Bauwelt

Wohn- und Gewerbeblock KPTN in Hamburg


Mit KPTN findet das nördliche Überseequartier der Hamburger HafenCity seinen Abschluss. Das Backstein-Ensemble vereint Wohnen, Gastronomie, Unterhaltung und Gewerbe. Für den Stadtteil könnte es den Aufbruch in eine lebendige Zukunft markieren.


Text: Landes, Josepha, Berlin


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    KPTN bildet den Abschluss des nördlichen Überseequartiers. Es ist eine Blockrandbebauung, die aus einem großen und einem kleinen „U“ besteht.
    Foto: Marcus Bredt

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    KPTN bildet den Abschluss des nördlichen Überseequartiers. Es ist eine Blockrandbebauung, die aus einem großen und einem kleinen „U“ besteht.

    Foto: Marcus Bredt

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    In der Schlucht zwischen den Gebäudeteilen von Nalbach + Nalbach (links) und blauraum befinden sich Freisitze. Der Weg hindurch führt zum „Über­seeboulevard“.
    Foto: Marcus Bredt

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    In der Schlucht zwischen den Gebäudeteilen von Nalbach + Nalbach (links) und blauraum befinden sich Freisitze. Der Weg hindurch führt zum „Über­seeboulevard“.

    Foto: Marcus Bredt

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    Die Fenster der Apartments, die zur Westseite an der Straße „Am Sandtorpark“ liegen, sind Spezialanfertigungen. Ein Lüftungsflügel neben dem Schiebeelement bietet auch bei geöffneter Klappe Schutz vor dem Lärm des Schifffahrtbetriebs.
    Foto: Marcus Bredt

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    Die Fenster der Apartments, die zur Westseite an der Straße „Am Sandtorpark“ liegen, sind Spezialanfertigungen. Ein Lüftungsflügel neben dem Schiebeelement bietet auch bei geöffneter Klappe Schutz vor dem Lärm des Schifffahrtbetriebs.

    Foto: Marcus Bredt

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    Der geförderte Mietwohnungsbau an der südwestlichen Ecke hat sieben statt der sechs Geschosse des höherpreisigen Segments.
    Foto: Marcus Bredt

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    Der geförderte Mietwohnungsbau an der südwestlichen Ecke hat sieben statt der sechs Geschosse des höherpreisigen Segments.

    Foto: Marcus Bredt

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    Das Innere des „großen U“ ist weiß, um bessere Lichtverhältnisse zu ermöglichen. Auf Erdgeschossniveau befindet sich im Kern Mieterkeller und eine Fahrradgarage.
    Foto: Marcus Bredt

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    Das Innere des „großen U“ ist weiß, um bessere Lichtverhältnisse zu ermöglichen. Auf Erdgeschossniveau befindet sich im Kern Mieterkeller und eine Fahrradgarage.

    Foto: Marcus Bredt

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    Foto: Marcus Bredt

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Kürzlich kam mir der Begriff „BoBo“ unter. Die zwei „Bo“ darin stehen für bourgeois-bohemian. BoBos sind Edel-Hipster. Ein BoBo strigelt seinen Schnurrbart, während der Hipster den Vollbart sprießen lässt. Hipster trinken Craft-Bier, BoBos Champagner. Zwar sind Abbilder beider sozio-ökonomischen Gruppen bemüht, wenigstens modisch ein Gegenbild zum Bankertypus zu kreieren, den BoBo aber hält sein Äußeres nicht davon ab, mit Geld sein Geld zu machen. Und so pass­te doch – wenn schon jung und aufbruchsgestimmt – er viel besser in die Hamburger HafenCity. So schien es jedenfalls noch in deren Anfangsjahren. Seit dem vergangenen Herbst aber findet sich ein Gebäude im nördlichen Überseequartier, dessen Signet kaum hipsteriger sein könnte: KPTN, ein Mixed-Use-Block, zu dessen Vermarktung der Eigentümer Dahler Company (DC Commercial) einen sonnenbebrillten Vollbart-Träger heranzog. Dieser KPTN-Hipster im Logo des Hauses will mit Pfeifchen im Mundwinkel auch ein bisschen Seemann sein, der KPTN-Block ein wenig Schiff – ein Dampfer, auf dem sich alle wohlfühlen können. Ein Kreuzfahrtschiff mit Läden, Kabinen, Entertainment und Sonnendeck. Ein Kreuzfahrtschiff allerdings, das keine Meereslebewesen verdrängt, keine Abga­se herauspustet und keine soziale Segregation fördert. Grundlage des Projekts war ein Wettbewerb im Jahr 2013.
KPTN ist ein fein gearbeiteter Klinker-Brocken. Ein massiges Gebäude, wie es die HafenCity-Leitplanung vorgab, und doch gelang es den Architekten, ihm mit abwechslungsreichen Fassaden eine Seele zu geben. Ein Einschnitt, der als kleiner Platz für Cafés dient, teilt den Block in ein großes U im Süden und ein kleines U im Norden, das an die Straße Am Sandtorkai grenzt.
Den Block haben die Hamburger blauraum Architekten entwickelt, von denen auch der Entwurf für den südlichen Gebäudeteil, das „große U“, stammt. Darin befinden sich über der Ladenzone im Erdgeschoss Wohnungen – sowohl geförderter Wohnungsbau mit einem Quadratmeterpreis von 8,50 Euro, als auch hochpreisige Einheiten von bis zu 24 Euro; das Spektrum reicht von der Ein- bis zur Vierzimmerwohnung. Die kleinsten Einheiten sind 45, die größten 120 Quadratmeter groß. Besonderes Augenmerk lag auf Studio-Apartments zur Westseite, die teilmöbliert auf den Markt kamen. Anders als zu erwarten war, werden die meisten von ihnen als Erstwohnungen genutzt – die Befürchtung, die „tote Stadt“ des frühesten Abschnitts der HafenCity „Am Sandtorkai/Dalmannkai“, fortzusetzen, könnte sich zerstreuen.

