Bauwelt

London College of Fashion


Allies and Morrison haben am Londoner Olympiastandort von 2012 einen Neubau für das London College of Fashion errichtet. Das Gebäude soll Lebendigkeit an den überformten, einst von produzierendem Gewerbe geprägten Standort in Stratford bringen.


Text: Wainwright, Oliver, London


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    Unter der Arkade zum Ufer des Waterworks River finden auch die Grad-Shows statt. Bereits alltäglich dient der Freiraum als Laufsteg für Studierende und Passanten.
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    Unter der Arkade zum Ufer des Waterworks River finden auch die Grad-Shows statt. Bereits alltäglich dient der Freiraum als Laufsteg für Studierende und Passanten.

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    Auch Passanten können die Halle durchwandern, in die oberen Geschosse steigen und durch verglaste Trennwände die Arbeit in den Ateliers beobachten.
    Foto: Simon Menges

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    Auch Passanten können die Halle durchwandern, in die oberen Geschosse steigen und durch verglaste Trennwände die Arbeit in den Ateliers beobachten.

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    Für die Treppe im Atrium wälzten die Architekten viele Bände über Borromini.
    Foto: Simon Menges

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    Für die Treppe im Atrium wälzten die Architekten viele Bände über Borromini.

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    Erdgeschoss / Eingangsebene
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    Erdgeschoss / Eingangsebene

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    Untergeschoss-Mezzanin
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    Untergeschoss-Mezzanin

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    Untergeschoss
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    Untergeschoss

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    Caféterrasse /
    10. Obergeschoss
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    Caféterrasse /
    10. Obergeschoss

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    Regelgeschoss Lehre/
    6. Obergeschoss
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    Regelgeschoss Lehre/
    6. Obergeschoss

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    1. Obergeschoss
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    1. Obergeschoss

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    Eindruck beim Betreten des Gebäudes von Westen, Haupteingang
    Foto: Simon Menges

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    Eindruck beim Betreten des Gebäudes von Westen, Haupteingang

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    Die Architekten verzichteten auf allzu vordergründige Motive aus der Mode, doch es ließe sich der Eindruck eines gigantischen Nähkästchens gewinnen.
    Foto: Simon Menges

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    Die Architekten verzichteten auf allzu vordergründige Motive aus der Mode, doch es ließe sich der Eindruck eines gigantischen Nähkästchens gewinnen.

