Bauwelt

Alte Mälze Lauterhofen


Berschneider + Berschneider setzen mit dem Ausbau der Alten Mälze ihr lokal verortetes Portfolio fort. Das Projekt zeigt, wie bereichernd die Zusammenarbeit mit ortsansässigen Handwerksbetrieben ist.


Text: Redecke, Sebastian, Berlin


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    Die Alte Mälze steht auf knappem Terrain neben einem Gasthof. Zur Kirche St. Michael und zum Rathaus sind es nur wenige Schritte. Das Gebäude stand lange leer und war in einem sehr schlechten Zustand.
    Foto: Architekten

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    Die Alte Mälze steht auf knappem Terrain neben einem Gasthof. Zur Kirche St. Michael und zum Rathaus sind es nur wenige Schritte. Das Gebäude stand lange leer und war in einem sehr schlechten Zustand.

    Foto: Architekten

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    Der Besitzer wollte es für eine Doppelgarage abreißen.
    Foto: Architekten

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    Der Besitzer wollte es für eine Doppelgarage abreißen.

    Foto: Architekten

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    Jetzt dient das Haus als Kulturtreff. Die Denk­malpflege erlaubte eine einheitliche Fassaden­gestaltung. Cortenstahl sorgt für Schutz an der scharfen Kurve.
    Foto: Axel Roderus

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    Jetzt dient das Haus als Kulturtreff. Die Denk­malpflege erlaubte eine einheitliche Fassaden­gestaltung. Cortenstahl sorgt für Schutz an der scharfen Kurve.

    Foto: Axel Roderus

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    Im Dachgeschoss wurde eine Plattform mit umlaufenden Geländer auf die Balken gesetzt, die für Sitzungen genutzt wird.
    Foto: Axel Roderus

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    Im Dachgeschoss wurde eine Plattform mit umlaufenden Geländer auf die Balken gesetzt, die für Sitzungen genutzt wird.

    Foto: Axel Roderus

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    Blick in das Gewölbe des früheren Trockenturms mit dem Oberlicht im Kaminkopf.
    Foto: Axel Roderus

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    Blick in das Gewölbe des früheren Trockenturms mit dem Oberlicht im Kaminkopf.

    Foto: Axel Roderus

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    Treppe von der Zwischen­ebene zur Plattform, dahinter der WC-Zugang; links der Veranstaltungsraum im Erdgeschoss, rechts eine Maueröffnung in den früheren Trockenturm.
    Foto: Axel Roderus

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    Treppe von der Zwischen­ebene zur Plattform, dahinter der WC-Zugang; links der Veranstaltungsraum im Erdgeschoss, rechts eine Maueröffnung in den früheren Trockenturm.

    Foto: Axel Roderus

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    Das Kellergeschoss wurde tiefer gelegt, um die Raumhöhe zu vergrößern.
    Foto: Axel Roderus

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    Das Kellergeschoss wurde tiefer gelegt, um die Raumhöhe zu vergrößern.