Vielfältiges Potenzial fürs Quartier

Das Überseequartier soll gemäß dem Masterplan das „quirlig urbane Herz“ der Hafencity werden, und das könnte gelingen. Nahversorgung, Aufenthaltsflächen, Bummelgelegenheiten und die Universität am Elbtor, außerdem Büros der angrenzenden Quartiere, bringen tagsüber Le­ben auf den „Überseeboulevard“. Damit auch die Abende im Quartier sich lohnen, wird vor allem der nördliche Abschnitt von KPTN wichtig sein. Darin sind ein Kino, eine Theaterbühne, ein Hotel und Kurzzeitwohnungen untergebracht. Entworfen haben ihn Nalbach + Nalbach aus Berlin. Das Kino hat Hans-Joachim Flebbe als „Erlebnisraum Kino“ initiiert. Der Gründer des Cinemaxx-Gesellschaft betreibt auch den Berliner Zoo-Palast. Das Hotel in den Geschossen darüber führen u.a. die Inhaber des „Miniatur Wunderland“. Es ist verspielt eingerichtet – in jenem Hipster-Stil, der in Hamburg genauso aufgeregt langweilig ist wie andernorts. Sehenswerter ist die Außenhaut.
Das „kleine U“ ist in scharf gebranntem dunkelrotem Stein, das große in orange-rot-changierendem gehalten. An beiden zeigt sich die Dankbarkeit des Baumaterials Backstein bei gekonnter Verwendung. Vollsteine, Riemchen, Reliefs, Sonderziegel fanden Eingang in die Gestaltung und bringen Abwechslung in die Flächen. Vie­-les zeugt von Präzisionsarbeit: Entlang der südlichen Fassade zur Tokiostraße ist kein Ziegel geschnitten. Zwar nutzen die Architekten im geförderten Bauabschnitt Riemchen statt Vollstei­ne, Kunststoff statt Alu- oder Holz-Alu-Fenster, die Detailierung zeigt dennoch Wertschätzung.
Die Süd-Fassade ist im Verhältnis von zwei zu eins aufgeteilt. Der kürzere Teil ist den gehobenen Mieteinheiten am westlichen Schenkel des „großen U“ zugehörig und bildet deren Sechsgeschossigkeit ab. Die übrige Fassade zeigt mit Balkonen und Fensteranordnung die sieben Geschosse des Sozialwohnungsbaus. Dies Art von Versprung gibt es auch an der Ostseite, zu den mittelpreisigen Einheiten. Allerdings dort ohne eine Änderung der Fenstertypen, wie zum Westen der Fall. Die hochpreisigen Wohnungen dort verfügen über Schiebefenster mit Lüftungsklappen, die Schallschutz auch beim Lüften gewährleisten. Balkone waren hier eigentlich nicht erlaubt – mit schmalen dreieckigen Austritte vor französischen Fenstern konnten die Planer dennoch ein Außen für die Appartments realisieren.
Wenngleich blauraum ab dem Bauantrag sowohl kleines als auch großes U planten, bleiben die Abschnitte eigenständig. Nalbach + Nalbachs Nicht-Wohnungsbau im Norden ist deutlich inszenierter, was seiner Funktion angemessen ist. Er ist sozusagen der Entertainment-Bereich des Dampfers. KPTN und das sich entfaltende Überseequartier zeigen, dass die HafenCity Potenzial hat, trotz relativer Ähnlichkeiten divers zu werden. Die Blocks und Nutzungsmischungen, wie auch das Angebundensein zur Innenstadt über die Achse Osaka-Allee-Kornhausbrücke-Brandswiete bieten zwar definitiv eine Spielwiese für Hipster-Träume. Aber sie bieten auch Raum für Studenten, Urlauber, Familien und all jene, die der Elbe nah sein wollen. Am Magdeburger Hafen, keine fünf Gehminuten von KPTN, steht übrigens Klaus Störtebeker. Auch er war ein Käpt’n, und auch er – zumindest in Bronze – war ein Vollbartträger.



Fakten
Architekten blauraum architekten, Hamburg; Nalbach + Nalbach, Berlin
Adresse Großer Grasbrook 9, 20457 Hamburg


aus Bauwelt 16.2020
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