Bauwelt

Zu wenig roter Platz

Eine materialreiche Ausstellung der staatlichen Museen Berlin zum Design im sozialistischen Ost­europa platzt aus den Nähten

Text: Hamm, Oliver G., Berlin

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    Exponate, dicht gedrängt: Blick in die Ausstellung.
    Foto: Staatliche Museen zu Berlin/David von Becker

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    Exponate, dicht gedrängt: Blick in die Ausstellung.

    Foto: Staatliche Museen zu Berlin/David von Becker

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    Geschlossene Gesellschaft: Der Kongresssaal im Karlsbader Hotel Thermal, 1977
    Foto: Jaroslav Franta

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    Geschlossene Gesellschaft: Der Kongresssaal im Karlsbader Hotel Thermal, 1977

    Foto: Jaroslav Franta

Zu wenig roter Platz

Eine materialreiche Ausstellung der staatlichen Museen Berlin zum Design im sozialistischen Ost­europa platzt aus den Nähten

Text: Hamm, Oliver G., Berlin

Die erste Überblicksausstellung des Designs in Osteuropa von den 1950er bis 1980er Jahren und der aus diesem Anlass – nur in englischer Sprache – erschienene Katalog gewähren vielfältige Einblicke in bislang kaum bekannte Designlandschaften. Beispiele aus zehn Ländern des ehemaligen Ostblocks sowie aus Ex-Jugoslawien fügen sich zu einem ungemein reichhaltigen Gesamttableau des „Design for Socialist Spaces“.
Nicht weniger als 19 osteuropäische Ko-Kuratoren haben zusammen mit der Hauptkuratorin Claudia Banz in jahrelanger Recherchearbeit so viel Material zusammengetragen, dass daraus wohl gleich mehrere Ausstellungen bestückt werden könnten. Designaffine Institutionen aus der Ukraine, aus der Slowakei, aus Tschechien, Polen, Ungarn, Estland, Litauen, Slowenien und Kroatien sowie das Museum für Utopie und Alltag in Beeskow/Eisenhüttenstadt und das Kunstgewerbemuseum Berlin haben zahlreiche Objekte, Zeichnungen, Fotos, Filme, Bücher, Zeitschriften, Plakate und Dokumente zur Verfügung gestellt, denen am Kulturforum aber leider viel zu wenig Raum gegeben wird.
Wie insbesondere die Themencluster Design-Institutionen, Ausstellungen, Bildung, Netzwerke und Diskurse auf der Erschließungsfläche des Kunstgewerbemuseums zwischen den beiden Dauerausstellungsräumen für das Mittelalter und die Renaissance hineingequetscht wurden, das ist im wahrsten Sinne des Wortes unterirdisch. Zumal die dort ausgestellten Exponate nur zum geringen Teil unmittelbar beschriftet sind; in den meisten Fällen müssen Besucher erst ein Legendenverzeichnis in die Hand nehmen und die passende Erläuterung suchen – wenn sie überhaupt des benötigten Schriftwerks habhaft werden können.
Die kurzen Erläuterungstexte in der Ausstellung, die im Katalog durch mehr als zwei Dutzend Aufsätze wesentlich vertieft und ergänzt werden, widmen sich zahlreichen Einzelaspekten im Spannungsfeld zwischen den Visionen einer besseren Welt, den Planungszwängen im Sozialismus und dem regen fachlichen Austausch auch über Ländergrenzen und gar über den „Eisernen Vorhang“ hinweg. Herzstück der Berliner Schau ist ein Raum in der Sonderausstellungshalle des Kulturforums, der vom Kunstgewerbemuseum über einen Verbindungsgang erreicht werden kann. Dort wurden, wie in einem Schatzkästchen, insgesamt elf länderspezifische Kojen – eine davon ist dem sowjetischen Design vorbehalten – mit jeweils einem Thema aus dem öffentlichen und aus dem privaten Raum eingerichtet.
Zwei dieser Kojen vermögen besonders zu beeindrucken: Einerseits die dem brutalistischen Hotel Thermal in Karlsbad (1964–1977; die Architekten und Designer waren Věra Machoninová und Vladimír Machonin) und seiner sehr differenzierten, zum Teil an Verner Panton erinnernden Inneneinrichtung gewidmete. Und andererseits die ukrainische Koje, in der Werke sowohl der Architektenfamilie Karakis – Vater Iossif entwickelte in seinem Spätwerk visionäre Wohnprojekte, die er in farbenprächtiger Mischtechnik darstellte, Tochter Irma reüssierte als Innenarchitektin und Möbeldesignerin – als auch zahlreiche Glasgemälde diverser Künstler ausgestellt werden; letztere leider vierreihig in Petersburger Hängung und bei recht schwacher Beleuchtung, was dem genauen Studium der sehr individuellen Kunstwerke abträglich ist.
In der Sonderausstellungshalle müssen Besucher zu einer 64-seitigen Broschüre greifen, wenn sie sich nicht nur am Schauwert der Exponate ergötzen, sondern sich mittels Legenden auch über deren Hintergründe informieren wollen. Es wäre zu wünschen, dass bei künftigen Designausstellungen Legenden wieder dort angebracht würden, wo sie hingehören: in unmittelbarer Nähe der ausgestellten Objekte.

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