Bauwelt

Avantgarde in Eichstätt

Als „eine Architekturwelt für sich, der nichts Vergleichbares in Deutschland an die Seite gestellt werden kann“, hat Winfried Nerdinger die Eichstätter Bauten von Karljosef Schattner charakterisiert.

Text: Stock, Wolfgang Jean, München

  • Bilderliste
    • Social Media Items Social Media Items

    Eichstätter Barock: Blick zur Schutzengelkirche am Leonrodplatz, rechts der Ulmer Hof, von Schattner zur Bibliothek umgebaut.
    Foto: Klaus Kinold

    • Social Media Items Social Media Items
    Eichstätter Barock: Blick zur Schutzengelkirche am Leonrodplatz, rechts der Ulmer Hof, von Schattner zur Bibliothek umgebaut.

    Foto: Klaus Kinold

  • Bilderliste
    • Social Media Items Social Media Items

    Auditoriumsgebäude der Universität
    Foto: Klaus Kinold

    • Social Media Items Social Media Items
    Auditoriumsgebäude der Universität

    Foto: Klaus Kinold

  • Bilderliste
    • Social Media Items Social Media Items

    Während des Umbaus des Alten Waisenhauses für die Universität ...
    Foto: Klaus Kinold

    • Social Media Items Social Media Items
    Während des Umbaus des Alten Waisenhauses für die Universität ...

    Foto: Klaus Kinold

  • Bilderliste
    • Social Media Items Social Media Items

    ... wurde dessen ursprüngliche Struktur aus zwei Einzelgebäuden kurzzeitig wieder sichtbar.
    Foto: Klaus Kinold

    • Social Media Items Social Media Items
    ... wurde dessen ursprüngliche Struktur aus zwei Einzelgebäuden kurzzeitig wieder sichtbar.

    Foto: Klaus Kinold

  • Bilderliste
    • Social Media Items Social Media Items

    Das Treppenhaus im Hof.
    Foto: Klaus Kinold

    • Social Media Items Social Media Items
    Das Treppenhaus im Hof.

    Foto: Klaus Kinold

  • Bilderliste
    • Social Media Items Social Media Items

    Nachbarschaften: Das Material Aluminium für die Fassade der Mensa spielt auf die benachbarte Bibliothek von Behnisch an, ...
    Foto: Klaus Kinold

    • Social Media Items Social Media Items
    Nachbarschaften: Das Material Aluminium für die Fassade der Mensa spielt auf die benachbarte Bibliothek von Behnisch an, ...

    Foto: Klaus Kinold

  • Bilderliste
    • Social Media Items Social Media Items

    ... die Streifengliederung auf die Putzfassaden des barocken Eichstätt.
    Foto: Klaus Kinold

    • Social Media Items Social Media Items
    ... die Streifengliederung auf die Putzfassaden des barocken Eichstätt.

    Foto: Klaus Kinold

Avantgarde in Eichstätt

Als „eine Architekturwelt für sich, der nichts Vergleichbares in Deutschland an die Seite gestellt werden kann“, hat Winfried Nerdinger die Eichstätter Bauten von Karljosef Schattner charakterisiert.