    Foto: Simon Menges

Eine geschwungene Betonspirale windet sich durch das Atrium des neuen London College of Fashion (LCF) – wie ein Stück Orangenschale, das sich in anmutigen Bögen hin und her schlängelt. Sie bildet den aufregenden Eingang zu die-ser vertikalen Modefabrik, in der 6500 angehende Schnittmustermacher, Juwelierinnen, Schuhmacher und Prothetikerinnen eine Welt der Kreation auf mehreren Etagen bilden.
„Ein Fabrikgebäude für das 21. Jahrhundert“, so beschreiben die Architekten Allies and Morrison den 216 Millionen Pfund teuren Neubau der LCF, der wie ein 16-stöckiger Leuchtturm am Ufer des Waterworks River in Stratford, mitten auf dem ehemaligen Olympiagelände steht.
Das Gebäude ist der größte Teil des neuen „Kulturviertels“ am Ostufer, eines der lang erwarteten Vermächtnisse der Olympischen Spiele 2012. Das 1,1 Milliarden Pfund teure Megaprojekt – ebenfalls von Allies & Morrison geplant – umfasst zudem ein neues Tanztheater, BBC-Aufnahmestudios und eine Dependance des Victoria and Albert Museums, die von den irischen Architekten O‘Donnell & Tuomey als markantes, facettenreiches Objekt entworfen wurde und ein wenig wie eine Betonkrabbe aussieht; auf Zehenspitzen stehend, bereit, abzuheben. Während die scharfen Falten des Museums von einem Balenciaga-Kleid inspiriert zu sein scheinen, gab es für die neue Modeschule nebenan keine derartigen modischen Anspielungen.
„Es musste hart sein“, sagt Architekt Bob Allies. „Wir wollten die Geschichte der Gegend als Industriestandort würdigen“, fügt er hinzu und erklärt, wie sich sein Team von einer 1905 errichteten Ziegelfabrik inspirieren ließ, die einst in der Nähe stand. „Das College steht nicht nur für glamouröse Menschen in fließenden Kleidern. Es ist einer der wenigen Orte, an denen noch ernsthaft Handwerk betrieben wird.“
Der Standort ist ideal für eine solche Produktionsstätte. Bevor die Dampfwalze der olympischen Stadterneuerung hier anrollte, gab es am Flussufer eine Vielzahl von Industrien. Kleinbetriebe, von Gürtlereien und Schafslederschneidern bis hin zu Lumpenhändlern und Perückenmachern, waren in einer Reihe von Schuppen neben Autowerkstätten und Betonbrechern untergebracht. Sie alle wurden umgesiedelt, um Platz für die Olympischen Spiele zu schaffen; der Schmutz von einst wurde unter einen Teppich aus makelloser Landschaftsgestaltung gekehrt. Zumindest in dieser großen vertikalen Werkstatt lebt etwas vom Geist der Produktion weiter.
Aus der Ferne schreit die Zickzacklinie des Sheddachs: „Fabrik“, wie eine große Reklametafel, die für das wirbt, was sich im Inneren abspielt. Kommt man näher, entdeckt man Details, die auf die Modeindustrie verweisen, wie die fein gewellte Betonverkleidung, die an die Rippen von Feincord erinnert. Eine 15 Meter hohe Kolonnade aus heroischen Betonsäulen verläuft entlang der Fassade und verleiht dem Gebäude ein repräsentatives Flair, während eine Kaskade aus terrassenförmig angelegten Sitzgelegenheiten zum Fluss hinunterführt und an sonnigen Tagen zum Verweilen einlädt. Das College plant, seine Modenschauen unter der Kolonnade abzuhalten – ein Spektakel, das dazu beitragen soll, etwas von der erhofften Lebendigkeit des Südufers der Themse an diesen gepflegten Flusslauf zu bringen.
Beim Betreten des Colleges könnte einem beim Anblick der Wendeltreppe, die sich in ovalen Bögen nach oben schwingt, die Kinnlade herunterklappen. „Wir hatten jede Menge Borromini auf dem Schreibtisch, als wir die Treppe entwarfen“, sagt Projektarchitekt Bruno Marcelino. Die Architekten haben hier eine Art brutalistischen Barock geschaffen, bei dem die strukturellen Elemente zurückgenommen wurden, um ihr tektonisches Gewicht hervorzuheben. Aber die Rundungen sind auch das Ergebnis baulicher Erfordernisse: Sie folgen den Notwendigkeiten der in sie eingelegten, vorgespannten Stahlstreben. Die Treppe ist ein theaterähnlicher, vielschichtiger Raum, und man kann sich vorstellen, wie die Studierenden sie für ihre Shows nutzen und ihre schrillen Outfits über den dreidimensionalen Laufsteg hinabgleiten lassen. Und das wahrscheinlich nicht nur während der Shows.
„Die Studierenden sind visuell sehr interessant“, sagt Marcelino. „Deshalb wollten wir mit unserer Architektur nicht zu sehr in Konkurrenz treten.“ Eine schlichte Palette aus Sichtbeton, schwarzem Stahl und hellem Ahornholz zieht sich durch das gesamte Gebäude und bildet einen neutralen Hintergrund für die farbenfrohen Nutzer und Nutzerinnen. Glücklicherweise verzichteten die Architekten auf allzu viele Mode-Motive: Ein Textilmuster, das in einem früheren Entwurf in die Betonsäulen eingegossen werden sollte, wurde verworfen. Dennoch gibt es einige subtile Anspielungen, wie z.B. Fensterläden, die mit einem Stickmuster perforiert sind, und Gitter, die an die geometrische Fassade des ehemaligen LCF-Campus in der Oxford Street erinnern. Über das gesamte Gebäude verteilt sind auch einige spielerische Kunstwerke des Designbüros Study O Portable, wie etwa eine Reihe von Knöpfen, die in einem Bereich in den Betonboden eingelassen sind, und Teleskope, die auf den Terrassen installiert wurden und in Richtung der früheren Gebäude der Hochschule zeigen.
