Kohlenbunker in Gelsenkirchen
1927 von Schupp und Kremmer erbaut, war das Kohlenbunkerensemble der Zeche Nordstern mit Sicherheit nicht als Aushängeschild für die „umweltaffine“ Stadt Gelsenkirchen geplant. 100 Jahre später soll es genau das werden.
Text: Wischeropp, Marie-Lena, Berlin
Kohlenbunker in Gelsenkirchen
1927 von Schupp und Kremmer erbaut, war das Kohlenbunkerensemble der Zeche Nordstern mit Sicherheit nicht als Aushängeschild für die „umweltaffine“ Stadt Gelsenkirchen geplant. 100 Jahre später soll es genau das werden.
Text: Wischeropp, Marie-Lena, Berlin
Für den symbolischen Wandel von „schwarzer“ zu „grüner“ Energie plant die Stadt Gelsenkirchen die Transformation des Kohlenbunkerensembles im Nordsternpark. Im Rahmen der Internationalen Gartenausstellung (IGA) Metropole Ruhr 2027 sollen die ausgedienten Industriebauten zu einem Veranstaltungsort mit Gastronomie- und Kulturnutzung werden. 30 Jahre nach der Bundesgartenschau 1997 wird damit die Umwandlung des ehemaligen Zechengeländes wieder aufgenommen, für die das Bundesbauministerium sechs Millionen Euro Fördermittel zur Verfügung stellt.
Der Wettbewerb für die Revitalisierung der drei Gebäudekörper, von denen keiner unter Denkmalschutz steht, soll durch umweltbewusste Konzepte zur Klimafolgenanpassung beitragen und Perspektiven für den Umgang mit industriellen Großstrukturen aufzeigen. An dem Realisierungswettbewerb, den die Stadt Anfang des Jahres auslobte, beteiligten sich 16 Teilnehmer.
Der viergeschossige Kohlenbunker soll als zentrales Bauwerk auf der künstlichen Insel zwischen Emscher und Rhein-Herne-Kanal zum „Greentower“ umgebaut werden – mit Dachterrasse und Fassadenbegrünung. Um den ursprünglichen Zweck der Anlage nicht zu verbergen, setzte die Auslobung voraus, dass die raumgreifenden Trichter des Kohlebunkers wieder als Speicher genutzt werden. Doch Kohle ist nicht mehr die Befüllung der Wahl – künftig sollen die Tanks Wasser fassen, das sowohl zur Energiegewinnung als auch zur Bewässerung der begrünten Fassade und der umgebenden Parklandschaft dienen wird.
Gernot Schulz Architektur konnte unter anderem durch die überraschende Zweckentfremdung von einem der insgesamt acht Kohletrichter zum Treppenhaus die Jury für sich gewinnen: Das Kölner Büro erhielt gemeinsam mit den Landschaftsarchitekten urbanegestalt den ersten Preis. Sie schlagen vor, die Klinkerschale zu erhalten und den standortprägenden Kohlenbunker mit seinem prägnanten monolithischen Charakter durch eine Gerüststruktur an der Westfassade und auf dem Dach zu ergänzen. Die Konstruktion ermöglicht unterschiedliche Arten der Fassadenbegrünung und die Unterbringung der weiteren Erschließung. Zur Verknüpfung zwischen Innen- und Außenraum und der Inszenierung der Trichter, die zugleich Projektionsfläche sein sollen, wollen die Architekten die Ostfassade großzügig öffnen und verglasen.
Ein weiteres Relikt der Großkokerei, für das ein kreativer Lösungsansatz gefragt war, ist die Bandbrücke, die mit einer Länge von 175 Metern das Verbindungselement zwischen Bunker und Kohlenmischanlage bildet und die Emscher überspannt. Die Preisträger interpretieren sie als „Energiebrücke“, die optional von der Dachterrasse aus begehbar ist und an der Photovoltaik-Elemente angebracht werden könnten.
Die Mischanlage soll zu einer Gärtnerei umgenutzt werden, die als „grünes Labor“ Bestandteil der Ausstellung ist, die die Themen Urban Farming und Indoor Gardening veranschaulicht. Berücksichtigt werden musste bei den Entwürfen, dass der Umbau über den Veranstaltungszeitraum hinaus nutzbar sein soll. Nach Ende der IGA könnten Maschinen- und Produktionsräume einziehen. Gernot Schulz Architektur überzeugte die Jury mit einem Raumkonzept, das eine solche flexible Weiternutzung ermöglicht, aber auch durch gezielte Deckenausschnitte und großflächige Fensteröffnungen.
Der mit dem zweiten Preis ausgezeichnete Entwurf von sehw Architektur aus Berlin schlägt für den Kohlenbunker ein beigestelltes begrüntes Bauwerk aus Stahl vor, das den Gebäudebestand überhöht und eine starke Fernwirkung hat. Beim drittplatzierten Entwurf von h4A Gessert + Randecker + Legner dominiert weniger der Kohlenbunker, für dessen unteren Bereich der Rückbau auf das Stahlskelett vorgesehen ist, als vielmehr die ehemalige Kohlenmischanlage. Dort zieht eine auffällige Intervention in Form einer Stahlglasdachkonstruktion die Blicke auf sich, die die gestaffelte Kubatur des Baukörpers komplettiert.
In die Verhandlungen über die finale Umsetzung des Projektes sollen alle drei Büros einbezogen werden. Womit zumindest klar wäre: Die „grüne“ Aufgabenstellung dürfte in rotem Stahl ausgeführt werden – eine Gemeinsamkeit der drei Entwürfe, die die Verhandlung womöglich beschleunigt.
Nichtoffener Realisierungswettbewerb
Nichtoffener Realisierungswettbewerb
1. Preis (40.000 Euro) gernot schulz : architektur, Köln, mit urbanegestalt, Köln
2. Preis (25.000 Euro) sehw Architektur, Berlin, mit Henningsen Landschaftsarchitekten, Berlin
3. Preis (15.000 Euro) h4a Gessert + Randecker + Legner, Düsseldorf
2. Preis (25.000 Euro) sehw Architektur, Berlin, mit Henningsen Landschaftsarchitekten, Berlin
3. Preis (15.000 Euro) h4a Gessert + Randecker + Legner, Düsseldorf
Anerkennung (8.000 Euro) Bruno Fioretti Marquez, Berlin, mit Studio Vulkan Landschaftsarchitektur, Zürich Anerkennung (8.000 Euro) augstinundfrank/winkler Architekten, Berlin, mit COQUI MALACHOWSKA COQUI Städtebau Landschaftsarchitektur, Berlin
Anerkennung (8.000 Euro) kleyer.koblitz.letzel.freivogel, Berlin, mit bbz landschaftsarchitekten, Berlin
Anerkennung (8.000 Euro) kleyer.koblitz.letzel.freivogel, Berlin, mit bbz landschaftsarchitekten, Berlin
Fachpreisgericht
Horst Fischer, Dagmar Grote, Jan Kampshoff, Ingo Kanehl, Thorsten Kock (Vorsitz), Juliane Kopperschmidt, Judith Kusch, Heiner Luz
Horst Fischer, Dagmar Grote, Jan Kampshoff, Ingo Kanehl, Thorsten Kock (Vorsitz), Juliane Kopperschmidt, Judith Kusch, Heiner Luz
Ausloberin
Stadt Gelsenkirchen
Stadt Gelsenkirchen
Vehrfahrensbetreuung
post welters + partner, Dortmund
post welters + partner, Dortmund
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