Text: Stock, Wolfgang Jean, München

Diese Erinnerung an den langjährigen Diözesanbaumeister verbindet sich mit der Frage nach seinem Erbe.
Audimax der Universität Eichstätt-Ingolstadt, 21. Juni 2024. Mehrere hundert Menschen haben sich zu einem Festakt versammelt, um Karljosef Schattner zu seinem 100. Geburtstag zu ehren. Die Universitätspräsidentin würdigt den Architekten der Hochschule, der Bischof das international geschätzte Lebenswerk des Diözesanbaumeisters, der Oberbürgermeister den Ehrenbürger der Stadt Eichstätt. Zum „Festvortrag“ hat man den Autor dieser Zeilen eingeladen. Der original erhaltene Saal bildet den genau richtigen Ort für Dank und Lob: Von Schattner zusammen mit Josef Elfinger 1965 als Herzstück der neuen Hochschulanlage vollendet, zeigt er als frühes Werk des Meisters dessen Verbindung von Tradition und Moderne, von Beton und Glas mit einer Rückwand aus kunstvoll gelegten Bruchsteinen. Der Raum wirkt auch durch seine guten Proportionen so „wohnlich“, dass er zum Abschluss der Feier das Podiumsgespräch mit langjährigen Mitarbeitern von Schattner sichtlich stimuliert.
Eichstätt, die zweitkleinste Hochschulstadt in Europa (noch kleiner ist Camerino in Mittel-italien), kann nicht klagen: Aufgrund ihrer Wirtschaftskraft samt Vollbeschäftigung und der wachsenden Ausstrahlung ihrer Universität ist sie eine prosperierende Gemeinde. Das war über einen langen Zeitraum hinweg ganz anders. Die entscheidende Zäsur in der wechselvollen Stadtgeschichte bewirkte die Säkularisation am Anfang des 19. Jahrhunderts, die den bisherigen Fürstbischof dann Haus und Herrschaft kostete. Damals setzte Eichstätts rapider Niedergang ein. Die Stadt verarmte derart, dass von bayerischen Beamten die Versetzung nach Eichstätt als Strafaktion empfunden wurde. Erst mit der modernen Reiseschriftstellerei wurden die Schätze und Schönheiten des entmachteten Bischofssitzes wiederentdeckt. So ließ sich etwa Theodor Heuss 1942 vom „Gefühl der verzauberten Zeitlosigkeit“ ergreifen.
Die Eichstätter freilich hatten noch in den 1950er Jahren das Gefühl, in einer absterbenden Stadt zu leben. Fotografien aus dieser Zeit zeigen neben den alten Monumenten bröckelnde Fassaden, schiefe Dächer und blinde Fenster. Zwar war Eichstätt weder durch die Industrialisierung noch durch den Bombenkrieg beeinträchtigt worden. Doch gingen in der „Dornröschenstadt“, wie sie der Berliner Architektur-kritiker Günther Kühne nannte (Bauwelt 6.1981), zahlreiche schützenswerte Gebäude dem Ver-fall entgegen. Die Eichstätter Bürger und Bürgerinnen hätten es sich vor achtzig Jahren gewiss nicht träumen lassen, dass ihr Ort einmal mit Weltstädten der Architektur in einem Atemzug genannt werden würde.
Neue Architektur als Glücksfall
Ein Glücksfall war deshalb 1958 der Beschluss derbayerischen Bischöfe, in Eichstätt eine Pädagogische Hochschule einzurichten, die später zur Universität erhoben wurde. Mit dem Lehrbetrieb kam neues Leben in die Stadt. Zugleich war die Hauptfrage der Denkmalpflege beantwortet, für sanierungsbedürftige Bauten auch vernünftige neue Nutzungen zu finden. Ohne die Hochschu-le als Motor der Entwicklung hätte Eichstätt nachden Baumeistern des Mittelalters und den bedeutenden Architekten des Barock nicht zum dritten Mal einen Höhepunkt seiner Baukunst erreicht.
Der erste Glücksfall verband sich nämlich mit einem zweiten. 1957 war Karljosef Schattner zum Diözesanbaumeister berufen worden. Schonsehr früh war er seiner Zeit weit voraus. Als 1975 beim Europäischen Denkmalschutzjahr gefordert wurde, der Vergangenheit eine Zukunft zu geben, war dieser Appell in Eichstätt überflüssig. Bereits Mitte der 1960er Jahre hatte das Diözesanbauamt damit begonnen, schadhafte Denkmäler für neue Aufgaben zu sichern. Und mehr noch: Schattner, dessen moderne Ergänzungen vielen Eichstättern zu weit gingen, hatte auch dafür gesorgt, dass der beschlossene Abriss alter Bauten wieder aufgehoben wurde. Neues Bauen in alter Umgebung wurde zu seinem Lebensthema.