    Foto: Axel Roderus

Die Aufzählung scheint kein Ende zu nehmen: Rico Lehmeier zeigt mir auf dem Weg von Neumarkt in der Oberpfalz bis zur Alten Mälze in Lauterhofen einen Bau nach dem anderen von Berschneider + Berschneider. Lehmeier ist einer der Geschäftsführer des Architektur- und Innenarchitekturbüros aus Pilsach bei Neumarkt.
Die bunte Reihe beginnt bereits am Bahnhofvorplatz mit der Praxis eines Kieferchirurgen, für dessen Privatsammlung von Maybach-Karossen die Architekten um die Ecke eine alte Fahrrad- und Motorradfabrik zum Museum umgebaut und erweitert haben. Es folgen das erste Bayerische Metzgerei- und Weißwurstmuseum mit nachempfundenem, typisch Oberpfälzer Wirtshaus und die Diskothek „Berlin Club“ – dort waren sie für das Interieur verantwortlich, wie auch im „Schachterl“ drei Häuser weiter. Johannes Ber­schneider war in jungen Jahren einer der Mitgründer dieser bekanntesten Kneipe der Stadt. Kurz darauf erreichen wir das sanierte und mit Neubauten ergänzte ehemalige Kapuziner­kloster. Im Hintergrund drehen sich die Baukräne eines Hörsaalgebäudes für die Hochschule Neumarkt. Dann passieren wir, am Stadtpark grün eingebettet, das Museum Lothar Fischer. Der Bildhauer ist in Neumarkt aufgewachsen und wünschte sich dort sein Ausstellungshaus. Natürlich darf am Ort das berühmte Lammsbräu nicht fehlen mit verschiedenen Bauaufträgen durch den Chef der Brauerei. Schon etwas abseits vom Stadtzentrum folgt der Neubau des Willibald-Gluck-Gymnasiums mit bunten Glasscheiben auf der Fassade. Die Architekten sind überall in und um Neumarkt präsent. Johannes Berschneider ist vor einem Jahr gestorben. Seither leiten seine Frau Gudrun Berschneider und fünf Geschäftsführer das Büro mit 40 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen .
Auf den wenigen Kilometern über Land bis Lauterhofen weist Rico Lehmeier noch auf den vom Büro umgebauten Landgasthof in Hilzhofen hin, dessen Koch seinen ersten Stern anstrebt, und, kurz vor der Einfahrt in den kleinen Ort, auf das Bürogebäude eines Unternehmens, das Kalk- und Dolomitgestein abbaut und verarbeitet. Gute Architektur, teilweise verborgen hinter Cortenstahl-Platten und losem Schotter, während die übrigen Bauten entlang der Straße mit neuem Lebensmittelmarkt auf der Wiese und einem Gewerbegebiet dieser schönen hügeligen Landschaft unwürdig sind.
Gegen Mittag erreichen wir den Ortskern. Er ist verwaist. Niemand scheint zuhause zu sein. Rico Lehmeier ist davon überzeugt, dass Lauterhofen mehr tun muss mit den alten, teilweise leerstehenden Gebäuden, um den historischen Ortsbildcharakter zu bewahren. An einer scharfen Kurve vis-à-vis der Stadtbücherei, der etwas erhöht liegenden Kirche St. Michael mit mächtigem Turm und dem Rathaus steht die Alte Mälze, deren Ursprünge, noch mit anderer Nutzung, bis ins 16. Jahrhundert zurückgehen. Zwar denkmalgeschützt, jedoch in einem sehr schlechten baulichen Zustand, sollte sie eigentlich längst abgerissen werden, um für eine Doppelgarage Platz zu schaffen. Johannes Berschneider aber hat den Bürgermeister davon überzeugen können, das Gebäude nach einer Kernsanierung als „Kulturtreff“ neu entstehen zu lassen. So entschied der Gemeinderat 2017, den seit vielen Jahren leerstehenden Bau dem angrenzenden Besitzer des Gasthofs zur Krone abzukaufen und beantragte erfolgreich eine Unterstützung vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und der Bayerischen Landesstiftung für das gesamte Vorhaben. Doch dann fehlte das Glück: Das Haus wurde zu Beginn der Corona-Pandemie fertiggestellt, und so blieb es lange Zeit ungenutzt.
Die Alte Mälze befindet sich auf einem sehr knapp bemessenen Grundstück. Damit die Umnutzung gelingen konnte, waren für den zweiten Ausgang auf der Rückseite und einen seitlichen Fluchtweg zur Straße zwei Meter Terrain erforderlich, die man durch einen Grundstücktausch erhielt. Der Gastwirt nebenan sah das Projekt aber kritisch. So war es nicht möglich, mit seiner Einwilligung eine rückseitige Freifläche zu übernehmen und für Aktivitäten der Kulturtreff-Besucher zu nutzen. Jetzt grenzt ein Bretterzaun die zwei Meter ab. Auf der Vorderseite wurde auf die scharfe Kurve der Straße reagiert; Cortenstahl sorgt für Schutz.
