Die offensichtlichen Lösungen muss man vermeiden
Eckhard Gerber spricht im Interview über die Braunschweiger Schule, Topografie und Jazzmusik.
Text: Schade-Bünsow, Boris, Berlin
Die offensichtlichen Lösungen muss man vermeiden
Eckhard Gerber spricht im Interview über die Braunschweiger Schule, Topografie und Jazzmusik.
Text: Schade-Bünsow, Boris, Berlin
Das habe ich mich auch schon gefragt. Vielleicht habe ich einfach eine Affinität zum Bauen.
Am meisten prägte mich wohl, dass man sich immer wieder mit immer neuen Aufgaben auseinandersetzt.
Das kann man eigentlich an jedem unserer Projekte sehen, nur manchmal, ganz selten, gibt es ein Projekt, wo ein kleiner Strickfehler enthalten ist. Die Gebäude müssen erfahrbar sein. Am besten ist es, wenn man sie bereits von außen zum ersten Mal erleben kann und dadurch schon weiß, wie sie strukturiert sind und wie sie innen funktionieren.
Ganz deutlich ist dies beim Harenberg Haus in Dortmund. Man steht davor und sieht den Aufzug, der aus der Glashalle heraustritt und diese mit dem zweiten Gebäudeteil verbindet. Man weiß dann genau, dass man in die Halle hinein muss, dass dort der Eingang ist. Und man fährt mit dem Aufzug, den man schon gesehen hat, in die einzelnen Geschosse.
Die intensive Auseinandersetzung mit dem gegebenen Programm, der richtigen Zuordnung der Räume, aber auch die Auseinandersetzung unter unseren Lehrern. Friedrich Wilhelm Kraemer hat uns gesagt: „Macht gerade Gänge, weil das eine schöne Orientierung gibt“. Dann hat Zdenko Strizic erwidert: „Lieber Kollege Kraemer, es gibt keine Gänge.“ Und der Kraemer entgegnete: „Wieso gibt es keine Gänge? Wir kommen doch nicht ohne Gänge aus, im Verwaltungsbau.“ Es gibt keine Gänge, das war didaktisch, pädagogisch.
Ja, das ist haften geblieben. Man muss eben immer sehen, dass es keine Gänge sind, sondern fließende Räume, das ist wichtig.
Vielleicht die Bibliothek in Riad.
Ursprünglich war eine neue Bibliothek vorgesehen, das wurde verworfen. Dann gab es einen Wettbewerb für eine Erweiterung der alten Bibliothek. Wir haben den Altbau gelassen wie er war und haben ihn einfach umbaut. Das war die wichtige Kernidee, die unser Konzept ausmachte. Damit haben wir gewonnen.
Die Topografie kann ein spannendes Konzept verlangen. Das ist viel besser als eine ebene Fläche. Das sehen nicht alle so, manche denken, jetzt habe ich leider so ein schräges Gelände, das ebne ich erst mal ein und stelle da das Haupthaus drauf. Das ist natürlich vollkommen falsch. Man muss aus der Besonderheit der Topografie die Besonderheit des Entwurfs entwickeln.
Ich will nicht sagen im Speziellen zu meiner Architektur, aber zur Architektur allgemein schon. Musik ist eine unglaublich komplexe Kunst. Das ist in der Architektur ähnlich. Ich habe mich mit der Jazzmusik intensiv beschäftigt. Da gibt es die Freiheit der Improvisation im Rahmen der Harmonie der Chorusfolge. Das ist wunderbar.
Ich weiß ja, wenn ich anfange zu entwerfen, auch nicht was ich mache. Da fühle ich mich frei. In der Improvisation muss man immer im Rahmen der Harmoniefolgen spielen. Wenn man davon abweicht, dann wird alles ganz falsch. Das ist in der Architektur dasselbe. Man muss schon in der Struktur denken, aber sich frei fühlen, bis man dann zu einer Aussage kommt. Das ist letzten Endes auch so bei der Improvisation.
Wenn es ein Geheimnis gäbe, würde ich das vielleicht gar nicht verraten. Ich bin immer auf der Suche danach, nur die Wettbewerbe zu machen, die wir auch gewinnen können. Das ist mir bis heute aber nicht gelungen.
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