Die LCF wurde 1906 als Zusammenschluss vondrei Berufsschulen gegründet und war bisher auf sechs Standorte in der Stadt verteilt, von denen keiner speziell für diesen Zweck erbaut wurde. Der neue Hauptsitz soll Synergien zwischen den verschiedenen Abteilungen schaffen und der Hochschule endlich ein öffentliches Gesicht geben. Ungewöhnlich ist, dass die unteren Etagen des Gebäudes vollständig für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Passanten können das Café nutzen, eine Ausstellung in der Galerie am Wasser besuchen und sogar die Wendeltreppe hinaufsteigen, um einen Blick auf die Workshops zu werfen, die auf dem „Maker Square“ stattfinden. Vitrinen, in denen die Arbeiten der Studierenden ausgestellt sind, säumen einen öffentlichen Weg am Fuße des Gebäudes, so dass es wie ein durchlässiger Teil dieses aufstrebenden Stadtteils wirkt und nicht wie der übliche umzäunte Campus mit Sicherheitskontrollen per Magnetkarte.
Im Obergeschoss sind die Unterrichtsräume in offene Arbeitsbereiche unterteilt, deren gro-ße Fenster den Blick auf die Auszubildenden der Schuhmacherei, der Hutmacherei und der Maskenbildnerei freigeben, die hier ihr Handwerk erlernen. Die Räume bilden lange Fluchten von Ate-liers und Werkstätten, die je nach Ausbildungsbedarf angepasst werden können und mit durchdachten Details aufwarten. Die Architekten haben beobachtet, dass die Studierenden auf dem LCF Campus in Shepherd’s Bush die Fensterbänke als Arbeitsflächen nutzen, und haben die neuen Atelierfenster mit tiefen, sich verjüngenden Laibungen und Fenstersitzen entworfen, die auch als Werkbänke genutzt werden können. Mehrere Etagen öffnen sich zu Außenterrassen, die über Treppen dazwischen ins Freie führen. Dadurch entsteht der Eindruck eines lebendigen Innenhofcampus, der auf die Seite gedreht wurde – dies Eigenschaft, mit einem 16-stöckigen Turm zu erreichen, beeindruckt.
Die Studierenden scheinen begeistert zu sein und berichten, die offenen Räume seien „erfrischend und angenehm zum Arbeiten“ und die Durchmischung der Fachbereiche sei „etwas ganz Besonderes für gemeinsame Projekte“. Das Warten auf die Aufzüge sei jedoch eine Qual und wird kritisiert, obwohl es acht davon gibt. Umso mehr lohnt es sich, die „Harry-Potter-Treppe“ zu nehmen und den vertikalen Spaziergang vorbei an den Ateliers für Körperguss und Kosmetiktests, Haarstyling und Stofffärben zu genießen. „Es ist wie ein Streifzug durch die verschiedenen Viertel einer Stadt“, sagt Marcelino. Das spielt auch eine entscheidende Rolle bei der subtilen Brandschutzstrategie, die auf einer gut integrierten Raumaufteilung beruht, die es ermöglicht, dass im Brandfall die Höhe des Gebäudes als Schornstein dient und der Rauch durch auf dem Dach versteckte Ventilatoren nach oben gesogen wird.
Die Modebranche ist nach den fossilen Brennstoffen der zweitgrößte Umweltverschmutzer der Welt, und bei all dem Beton, der hier verbaut wurde, fragt man sich, welchen CO2-Fußabdruck das Gebäude selbst hinterlässt (obwohl es mit BREEAM Outstanding die höchste Nachhaltigkeitsbewertung erhalten hat). Die Architekten betonen, dass Holz in dieser Größenordnung nicht praktikabel gewesen wäre und dass durch das Offenlassen der Oberflächen und den Verzicht auf die sonst üblichen Gipskartonverkleidungen zusätzlich Kohlenstoff eingespart wurde. Allies räumt jedoch ein, dass sie bei einer erneuten Planung des Projekts andere, weniger kohlenstoffintensive Optionen für die Betonverkleidung in Betracht ziehen würden. Das Hauptargument ist wie immer die Langlebigkeit. „Es gibt uns seit 117 Jahren“, sagt Schulleiter Prof. Andrew Teverson, „und wir wollen mindestens weitere 117 Jahre hier sein.“ Die Energiestrategie wurde auf der Grundlage eines zukünftigen Wetterszenarios für das Jahr 2050 modelliert, das zusätzliche Kühlkapazitäten vorsieht, während gleichzeitig eine natürliche Belüftung von 35 bis 40 Prozent erreicht wird.
Es war ein kluger Schachzug, diese pulsierende Modefabrik hier anzusiedeln, die hoffent-lich etwas subversives Leben in ein Gebiet bringt, das vielleicht sonst zu steril gewirkt hätte. Das Kulturviertel könnte einen nützlichen Beitrag für das Erblühen von East London hinterlassen. Wie, das wird sich in den nächsten Jahren zeigen, wenn am nördlichen Ende des East Bank-Geländes vier Hochhäuser mit 600 überwiegend privaten Wohnungen entstehen, die verkauft werden, um den kulturellen Reichtum zu finanzieren. Die Luxuswohnungen werden höher sein als alles um sie herum – ein passendes Bild für den faustischen Pakt der olympischen Stadterneuerung.
Aus dem Englischen von Beate Staib



Fakten
Architekten Allies and Morrison, London
Adresse 51.52524404387051, -0.07979424004519588


aus Bauwelt 18.2024
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