Die Befreiung des Stadtparks
1880 im Stil barocker Gärten angelegt, repräsentiert der Brüsseler Jubelpark das alte Königreich Belgien. Heute ist er von Verkehr umflossen und zerteilt. Es stellt sich die Frage, wofür er in Zukunft stehen soll.
Text: Kraft, Caroline, Berlin
Die Befreiung des Stadtparks
1880 im Stil barocker Gärten angelegt, repräsentiert der Brüsseler Jubelpark das alte Königreich Belgien. Heute ist er von Verkehr umflossen und zerteilt. Es stellt sich die Frage, wofür er in Zukunft stehen soll.
Text: Kraft, Caroline, Berlin
Welch Schönheit liegt in absoluter Symmetrie, welch Kraft hat die Achse, die alles zerteilt. Und wie fragil ist sie gleichzeitig, wird in sie eingegriffen! 1880 veranlasste König Leopold II. zur fünfzigjährigen Unabhängigkeit Belgiens von den Niederlanden die Umwidmung eines Brüsseler Militärgeländes in einen achsensymmetrischen Park mit Pavillons, Museumshallen und Triumphbogen. Seit den späten 1960er-Jahren teilt außerdem ein unter der Erde liegender, nach oben offener Auto- und Bahntunnel den Jubelpark an seiner Hauptachse entzwei. 2030 begeht Belgien seine Zweihundertjahrfeier. Das Europan-Projekt birgt die Chance, den Riss im Boden bis dahin zu flicken und den repräsentativen Charakter der Anlage zugunsten eines modernen, klimaresilienten Brüssels aufzubrechen.
Das portugiesisch-belgisch-französische Team aus Jorge Serra, Alistair Vecle, Inès Masson und Sophie Jacquemin näherte sich dem Areal in seinem erstplatzierten Projekt „Plateau du Maelbeek“ mit einem Blick auf dessen Geologie. Der Park liegt auf einem Plateau am Maelbeek-Tal, der namensgebende Fluss trat einst regelmäßig über die Ufer. Heute ist er größtenteils kanalisiert. Wenn aber in der laut Planungsteam „not-as-far-as-people-believe-future“ unregelmäßiger Starkregen gefolgt von Trockenperioden durch die Klimakrise zunehmen, könnte es wieder zu Überflutungen unterhalb des Jubelparks kommen. Die dreißig Hektar unversiegelten Bodens nähmen zwar anfangs noch Regen auf, doch mit jeder dazwischenliegenden Trockenheit verlöre die Erde an Speicherkapazität, was bei erneutem Starkregen zu Überflutung und aufgrund der Plateaulage zum Abfluss Richtung Stadt führen würde. Der pragmatische Vorschlag der Planenden: stillgelegter Autotunnel wird Starkregen-Auffangbecken. Der Bahnhverkehr auf der tieferen Tunnelebene würde weiterhin rollen. Entlang der Hauptachse gäbe es mehrere Retentionsbecken und Freiflächen für temporäre Tümpelbildung. Der Park würde zum Feuchtbiotop, zum Helfer der Stadt. Nun muss ein Stadtpark auch demokratisch sein (wir sind in Brüssel!) und für alle gut zu erreichen. Aktuell ist das Areal umzäunt, Eingänge sind schlecht ausgewiesen und Sport- und Spielplatz gibt es nur Richtung Norden. „Le Plateau du Maelbeek“ sieht eine Öffnung des Parks vor, nahezu keinen Autoverkehr in den unmittelbar angrenzenden Straßen und Freizeitangebote an beiden Längsseiten. Den altehrwürdigen Ausstellungshallen stellt die Gruppe am westlichen Eingang zwei langgestreckte Pavillons für öffentliche Beteiligungsformate gegenüber. Mit seiner neugewonnenen Sinnhaftigkeit könnte der Jubelpark modellhaft für eine neue Ära des Stadtparks stehen.
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