Die Kommunale Wärmeplanung: Ein Weg zur nachhaltigen Wärmeversorgung
Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen. Obwohl die hierfür notwendige Wärmewende in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat, fehlt es noch immer an dem erforderlichen Schwung für die tiefgreifende Transformation. Das Gesetz für eine kommunale Wärmeplanung, das in diesem Jahr verabschiedet wurde, ist ein ein erster wichtiger Schritt.
Text: Cantos, Elena, Berlin
Die Kommunale Wärmeplanung: Ein Weg zur nachhaltigen Wärmeversorgung
Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen. Obwohl die hierfür notwendige Wärmewende in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat, fehlt es noch immer an dem erforderlichen Schwung für die tiefgreifende Transformation. Das Gesetz für eine kommunale Wärmeplanung, das in diesem Jahr verabschiedet wurde, ist ein ein erster wichtiger Schritt.
Text: Cantos, Elena, Berlin
Der Wärmesektor trägt in Deutschland knapp fünfzig Prozent zum Endenergieverbrauch1bei. Gebäude waren im Jahr 2022 für fünfzehn Prozent der CO2-Emissionen2 verantwortlich. Der hohe Anteil am Energieverbrauch von Gebäuden ergibt sich auch dadurch, dass die heutige, objektbezogene Wärmeversorgung über Einzelfeuerungsanlagen ineffizient ist. Deutschlandweit werden nur etwa fünfzehn Prozent der Haushalte mittels Fernwärme3 versorgt, worunter bisher lediglich zwanzig Prozent aus Erneuerbaren Energien gewonnen werden. Darüber hinaus ist ein Drittel der Heizungen in Deutschland älter als zwanzig Jahre4.
Um die Klimaziele zu erreichen, ist eine Transformation des Wärmesektors dringend notwendig – eine, die darauf abzielt, Gebäude äußerst energieeffizient zu gestalten und den verbleibenden Energiebedarf vorrangig durch Erneuerbare Energien zu decken. Kommunen spielen hier eine essenzielle Rolle, da sie Maßnahmen initiieren, investieren, gestalten und steuern können, um die Wärmeversorgung langfristig klimafreundlich zu gestalten.
Fehlendes Puzzlestück der Transformation
Die Entwicklung im Wärmesektor wird bisher größtenteils durch unkoordinierte Investitionsentscheidungen der Gebäudeeigentümer bestimmt. Jeder Heizungswechsel ist eine Investitionsentscheidung für die nächsten drei Jahrzehnte. Deshalb sollten Entscheidungen wohl überlegt sein und einem Plan folgen, der nicht nur gegenwärtig als günstigste Lösung erscheint, sondern auch die langfristigen Klimaschutzziele und künftige Kostenentwicklungen im Blick hat.
Um die kommunale Wärmewende voranzutreiben, hat die Bundesregierung deshalb in diesem Jahr das Gesetz für eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung beschlossen. Ein Wärmeplan stellt ein informelles Planungsinstrument der Kommunen dar, um langfristige Strategien der Wärmeversorgung zu entwickeln. Er beleuchtet die verschiedenen Optionen, leitet Maßnahmen für Stadtteile, Quartiere sowie Einzelgebäude ab und fördert einen integrierten Ansatz mit effizienten Wärmenetzen, der oft kosteneffizienter und wirksamer als eine Vielzahl kleinteiliger Lösungen ist.
Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner müssen bis spätestens Juni 2026 Wärmepläne erstellen. Unter der Marke von 100.000 gilt der Juni 2028 als Stichtag, unter 10.000 Einwohner und Einwohnerinnen können die Länder ein vereinfachtes Verfahren ermöglichen. Außerdem ist vorgesehen, dass mehrere Gemeinden eine gemeinsame Planung vorlegen dürfen. Damit die Kommunen schnell starten können, fördert der Bund die Erstellung von Wärmeplänen mit 500 Millionen Euro. Die Wärmepläne sollen auch Bürgern und Unternehmen wichtige Informationen bereitstellen, damit diese fähig sind, Investitionsentscheidungen für kosteneffizientes und klimagerechtes Heizen zu treffen.
