Bauwelt

Museum of Contemporary Art Africa in Kapstadt


Der Londoner Designer Thomas Heatherwick baute ein Museum in ein altes Getreidesilo. Entstanden sind ein spektakuläres Atrium und neutrale Ausstellungsräume. Ein Spagat zwischen Genius Loci und vermeintlichen Anforderungen an ein Museum.


Text: Drewes, Frank F., Berlin


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    Einst war er das höchste Gebäude Afrikas, ...
    Historisches Foto: Hilton Teper

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    Einst war er das höchste Gebäude Afrikas, ...

    Historisches Foto: Hilton Teper

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    ... nun ist der umgebaute Kornspeicher eines der größten Museen für zeitgenössische afrikanische Kunst.
    Foto: Iwan Baan

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    ... nun ist der umgebaute Kornspeicher eines der größten Museen für zeitgenössische afrikanische Kunst.

    Foto: Iwan Baan

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    Für das Atriumfoyer, das aus den Betonzylindern des Silos ausgeschnitten wurde, stand formal ein Maiskorn Pate.
    Foto: Iwan Baan

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    Für das Atriumfoyer, das aus den Betonzylindern des Silos ausgeschnitten wurde, stand formal ein Maiskorn Pate.

    Foto: Iwan Baan

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    Da die 42 Betonzylinder ein geschlossenes statisches System bildeten, musste vor dem Aufsägen eine zweite
    Betonschicht in die Zylinder eingebracht werden.
    Foto: Iwan Baan

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    Da die 42 Betonzylinder ein geschlossenes statisches System bildeten, musste vor dem Aufsägen eine zweite
    Betonschicht in die Zylinder eingebracht werden.

    Foto: Iwan Baan

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    Die etwa 100 Ausstellungsräume sind beinahe durchweg orthogonal und ohne Tageslicht.
    Foto: Iwan Baan

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    Die etwa 100 Ausstellungsräume sind beinahe durchweg orthogonal und ohne Tageslicht.

    Foto: Iwan Baan

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    Das mag für Medieninstallationen wiedie der kenianischen Künstlerin Wangechi Mutu gut funktionieren, an anderer Stelle wirken sie zu banal – und man freut sich, wieder Stege und Treppen zu erreichen.
    Foto: Antonia Steyn

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    Das mag für Medieninstallationen wiedie der kenianischen Künstlerin Wangechi Mutu gut funktionieren, an anderer Stelle wirken sie zu banal – und man freut sich, wieder Stege und Treppen zu erreichen.

    Foto: Antonia Steyn

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    Im Untergeschoss sind die Spuren der alten Nutzung noch lesbar;
    Foto: Iwan Baan

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    Im Untergeschoss sind die Spuren der alten Nutzung noch lesbar;

    Foto: Iwan Baan

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    Im Skulpturengarten im 6. OG lässt sich die Zylinderstruktur erkennen. Durch den Glasboden fällt Licht ins Atrium, das aufgedruckte Mus­ter stammt von El Loko, die Skulpturen von Kyle Morland.
    Foto: Iwan Baan

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    Im Skulpturengarten im 6. OG lässt sich die Zylinderstruktur erkennen. Durch den Glasboden fällt Licht ins Atrium, das aufgedruckte Mus­ter stammt von El Loko, die Skulpturen von Kyle Morland.

    Foto: Iwan Baan

Der internationale Kunstmarkt ist weitgehend europäisch, weiß und männlich. Laut ArtFacts. Net sind unter den 100 weltweit erfolgreichsten lebenden Künstlern 55 Europäer (10% der Welt-bevölkerung) und 28 US-Amerikaner (4,4% der Weltbevölkerung). Nur 21 Frauen befinden sich unter den Top 100 und Afrika (17% der Weltbevölkerung) ist mit gerade mal zwei Personen vertreten, dafür aber mit einer perfekt ausgeglichenen Gender-Ratio. Ernüchternd allerdings, dass es sich hierbei um die seit 40 Jahren in Amsterdam lebende weiße Kapstädterin Marlene Dumas und den weißen Johannesburger William Kentridge handelt.
Mit dem Zeitz MOCAA in der V&A Waterfront (benannt nach Queen Victoria und ihrem Sohn Alfred) in Kapstadt besitzt Afrika nun ein bedeutendes Museum für zeitgenössische Kunst, das sich gerne mit den großen Häusern der Welt vergleicht und messen lassen möchte. Der Name Museum of Contemporary Art Africa weist auf die Mission hin, sich auf Kunst von afrikanischen Künstlern (wohnhaft oder per Herkunft) zu beschränken, die nach 2000 entstanden ist. Jochen Zeitz, der 1963 in Mannheim geborene ehema­lige Vorstandsvorsitzende der Puma AG hat mithilfe des Südafrikaners Mark Coetzee, der nun als Direktor und Chefkurator des MOCAA agiert, die weltweit größte Sammlung afrikanischer Gegenwartskunst zusammengetragen.
Die Dauerleihgabe dieser Sammlung schafft die Basis der Exponate, ergänzt durch Themen- und Sonderausstellungen, Filmprogramme und Performances, sowie der obligatorischen Museumspädagogik. Letzteres ist von großer Bedeutung, da in Südafrika bis 1994 der schwarzen Bevölkerung Museumsbesuche untersagt wurden und noch immer große Schwellenängste bestehen. Der Museumsumbau wurde von der V&A Waterfront Gesellschaft bezahlt, die auch weiterhin die Besitzerin der Immobilie ist und für den Unterhalt aufkommt.

