Bauwelt

In die Enge getrieben

Text: Landes, Josepha, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

In die Enge getrieben

Text: Landes, Josepha, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Der Raum in Städten ist knapp und noch immer drängen Menschen hinein in die Ballungszentren. Politiker sehen sich in der Bredouille, Investoren wittern die Gelegenheit, die anhaltende Nachfrage zu „verstauen“. Dabei müssen sie nicht einmal sonderlich kreativ werden, denn große Wohnungen hinterließ die Gründerzeit – sie sind beliebt, begehrt, belegt.
Der Blick auf eine Erhebung des Statistischen Bundesamts (Destatis) von 2019 macht klar, wie wenige Menschen diese großen Wohnungen tatsächlich brauchen: Über 40% der deutschen Haushalte bestehen aus einer Person, ein Drittel sind Paare ohne Kinder. Diese Tendenz verfestigt sich seit 1970. Eine marginale Gruppe ist das nicht. Das Problem ist die Verteilung. Wenn Familien keinen Raum finden, sich zu vergrößern, dann liegt das mithin auch daran, dass imposante Wohnungen unterbelegt sind. In Berlin etwa kamen 2020 auf 752.000 Haushalte mit drei oder vier Personen 993.464 entsprechende Wohnungen. Es könnte reichen. Dem gegenüber fehlen am Markt allerdings kleine Wohnungen, ihre Klientel greift also nach den im Prinzip zu großen.
Das knappste Gut: die Zweiraumwohnung, attraktiv für Pärchen und Singles. Man könnte nun also hurtig solche bauen, ein gewinnversprechendes Unterfangen. Doch sie müssen überzeugen, denn es scheint nur so, als gäben die Leute sich mittlerweile schnell zufrieden. Zufriedengeben müssen sich immer nur Jene, denen nichts anderes übrig bleibt. Zahlungskräftige Kleinhaushalte können sich lässig auf großem Fuß einrichten. Auch für sie müssen kleine Wohnungen Anreiz bieten, damit ein Umverteilen stattfinden kann – und hier ist nicht die Rede von Luxusapartments, sondern von Architektur.
Die Pro-Kopf-Wohnfläche in Deutschland liegt derzeit bei 47 Quadratmetern. Die Krux ist: Wenn daraus nicht mehr gemacht wird als Kühlschrank-Bett-Fenster, dann sind nicht nur diese kleinen Wohnungen verdammt zum „Kaninchenkäfigdasein“, sondern auch Familien werden weiterhin Probleme haben, in ihren Kiezen zu bleiben.

Maßstabsfragen

In der Stadt einen Neubau zu errichten, kann eine Chance bieten, sich entwerferisch auf die Umgebung einzulassen. Vor ihren Toren scheint dagegen die Freiheit zur Selbstgenügsamkeit größer. Doch je nach Aufgabe können auch hier abstrakte Analogien und konkrete Ortsbezüge die Planung bereichern. Zwei Neubauten in London und am Rand von Sassuolo bieten völlig verschiedenen Funktionen Raum – und stehen doch für einen ähnlichen Entwurfsansatz, der sich in den Resultaten widerspiegelt.

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