Bauwelt

Raus aus den Schützengräben

„Miteinander statt gegeneinander“ hieß das Motto des 10. Tages der Immobilienwirtschaft. Die Branche hat begriffen: Die Kritiker der entfesselten Märkte sind ernst zu nehmende Mitspieler

Text: Brensing, Christian, Berlin

Raus aus den Schützengräben

„Miteinander statt gegeneinander“ hieß das Motto des 10. Tages der Immobilienwirtschaft. Die Branche hat begriffen: Die Kritiker der entfesselten Märkte sind ernst zu nehmende Mitspieler

Text: Brensing, Christian, Berlin

Zum zehnten Mal lud der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) zum jährlichen „Tag der Immobilienwirtschaft“ nach Berlin. Selten standen die Interessen des Verbands und seiner Mitglieder so im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung: Der Mietendeckel, Fragen um Enteignung und Vergesellschaftung von Immobilien oder das Erreichen von Klimazielen brennen vielen unter den Nägeln. So kamen Ende Juni mehr als 2000 Teilnehmer in die Verti Music Hall und dokumentierten die Bedeutung der Immobilienwirtschaft in Deutschland: Die rund 3 Millionen Erwerbs­tätigen der Branche, inklusive Architekten und Ingenieure, tragen mit 18 Prozent der Bruttowertschöpfung (circa 500 Milliarden Euro, 2015) einen beachtlichen Teil zur Volkswirtschaft bei.
Der Dialog unter den Mitgliedern, aber vor allem mit der Politik und anderen Interessensverbänden stand unter dem verbindenden Motto des Kongresses „Miteinander statt gegeneinander“. ZIA-Präsident Andreas Mattner war sichtlich um einen Ausgleich zwischen den Lagern bemüht und bekannte freimütig, dass es das eine oder andere „schwarze Schaf in unserer Branche gibt“. So diskutierte Mattner etwa mit Ulrich Ropertz, dem Geschäftsführer des Deutschen Mieterbunds, über neue Verhaltensregeln im Umgang zwischen Mietern und Vermietern. Andere hingegen ließen sich gar nicht auf eine Diskussion ein. So zogen es die Mitglieder des „Bündnisses gegen Verdrängung und #Mietenwahnsinn“ vor, die Einladung zum Kongress auszuschlagen und lieber extern zu protestieren.
Die Brisanz, die der Diskussion um die Nutzung, die gerechte Verteilung und das Schaffen von Raum vor allem zum Wohnen, aber auch zum Arbeiten innewohnt, beschwor Ralph Brinkhaus, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, in seinem Grußwort. Seine Mahnung: „Es ist un­sere größte Herausforderung, dass uns dieses Land nicht auseinanderbricht.“
Der Vormittag war geprägt von einer breiten Diskussion um die Zukunftsfähigkeit der gebauten Umwelt. Unter der Moderation von Martin Rodeck, dem Vorsitzenden des ZIA Innovation Think Tank, wurden in der sogenannten Innovationsschmiede Themen von der Mobilität über die Evolution digitaler Ökosysteme bis zur Energieversorgung im Quartier der Zukunft vorgestellt und debattiert. Eindringlicher Appell des Architekten Eike Becker: „Klimakatastrophe, digitale Revolution – in den Städten entscheidet sich jetzt so ziemlich alles. Die Akteure müssen raus aus ihren Schützengräben und schlau zusammenarbeiten. Nur Sorgen machen und reden reicht nicht mehr!“
Den Nachmittag beherrschte eine Phalanx politischer Repräsentanten. Obwohl Horst Seehofer und Peter Altmaier ihre Teilnahme wegen der Debatte im Bundestag anlässlich des Mordes am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübke kurzfristig abgesagt hatten, bezogen Staatssek­retärin Anne Katrin Bohle (Bundesministerium des Inneren für Bau und Heimat) und ihr Kollege Oliver Wittke (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) eindeutig Stellung zu divergierende Kräften, die unser Zusammenleben erschweren, ja: unsere Gesellschaft bedrohen. Aber neben moralischen Appellen gab es auch praktische Handlungsanweisungen etwa an die Kommunen im Kampf um bezahlbaren Wohnraum.
Im Vorfeld des Tages der Immobilienwirtschaft hatte der ZIA eine Umfrage beauftragt, wie
es um die Stellung der Öffentlichkeit zu den dringendsten Problemen der Wohnungswirtschaft steht. Aus dieser geht hervor, dass die Mehrheit der Befragten von politisch motivierten Schnellschüssen nicht überzeugt ist. „Investoren spielen für die Stadtentwicklung eine entscheidende Rolle. Ohne privatwirtschaftliches Engagement werden wir die Aufgaben der Zukunft nicht stemmen können. Daher sollte es bei der Schaffung von neuen Räumen für das Wohnen, das Arbeiten und das Leben immer darum gehen, wie wir gemeinsam – Privatwirtschaft und öffentliche Hand – schneller und kostengünstiger Bauen können“, fasste ZIA-Präsident Andreas Mattner den Auftrag zusammen, den die Branche daraus ableitet.

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