Ideen für 42 Zylinder und einen Turm

Das Museum befindet sich in einem grandiosen Getreidesilo aus dem Jahre 1924, das 1990 stillgelegt wurde. Zur Bauzeit war es das höchste Gebäude Afrikas südlich des Äquators, erfuhr aber als Nutzgebäude im gewerblichen Teil des Hafenskeine sonderliche Aufmerksamkeit. Dennoch kam nach seiner Stilllegung wegen der architektonischen und skulpturalen Signifikanz ein Abriss nicht infrage. 2006 wandte sich die Hafengesellschaft erstmals mit der Anfrage eines Umnutzungskonzeptes an den Londoner Industriedesigner Thomas Heatherwick; doch das Projektnahm erst 2011 konkrete Formen an. Zeitgleich suchte Jochen Zeitz afrikaweit nach einer Location für seine Sammlung. Es war nur eine Frage der Zeit, dass sich die Wege kreuzten und die Nutzungskonzepte konkretisiert werden konnten.Thomas Heatherwick gilt gleichwohl als Spiritus Rector des Siloumbaus.
Der Silokomplex bestand aus einem Cluster von 42 Zylindern und einem kubischen, doppelt so hohen Turm mit den Funktions- und Nebenräumen – gänzlich aus monolithischem Ortbeton gegossen. Das MOCAA besetzt die gesamte Basis über neun Etagen und eine Fläche von 9500 Quadratmetern, wovon 6000 Ausstellungsfläche sind. Das ist ein erstaunlich gutes Verhältnis: Das MoMA hat bei einer Fläche von 59.000 Quadratmetern nur 12.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche, die Tate Modern bringt es auf die gleiche Fläche bei 35.000 Quadratmetern Gesamtfläche. Die oberen 10 Etagen, die der Turmbau über die Zylinder hinausragt, belegt das Silo Hotel. Bemerkenswert sind hier lediglich die facettierten Fensterfüllungen, die zweigeschossig das Betonskelett schließen und nach außen changierende Lichtreflektionen bieten – von innen allerdings die Aussicht unnötig fragmentieren. Atemberaubend hingegen ist die Dachterrasse mit Pool und Bar, von wo aus die Blicke über die Stadt, den Tafelberg und zwei Ozeane schweifen können.
Mit und gegen den Genius Loci
Die Sensation des MOCAA aber ist das lichte Atrium, das Heatherwick aus den 42 Betonzylindern herausgeschält hat. Die biomorphe Form, die sich aus der geometrisch im Grundriss so eindeutigen Summe der Zylinder ergibt, erinnert an die Rauminterventionen von Gordon Matta-Clark. Dieser spektakuläre Eingriff erzeugt wahrhaftig einen Bilbao-Effekt und ist in diesem Fall durchaus gerechtfertigt: Das Publikum der V&A Waterfront, mit 24 Millionen Besuchern jähr­-lich Afrikas größte Touristen- und Shoppingattrak- tion, ist wohl eher wenig kunstaffin – um es für einen Besuch des Museums zu interessieren, braucht es mehr als die Kunst an sich. Das einzigartige Foyer kann es mit jeder Hotel-Lobby des jüngst verstorbenen John Portman aufnehmen, inklusive offen geführter zylindrischer Auf-zugskapseln und gläserner Abschlüsse der Betonzylinder.
Die etwa 100 Galerieräume sind – gegen den Genius Loci – fast durchgängig orthogonal den Zylindern eingestellt worden und durchweg ohne Tageslicht. Die Verbindungen zwischen den Räumen und die Zugänge zu den Erschließungen sind versehen mit massiven Schwingtüren mit klobigen Beschlägen. Die Estrichböden sind mit Keller- bzw. Garagenlack versiegelt und die Technik ist komplett sichtbar unter den Betondecken geführt. Wegeleitsysteme und Fluchtwegschilder sind allgegenwärtig und plakativ angeordnet, so dass sie, zusammen mit den zu großmaßstäblichen Bildbeschreibungen, in Konkurrenz zur Kunst treten. Für ein sensibles Auge und den Kunstliebhaber ist es geradezu ein Affront, in welche Banalität die Räume abgleiten. Hingegen freut man sich immer wieder, die Auf­züge, Treppen und Stege zu erreichen, wo originärer Sichtbeton und statisch notwendiger neuer Beton spannende Dialoge bieten, wo es Tageslicht und interessante Durch- und Ausblicke gibt – wo Architektur zu erleben ist. Grandios wird es noch einmal, wenn man in das Untergeschoss hinabsteigt, hier ist die Authentizität des Gebäudes erhalten. Betonzylinder und Kreissegmente dominieren die Räume, Metallrohre, Schütten und Klappen wurden konserviert.
Das Zeitz MOCAA ist ein aufmerksamkeitserregendes Gebäude: Ein einmaliger Bestand wurde einer neuen Nutzung zugeführt, die Emo­tionen anspricht und wohl auch genügend Be­sucherzahlen generieren wird. Es wäre aber weit gefehlt, von einem großartigen Museum zu sprechen, denn die Großartigkeit beschränkt sich
auf all das, was nicht das Museum selbst ist. Sieht man dieses als eine Behausung für Kunst, dann muss man die Räume betrachten, in denen die Kunst gezeigt wird. Eine außergewöhnliche Fassade oder ein spektakuläres Atrium machen beileibe noch kein gutes Museum aus.



Fakten
Architekten Heatherwick Studio, London
Adresse Silo District, S Arm Road, Cape Town, 8002, South Africa


aus Bauwelt 12.2018
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