Nach dem Eintritt steht man unmittelbar im Veranstaltungsraum mit dunklem Eichenparkett und ist überrascht von der Raumgröße im kleinen Gebäude, die sich erklärt durch die Entfernung aller Einbauten und das Freilegen der alten Holzbalkenkonstruktion, die sich bis ins Dach zieht. Viel Licht fällt durch die große nun großflächig verglaste Bestandsöffnung zur Straße. Der Raum endet an einer neuen, quer liegenden Treppe, die zu einer galerieartigen Zwischen­ebene mit Zutritt in eine WC-Box führt. Dieser Kubus wurde, von den Mauern abgerückt, seitlich in den Innenraum eingeschoben und ruht auf den freigelegten Holzbalken. Ein Schlosser aus der Region baute die Box aus warmgewalztem Schwarzstahl in seiner Werkstatt zunächst komplett einmal auf, und dann für den Transport in ihre Einzelteile auseinander. Erst vor Ort wurden die Einzelteile final gefügt. Wie eng es hier zugeht, zeigte auch, als wie schwierig sich der Einbau eines Stahlträgers entpuppte: Die Außenmauer musste aufgebrochen werden, um ihn ins Gebäude heben zu können.
Von der Galerie führt eine weitere Treppe auf die obere Ebene, die als Sitzungsraum genutzt wird. Sie liegt als Plattform mit umlaufenden Stabgeländer mittig auf den Balken und wird zusätzlich über Stahlstäbe an den Dachsparren gesichert. Man befindet sich nun im weitgehend erneuerten Dachstuhl, der ohne Fensteröffnungen blieb.
Im hinteren Teil schließt eine turmartige Ergänzung aus dem 19. Jahrhundert an. Mit diesem Trockenturm und einem Ofen im Keller wurde der Betrieb als Mälze erst möglich. Der weitere Raum, „Lounge“ genannt, ist in seiner ganzen Höhe offen. Beim Blick nach oben sind nur die alten Zugstäbe, die das Mauerwerk zusammenhalten, ein neuer Leuchtenring und ein rundes Oberlicht zu sehen, das in einem konisch zulaufenden Aufsatz des alten Kaminkopfs der Mälze eingesetzt wurde. So entstand ein fast schon sakraler Ort.
Ein vierter Raum, der auch als Werkraum für Kindergruppen und Volkshochschulkurse genutzt werden kann, befindet sich im Kellergeschoss mit altem Tonnengewölbe. Damit die Raumhöhe ausreichend ist, wurde er tiefer gelegt mit der Folge, dass nun am Boden auch Felsgestein zum Vorschein kommt. In der Mitte steht eine mas­sive gusseiserne Rundstütze, die mit der Gebäudeergänzung eingefügt wurde. Wie in solchen neu genutzten Kellern üblich, war auch hier die Feuchtigkeitsproblematik ein Thema, das mit einer kontinuierlichen Sockeltemperierung erfolgreich in Schach gehalten wird. Eine Besonderheit im Gewölberaum ist der von den Architekten entworfene, aus einfachen Rohren zusammensteckte „Heizkörper“ entlang der Wand.
Es ist naheliegend, dass sich durch die Enge funktionale Zwänge ergeben, aber die wenigen Nutzflächen wurden mit großem Geschick für die 30 bis maximal 40 Besucher des Hauses eingepasst und eingerichtet. Insgesamt stehen 173 Quadratmeter zur Verfügung. Da vor allem im Hauptraum alles offen ist, bedeutet dies aber auch, dass nur begrenzt mehrere getrennte Veranstaltungen gleichzeitig möglich sind.
In der planerischen Ausarbeitung und der Ausführung bis in alle Details wird deutlich, dass die Architekten mit der Fülle an Projekten in der Region beste Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit vertrauten Handwerksbetrieben haben, die bereit sind, sehr spezielle Wünsche zu erfüllen. So gelangen pragmatische und unkonventionelle Lösungen, zum Beispiel wurde die Gastherme aus Platzgründen zwischen der inneren Wölbung der turmartigen Ergänzung und dem Dachstuhl versteckt und ist von der obersten Ebene aus nur über eine Leiter zu erreichen. Dieser Vorteil eingespielter Partnerschaften, die mit großem Engagement Dinge möglich machen und durchstehen, wird in der Alten Mälze an vielen Punkten vor Augen geführt. Alles ist aus einem Guss. Johannes Berschneider sagte einmal: „Die Handwerker sind mit uns, mit den Architekten gewachsen und wir mit ihnen.“



Fakten
Architekten Berschneider + Berschneider, Pilsach bei Neumarkt i. d. OPf.
Adresse Marktpl. 18, 92283 Lauterhofen


aus Bauwelt 14.2023
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