephemeres Äußeres ins Auge. Die Tragstruktur bilden stromführende Metallkabel, die an der Decke befestigt und mit Gewichten in Spannung gehalten werden. Daran sind die weißen Reflektoren mit zwei Drahtarmen befestigt, die in der Mitte durch eine Spirale mit der Leuchtdiode verbunden sind. Das vom jungen niederländischen Büros VANTOT für Luceplan entworfene minimalistische Leuchtobjekt überzeugt in kleiner und großer Leuchtenanzahl.
Die Schwäche der Messe förderte den Zustrom in die nahe gelegene Design Post. Zwar hat sich das Konzept für den ganzjährigen Betrieb (Bauwelt 4.2021) noch nicht eingelöst, die stets präsenten Herstellerinnen profitieren freilich von der eingespielten Organisation. Der Tradition der Stahlrohrstühle fügt der deutsche Hersteller Tecta den „Reversal Chair“ hinzu. Durch einen Handgriff als Sitz- oder als Kniestuhl nutzbar, kann je nach Bedarf eine Lendenwirbelschonende Haltung eingenommen werden. Damit ist dem schweizerischen Designer Juri Roemmel eine plausible Alternative zu den monofunktionalen, meist klobigen Kniestühlen gelungen, der vermutlich eine erfolgreiche Eroberung des Home-Office bevorsteht.
Wie die Design Post haben auch die auf das Stadtgebiet verteilten „Passagen“-Standorte während der Pandemie standgehalten. In einem Ehrenfelder Atelier zeigt Max Neustadt innerhalb der Edition 33 den Couchtisch „Tangens“. Das pulverbeschichtete Stahlrohr wirkt auf den ersten Blick verschlungen, doch lässt sich die Tischplatte aus Blech mit den äußeren Griffen herunterheben und wird so zum Tablett, das an einem anderen Ort bestückt werden kann, was Lauferei und ein Küchenutensil erspart.
Derlei konzeptstarkes und effizientes Gestalten ist der imm cologne zu wünschen, will sie erneut als ernstzunehmende Plattform des Inneneinrichtungsmarktes in Deutschland und darüber hinaus reüssieren.
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