Im Gespräch mit Schattner spürte man, dass er zu „seiner“ Stadt in einer ebenso kenntnisreichen wie liebevollen Beziehung stand. Billige Imitationen oder historisierende Kulissen wie andernorts sind in seinem Eichstätt nicht zu finden. Die erneuernde Erhaltung alter Bausubstanz betrieb Schattner weder als Dogmatiker noch im Sinne einer populären Mode. Die Grundlage seiner Entwürfe war eine genaue Analyse des Ortes. Eine Eichstätter Eigenart ist etwa der ständige Wechsel von Enge und Weite, der – wie er sagte – „einen Eindruck von Geräumigkeit“ entstehen lässt. Außerdem prägt viele Straßenzü-ge ein Pluralismus der Stile und Formen. Aus allem hatte Schattner den Schluss gezogen, dass der Respekt vor der historischen Überlieferung gerade nicht Nachahmung verlangt, sondern zeitgenössische Interpretation. Es kommt nicht auf Fassaden, Ornamente oder Farben an, sondern auf die Bewahrung der räumlichen Qualitäten, der gegebenen Proportionen und historischen Schichten. So hat Schattner auch traditionelle Elemente wie Portale, Erker, Spaliere oder die Streifengliederung neu gefasst und in modernen Materialien auf ihren Gestaltkern zurückgeführt. Erst in der Spannung zwischen Alt und Neu, erst im Kontrast der Zeiten bildet sich gute Architektur. Deshalb hat Schattner immer wie-der proklamiert: „Die Gegenwart leugnen hieße die Geschichte leugnen.“
Dass das Weiterbauen an Eichstätt zu seiner Lebensaufgabe wurde, hatte sich für Schattner gleichsam zufällig ergeben. 1924 in der Nähe von Magdeburg an der Elbe geboren, war er bei Kriegsende schwer verwundet worden. Nach seiner Genesung besuchte er Ende 1945 zum ersten Mal Eichstätt und lernte hier seine spätere Frau kennen. So pendelte er dann jahrelang zum Architekturstudium nach München. Eigentlich, wegen schlechter Schulnoten, hätte er gar nicht Architektur studieren dürfen. Doch Hans Döllgast erkannte bei der Eignungsprüfung seine Qualitäten und machte ihm den Weg an die Münchner Technische Hochschule frei: „Wenn einer unbedingt Architektur studieren will, dann soll er auch.“
Döllgast wurde nicht nur zu seinem Förderer, sondern auch zu seinem Lehrmeister, wie Schattner betont hat: „Von ihm habe ich gelernt, dass man als Architekt vor allem Eigensinn braucht.“ Von Döllgast, dem besonders die schöpferische Wiederherstellung der Münch-ner Alten Pinakothek zu verdanken ist, übernahm Schattner denn auch den Grundsatz, alte Gebäude nicht glatt und perfekt zu restaurie-ren, sondern mit den Mitteln der eigenen Zeit zu reparieren. Historische Spuren an einem Bauwerk dürften „nicht verschliffen werden“, sagte er. Wer solche Spuren tilge, täusche einen Zustand vor, der vom Leben beseitigt wurde. Imitierte Vergangenheit könne allenfalls als touristische Attraktion taugen. Schattner hat auch im Sinne von Hermann Muthesius entworfen, der als Mitgründer des Deutschen Werkbundes schon 1902 festgestellt hatte, dass es „ein höheres Ziel ist, zu schaffen als nachzuempfinden, und dass es vor den Augen der Nachwelt dem Geiste unserer Zeit am besten entsprechen wird, wenn wir selbständige Werke statt historischer Maskeradenscherze hinterlassen.“
Bauherr Kirche
Weil aber, wie Schattner in seiner Dankrede zur Verleihung der Tessenow-Medaille formuliert hat, Kultur über Sensibilisierung entsteht und diese „über Fingerübungen und nicht über das Reden“, kommt hier sein Bauherr ins Spiel, die katholische Kirche. Im Unterschied zu den meist anonymen Gremien, die heutzutage über öffentliches Bauen entscheiden, hatte es Schattner mit leibhaftigen Personen zu tun: mit einem Bischof, einem Finanzdirektor, mit einzelnen Domherren. Diese Personen verkörperten außerdem Kontinuität, weil sie von politischen Wahlen unabhängig sowie vom Renditedenken frei sind. Entscheidend aber waren, darauf wies Schattner ausdrücklich hin, ihre Bereitschaft und Fähigkeit zur geistigen Auseinandersetzung. Baukultur kann eben nur dann entstehen, wenn die Diskussion zwischen Bauherr und Architekt Niveau hat.