Der Wärmeplan ist kein neues Instrument: Zwischen 2019 und 2021 hat die Agentur für Erneuerbare Energien zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderte Projekt „Kommunale Wärmewende“ durchgeführt. Es adressierte den Umsetzungsstau der kommunalen Wärmewende, indem Handlungsempfehlungen und praktikable Instrumente identifiziert wurden. Projektpartner befragten Kommunalvertreterinnen, welche Veränderungen angestoßen werden sollten, um Kommunen bei der Wärmewende besser unterstützen zu können. Die Teilnehmerinnen gaben unter anderem an, dass ein verbindlicher Wärmeplan eine wichtige Voraussetzung für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung sei.
Vorreiter in Sachen kommunale Wärmeplanung ist Dänemark. Eine Wärmeplanung ist hier seit 1979 für jede Kommune gesetzlich verpflichtend. Die meisten geschlossenen Ortschaften sind an ein Fernwärme-netz angeschlossen. Bereits 2013 wurden Öl- und Gasheizungen im Neubau verboten. Seit 2016 gilt ein Verbot des Austauschs alter fossiler Heizkessel gegen neue fossile Heizungen. Fossile Energieträger werden außerdem deutlich höher besteuert als in Deutschland. Die Wärmenetze sind überwiegend in der Hand von Genossenschaften. Somit sorgen die Wärmekunden selbst für den dynamischen Ausbau der Nah- und Fernwärmenetze.
Baden-Württemberg folgte dem dänischen Weg und führte als erstes deutsches Bundesland die kommunale Wärmeplanung für große Kreisstädte und Stadtkreise ab 20.000 Einwohner im Zuge der Novelle des Klimaschutzgesetzes im Jahr 2021 ein. Alle weiteren Städte und Gemeinden, die auf freiwilliger Basis einen Wärmeplan erstellen wollten, konnten Fördermittel vom Land beantragen. Mithilfe der Wärmepläne sollten Kommunen sowohl Strategien entwickeln, um die anfallenden Treibhausgasemissionen im Gebäudebestand zu reduzieren und konkrete Ansätze für eine klimaneutrale Wärmeversorgung aufzeigen. Eine besondere Rolle spielten hierbei Erneuerbare Energien sowie die Nutzung von Abwärme in den Wärmenetzen.
Vorteile der kommunalen Wärmewende
Der Umbau der Wärmeversorgung hin zu Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz erfordert beträchtliche Investitionen und Anstrengungen. Doch die Vorteile rechtfertigen den finanziellen und organisatorischen Aufwand. Diese reichen von Klimaschutz über regionale und lokale Wertschöpfung bis hin zu einer höheren Lebensqualität:
– Lokale Wertschöpfung: Durch die Nutzung heimischer Energieträger bleibt das Geld in der Gemeinde und unterstützt den lokalen Wirtschaftskreislauf. Die Investitionen in neue Anlagen und Netze lassen neue Arbeitsplätze entstehen und stärken die Wirtschaft vor Ort.
– Stabile Wärmepreise: Erneuerbare Energien tragen dazu bei, die Wärmepreise stabil zu halten, und ermöglichen langfristige Kalkulationen im Gegensatz zu den volatilen Preisschwankungen fossiler Energieträger. Wärmeerzeugungsanlagen, die auf Erneuerbaren Energien basieren, sind in der Anschaffung zwar oft kostenintensiver als Anlagen für fossile Brennstoffe, im laufenden Betrieb aber kosteneffizienter, was insgesamt zu niedrigeren Kosten führt. Darüber hinaus erlauben Erneuerbare Energien eine langfristigere Kostenprognose im Vergleich zu einer Energie-versorgung, die auf Rohstoffen basiert, da die Kostenentwicklung hauptsächlich durch technische Fortschritte und den erforderlichen Kapitaleinsatz beeinflusst wird.
