Bauwelt

Pressenshus in Oslo


Atelier Oslo und KIMA Arkitektur haben im Zentrum Oslos ein Wohn- und ein Geschäftshaus zum neuen „Pressenshus“ vereint.


Text: Martinelli, Noemi, Oslo


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    Die Fassade der Altbauten an der Ecke Prinsensgade-Skippergade wurden sorgsam saniert und teilweise rekonstruiert.
    Foto: Inger Marie Grini

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    Die Fassade der Altbauten an der Ecke Prinsensgade-Skippergade wurden sorgsam saniert und teilweise rekonstruiert.

    Foto: Inger Marie Grini

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    Die Treppenskulptur ist mit Stahlstreben vom Dach abgehangen.
    Foto: Einar Aslaksen

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    Die Treppenskulptur ist mit Stahlstreben vom Dach abgehangen.

    Foto: Einar Aslaksen

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    Hölzerne Ummantellungen, wie sie zu Projektbeginn angedacht waren, kamen glücklicherweise nicht zum Einsatz.
    Foto: Einar Aslaksen

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    Hölzerne Ummantellungen, wie sie zu Projektbeginn angedacht waren, kamen glücklicherweise nicht zum Einsatz.

    Foto: Einar Aslaksen

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    Der kleinere der beiden Innenhöfe wurde neu geschaffen, darin befand sich zuvor ein Lager.
    Foto: Einar Aslaksen

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    Der kleinere der beiden Innenhöfe wurde neu geschaffen, darin befand sich zuvor ein Lager.

    Foto: Einar Aslaksen

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    Im neugeschaffenen Innenhof ist nun eine Cafeteria untergebracht.
    Foto: Leonardo Finotti

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    Im neugeschaffenen Innenhof ist nun eine Cafeteria untergebracht.

    Foto: Leonardo Finotti

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    Die Stahlstruktur wurde unterm Dach, wo der historische Dachstuhl aufsitzt, ertüchtigt und ergänzt.
    Foto: Leonardo Finotti

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    Die Stahlstruktur wurde unterm Dach, wo der historische Dachstuhl aufsitzt, ertüchtigt und ergänzt.