Von Anfang an aufgeschlossen war auch die Landesdenkmalpflege. Da erst 1973 das bayerische Denkmalschutzgesetz in Kraft trat, war man bis dahin sogar aufeinander angewiesen. Die Behörde konnte Schattner und seinen Mitarbeitern umso mehr vertrauen, als ihnen eine eigene „Dombauhütte“ mit erfahrenen Handwerkern zur Verfügung stand. Daneben konnte das Bauamt auf Spezialbetriebe in der Region zurückgreifen. Solche Betriebe waren nicht nur in der Lage, industrielle Erzeugnisse handwerklich zu verarbeiten, worin Schattner eine wesentliche Voraussetzung für das Entstehen einer neuen Baukultur sah. Umgekehrt haben ihre Ideen auch manche Detaillierung der Bauten beeinflusst. Stets suchte Schattner die noch bessere Lösung: „Qualität entsteht nicht unter Zeitdruck. Qualität entsteht erst über Alternativen, und Alternativen brauchen Zeit und nochmals Zeit.“ Dabei hat er bewusst mit formalen Gegensätzen gearbeitet. Nicht aus Überheblichkeit oder Willkür, sondern um dem echten Alten mit echter Zeitgenossenschaft zu antworten. Deshalb verwende-te er Stahl statt Stein, Beton und Glas statt Mauerwerk, Lochbleche statt Holz. Bei der Großform seiner An- und Neubauten bevorzugte er streng geschnittene, klar gegliederte Körper, die sich wirkungsvoll von der barocken Plastizität der alten Bauten absetzen.
Diese Kunst der „Nahtstelle“ oder „Fuge“ mit dem distanzierenden Verbinden von alten und neuen Bauteilen, die als Schichtung auch quer durch ein Gebäude verlaufen kann, kennzeichnet die meisten der über zwei Dutzend Bauten, die Karljosef Schattner in den nicht weniger als 35 Jahren seiner Tätigkeit als Diözesan- und Universitätsbaumeister ausgeführt hat – von den ersten Hochschulbauten über den Ulmer Hof bis hin zum Alten Waisenhaus, das er vor dem Abbruch retten konnte. Er hat aber auch dafür gesorgt, dass gute Architektur nach Eichstätt importiert wurde. Er hat Wettbewerbe angeregt und seinen Einfluss geltend gemacht, welche Architekten zu Planungen eingeladen wurden. Beispiele dafür sind die Universitätsbibliothek von Behnisch und Partner oder die Sprachheilschule aus dem Büro von Eberhard Schunck.
Vor zwanzig Jahren, beim Festakt zum 80. Geburtstag von Karljosef Schattner, hat sein Mitarbeiter Karl-Heinz Schmitz das Wesen des Jubilars sehr treffend umschrieben: „Leidenschaft für den Beruf, Eigensinn und Unbestechlichkeit, Lust an Konfrontation, Respekt vor Qualität, Offenheit für Neues, Ortsgebundenheit und Weltoffenheit, Sinn für Humor, Abneigung gegen das Mittelmaß, Lust am Leben und Gottesfurcht anstatt Menschenfurcht.“
Schattners Erbe
Das Werk des vielfach ausgezeichneten Architekten ist nicht nur weitgehend original erhalten – zu den Ausnahmen zählt die zuvor elegante Mensa, die durch einen angebauten Aufzug entstellt wurde. Sein Werk ist auch ausführlich dokumentiert, vor allem in der erweiterten Neuauflage des Buches „Karljosef Schattner – Ein Architekt aus Eichstätt“ von Wolfgang Pehnt (Stuttgart 1999). Wenn man aber von Lehrkräften aus den Hochschulen hört, dass große Meister der neueren Moderne wie etwa Herman Hertzberger oder Sigurd Lewerentz der jungen Generation nicht mehr geläufig sind, dann stellt sich erst recht die Frage, was von Schattner im Sinne eines architektonischen Erbes geblieben ist. Sind seine Entwurfsprinzipien der „Fuge“ oder „Nahtstelle“ noch aktuell? Gibt es inzwischen andere Ansätze beim neuen Bauen in alter Umgebung? Dazu haben wir fünf Experten befragt: drei ehemalige Mitarbeiter von Schattner sowie zwei Hochschullehrer.