– Steigerung der Lebensqualität: Aufwand und Kosten für die Beschaffung von Brennstoffen, die Brennstofflagerung und der regelmäßige Besuch des Schornsteinfegers fallen weg. Da kein Heizkessel und kein Brennstofflager mehr nötig sind, spart der Anschluss viel Platz im Haus. Eine nachhaltige, umweltverträgliche Energieversorgung wird zu einem entscheidenden Standort- und Wohlfühlfaktor für die gesamte Kommune.
– Gesundheit: Die Nutzung fossiler Brennstoffe setzt neben Treibhausgasen auch Schadstoffe wie Quecksilber, Feinstaub und Stickstoffoxide frei, die die Gesundheit beeinträchtigen.
– Technologieoffenheit: Wärmenetze bieten die ideale Plattform zur optimalen Integration verschiedener Erneuerbarer-Wärme-Technologien. Biomasse-Heizkraftwerke lassen sich mit Solarthermie, Wärmepumpen, Geothermie und anderen Technologien wie Power-to-Heat kombinieren. Gemeinsam gewährleisten sie eine hundertprozentige Versorgungssicherheit. Zudem ermöglichen Wärmenetze die zeitliche Entkopplung von Wärmeangebot und -nachfrage durch die Integration von Wärmespeichern.
– Kopplung von Strom und Wärme: Stromüberschüsse können in großvolumige Wärmespeicher eingespeist werden, die mit einem Wärmenetz verbunden sind. Wärmenetze tragen so zur Systemstabilität im Stromsektor bei. Bioenergie-KWK-Anlagen können als Flexibilitätsreserve für die Stromversorgung dienen, indem sie dann Strom ins Netz einspeisen, wenn die Stromerzeugung aus Photovoltaik und Windenergie gering ist.
– Wärmewende in Städten: Wärmenetze ermöglichen den verstärkten Einsatz von Erneuerbaren Energien auch in dicht besiedelten Stadtgebieten. Die Wärme wird beispielsweise aus Holzheizwerken und Holzheizkraftwerken in Gewerbegebieten über Fernwärmeleitungen zu den städtischen Wärmeabnehmern transportiert. Die Anbindung ganzer Siedlungen an ein Wärmenetz ermöglicht einen schnelleren Austausch veralteter Heizungsanlagen im Vergleich zu unkoordinierten Einzellösungen.
– Effizienter Brennstoffeinsatz: Die kombinierte Erzeugung von Wärme und Strom aus Biomasse ist nur mit großen Heizkraftwerken möglich. Im individuellen Gebrauch lässt sich feste Biomasse ausschließlich zur Wärmegewinnung nutzen.
– Integrierte Wärmewende: Die positiven Auswirkungen der kommunalen Wärmeplanung beschränken sich nicht nur auf die Gemeinden vor Ort, sondern auf die gesamte Energiewende. Die einzelnen kommunalen Wärmepläne können zu regionalen, landesweiten und bundesweiten Wärmestrategien zusammengefasst werden. Umgekehrt können übergeordnete Ziele der Landesregierungen und des Bundes auf die kommunale Ebene heruntergebrochen werden, um eine ganzheitliche Wärmeversorgung zu fördern.
Die Klimaziele der Bundesregierung haben einen anspruchsvollen Zeitplan für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung gesetzt. Die kommunale Wärmeplanung kann dazu beitragen, ein nachhaltiges Energiesystem in Deutschland aufzubauen. Die neuen Vorgaben auf Bundesebene sowie die Erfahrungen aus Dänemark und Baden-Württemberg bieten wertvolle Leitlinien für die Entwicklung und Umsetzung von Wärmeplä-nen auf kommunaler Ebene. Mit Hilfe der Wärmeplanung können deutsche Städte und Gemeinden eine zuverlässige und nachhaltige Wärmeversorgung gewährleisten, koordinierte und effiziente Investitionsentscheidungen unterstützen und gleichzeitig einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz leisten.
1 Umweltbundesamt, AG Energiebilanzen, 2023
2 Umweltbundesamt, 2023
3 Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, 2023
4 Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, 2023
2 Umweltbundesamt, 2023
3 Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, 2023
4 Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, 2023
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