Norbert Diezinger, der mit seinem eigenen Büro in Eichstätt geblieben ist, betont, dass er das Prinzip der Nahtstelle als Übergang zwischen Alt und Neu zwar verinnerlicht, aber auch hinterfragt habe: „Für mich ist dies beim Bauen im historischen Kontext nicht zwingend die einzige Lösung.“ Während es Schattner darauf angekommen sei, den Kontrast von Alt und Neu in Szene zu setzen, habe er beispielsweise bei der Aufstockung auf der Eichstätter Willibaldsburg die Nahtstelle zwar sichtbar gemacht, aber nicht inszeniert. Diezinger bedauert, dass sich „die Jungen primär an den Weltstars der Architektur“ orientierten – Schattner sei vielen nicht mehr bekannt. So befürchtet er, dass dessen „Tugenden“ wie handwerkliche Sorgfalt, ortsbezogenes Bauen und Liebe zum Detail immer mehr verloren gehen könnten.
Ähnlich äußert sich Karl-Heinz Schmitz, eme-ritierter Professor der Bauhaus-Universität Weimar, der von 1987 bis 1992 zusammen mit Schattner das Schloss Hirschberg im Altmühltal saniert und erweitert hatte. Er hat den Eindruck, „dass Schattners Arbeit keinen Bezugspunkt für die heranwachsende Generation“ biete: Die Diskontinuität zwischen Alt und Neu spiele für sie keine wichtige Rolle mehr. Einige Architekten hätten jedoch Schattners Strate-gie, „Altes und Neues mit einer Fuge auf Abstand zu halten, ohne dabei das Gefüge aus den Augen zu verlieren“, weitergeführt, etwa das Wiener Büro Jabornegg und Pálffy. Seine Tätigkeit bei Schattner hat auch Peter Brückner „sehr geprägt“. Das Prinzip der Fuge habe er allerdings zusammen mit seinem Bruder weiterentwickelt, zum Beispiel bei der Kirche St. Peter in Wenzenbach aus dem Jahr 2003: „Die neue Fassade zieht sich über das Neue und das Alte, verbindet und überlagert. Die Trennung ist nicht mehr komplett da, aber spürbar.“
Andreas Hild und Andreas Putz lehren an der TU München. Hild, der sich vor allem für eine „Umbaukultur“ einsetzt, verweist auf die Denkmalpflege im Sinne der Charta von Venedig: „Beim Umbau sind die allermeisten Denkmalpflegedoktrinen eher hinderlich. Vor diesem Hintergrund ist auch die Abkehr der Nach-Schattner-Generation von den Dogmen der Charta von Venedig zu lesen.“ Andreas Putz, Professor für neuere Baudenkmalpflege, betont Schattners „Feingefühl“ für präzise Nahtstellen: „Man spürt bei ihm, wieviel aus dem Bauen heraus, aus der Konstruktion gedacht wurde, auch aus dem handwerklichen Können im Umgang mit Material. Das fehlt uns heute, wo der Entwurf oftmals eher aus dem Bild gedacht wird – oder gleich ganz konzeptionell ohne Bezug zur Realität.“
Fazit: Im Rückblick erweist sich der Eichstätter Glücksfall als Sonderfall, weil die langjährige Konstellation aus Bauherr und Baumeister wohl einzigartig war. Der Schweizer Architekturkritiker Roman Hollenstein hat Schattner in historischer Perspektive als „Held der späten achtziger Jahre“ bezeichnet. Sein baukultureller Nachruhm wird bleiben, auch deshalb, weil er die Architekturwelt von Eichstätt weltberühmt gemacht hat. Leider wurde seine Entwurfshaltung oftmals schlecht interpretiert – man denke an die zahlreichen Epigonen mit aufdringlichen Fugen und klobigen Nahtstellen. Umso stärker leuchten weiterhin die Leistungen des Diözesanbaumeisters in der Hingabe an seine Stadt. Wolfgang Pehnt hat es treffend formuliert: „Schattner ist ohne Eichstätt nicht denkbar und Eichstätt nicht ohne Schattner.“
Fakten
Architekten Schattner, Karljosef (1924–2012)
Adresse Eichstätt


aus Bauwelt 21.2024
Artikel als pdf

0 Kommentare


loading
x
loading

24.2024

Das aktuelle Heft

Bauwelt Newsletter

Das Wichtigste der Woche. Dazu: aktuelle Jobangebote, Auslobungen und Termine. Immer freitags – kostenlos und jederzeit wieder kündbar.