    Foto: Leonardo Finotti

Mit dem Pressehaus haben Atelier Oslo und KIMA Arkitektur im Zentrum der norwegischen Hauptstadt einen in Teilen öffentlichen Anlaufpunkt für Wissen und Austausch über Journalismus und Medien geschaffen. Seit drei Jahren arbeiten vierzehn Firmen der Medienbranche auf 3800 Quadratmetern, die aus der Zusammenlegung zweier alter Mietshäuser entstand. Unter den elf Mietparteien sind zum Beispiel eine Medienagentur, eine Gewerkschaft und eine Redaktion.
Ich laufe die Prinsens Gate entlang, eine mittig von der Straßenbahn geteilte Straße, die das Zentrum Oslos durchquert. Das Pressehaus unterscheidet sich kaum von anderen Eckhäusern dieser, Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen Stadtschicht. Lediglich ein zurückhaltender Schriftzug am Gesims überm Erdgeschoss versichert mir, dass ich richtig bin. Ein paar Schritte durch den kurzen Eingangskorridor, und ein raf­finiertes Inneres entfaltet sich vor meinen Augen: Der Empfangstresen steht, über einigen Sitz­stufen leicht erhöht, in Tageslicht getaucht am Grund eines kompakten Atriums, das sich zum Himmel hin weitet. Das Highlight der Halle ist zweifellos das sich entlang der Wände emporschwingende, skulpturale Treppengebilde. Hinter einer gläsernen Trennwand lässt sich ein zweiter Lichthof erspähen, er dient als Kantine und Veranstaltungsraum.
Beide Atrien bilden die räumlichen Bezugspunkte des Hauses, um sie herum sind alle übrigen Räume angeordnet: Die Büros sind zur Straße hin gelegen zwar dem größten Lärm ausgesetzt, profitieren jedoch auch von maximaler natür­licher Belichtung; die Gemeinschaftsbereiche sind demgegenüber im Blockinneren angeordnet. Die Atrien bilden im Grundriss eine leicht verschobene Acht, die Büroetagen verspringen im Schnitt, winden sich um die Lichthöfe herum – die so erzeugte Raumerfahrung ist ungewöhnlich. Da auch Fenster und Glaswände auf die Atrien ausgerichtet sind, dringt das reichlich einströmende Tageslicht in fast jede Ritze vor. Dazu kommt, dass praktisch überall ein guter Überblick für die Zusammenhänge des Hauses und somit leichte Orientierung gegeben ist.
Jedes der Atrien hat eigene Wesenszüge, die aus den Möglichkeiten der gegebenen Gebäude-Volumetrie herrühren. Die Eingangshalle, zuvor der offene Hof eines Wohngebäudes, fungiert nun, an die ehemaligen Außenwände geschmiegt, als Haupterschließungsweg nebst Balkonen; ihr Charakter bleibt etwa durch den präparierten, rau belassenen Klinker-Putz-Wände erhalten. Die umschließenden Gänge sind an Stahlabhängungen befestigt, die von Deckenbalken herabspannen. Ursprünglich war der Plan, Holz für die Abhängung zu benutzen; was sich allerdings aufgrund der Längen als nicht praktikabel erwies. Dann sollten die Stahlbänder mit Holz verschalt werden, ein Plan, der glücklicherweise nicht zur Umsetzung kam: Burgunderrot lackiert hängen die Streben viel eher spielerisch im Raum, als dass sie als statische Elemente ihrer Wichtigkeit Ausdruck zu verleihen suchten. Sie fassen sich kühl an, und man vermeint, die Spannung der auf sie einwirkenden Kräfte spüren zu können. Während mich Jonas Norsted von Atelier Oslo, der das Projekt geleitet hat, durchs Gebäude führt und als er gerade von der Ausbildung dieses Details erzählt, trifft es sich, dass zwei Kollegen über mehrere Etagen hinweg miteinander sprechen – die Idee, dass die Architektur spontanen Austausch vereinfachen könnte, geht also auf.
Teil des Erschließungsgangs ist auch eine Treppe hinüber ins andere Atrium – jenes mit der Kantine, das sich im Eckgebäude befindet. In ihm war vor dem Umbau ein Klempnerbedarfsgeschäft untergebracht, das die inneren Bereiche als Lager nutzte, was eine Herausforderung bei der Renovierung darstellte. Im Gegensatz zu dem kleineren Lichthof, der von jeher nach oben offen war, bestand das Lager aus mehreren niedrigen, dunklen Geschossen. Da es sich als unmöglich erwies, dort angenehme Arbeitsplätze einzurichten, haben die Architekten alles bis auf die eisernen Stützen und Träger abbrechen lassen, auf denen der hölzerne Dachstuhl aufsitzt. Diese Struktur unterstützt jetzt eine neue aus Brettschichtholz, auf der das neu eingebrachte Glasdach ruht; das alte Gebälk liegt als dekoratives Element frei. Ergänzend sind verschieden große Ebenen zwischen den Trägern eingezogen worden. Sie dienen als Korridore oder haben unterschiedliche gemeinschaftliche Funktionen, von Meeting-Räumen über offene Gemeinschaftsbüros bis hin zu einer Teeküche mit Pausenecke.
Ohnehin durchstreift man, beim Gang durchs Haus eine Vielzahl unterschiedlicher räumlicher Situationen. Entlang der Fassade reihen sich mehr oder weniger klassische Büros. Die oberen Geschosse werden von einem Mezzanin zusammengehalten, wodurch eine offene Zwischenzone entsteht, die die Architekten explizit für den Hauptnutzer NTB, Norwegens größte Nachrichtenagentur, entworfen haben, da dieser einen gesonderten Empfang und größere Büros benötigt. Im Erdgeschoss war eigentlich ein Pub angedacht, der Sandwiches und Bier verkauft. Tatsächlich ist nun ein Restaurant eingezogen, das eher für einen formalen Business-Lunch angemessen ist, denn als Ort hitziger Diskussionen über Pressefreiheit zu taugen. Es muss mit einer verhältnismäßig kleinen Küche Vorlieb nehmen. Ist dies auch eine Nutzungsänderung en détail, erinnert sie doch daran, dass Architektur nur den Rahmen bieten kann, für das eigentliche Leben eines Gebäudes aber die Bespielung sorgt.
Zwei so unterschiedliche, noch dazu denkmalgeschützte Gebäude aus den 1880er Jahren mit einem kohärenten Programm zu einer Einheit zusammenzufügen, erfordert Fingerspitzengefühl. Das Pressehaus ist eine gelungene Intarsienarbeit aus einfallsreicher Architektur und Bestandspflege. Das Gebäude vermittelt sowohl den Eindruck, sich in einem alten, wie auch den, sich in einem neuen Haus zu befinden. Die Architekten haben mit dem Vorgefundenen gearbeitet, anstatt sich eine weiße Leinwand herzurichten. Auf diese Weise stehen Vergangenheit und Gegenwart in Dialog und man kann manchmal nicht einmal sicher sein, welche Zeit nun genau aus diesem oder jenem Detail spricht. Kleinigkeiten wie alte Fenster, die zwischen Innenraum und Innenraum vermitteln und seltsame Bezüge zur Bodenhöhe aufweisen etwa dienen als Hinweise darauf, wie umfangreich die Veränderungen sind, die das Haus durchlief. Wirklich alles wirkt so aufmerksam abgestimmt, dass mir für einen Moment sogar der Gedanke kommt, das Haus habe auf seinen Umbau gewartet.
Während der Bauarbeiten gab es einen Raum, der für Materialexperimente genutzt wurde, in dem Oberflächentexturen und Farben großflächig ausprobiert wurden – eine Methode, die sich als sehr zuträglich für das Resultat eines einheitlichen Gesamtbilds erwiesen hat. Die von den Innenarchitekten IARK entworfene Einrichtung konzentriert sich hauptsächlich auf Eschenholz, was eine Atmosphäre der Geborgenheit erzeugt. Auch einige Wände sind mit Holzpaneelen verkleidet, das Backsteinmauerwerk des Innenhofs jedoch bleibt unter einer teils verwaschenen dünnen Putzschicht erfahrbar. Der Effekt des „Halbgewaschenen“ wurde durch vorsichtiges Abstreichen in kreisförmigen Bewegungen erzielt. Den durchschimmernden Terracotta-Ton der Ziegel ergänzen eine Reihe neuer Einbauteile in ähnlicher, roter oder oranger, Farbigkeit – etwa die Zugstangen der Erschließung. Der Betonfußboden des Erdgeschosses seinerseits resoniert mit dem hellen Farbton des Putzes. Freiliegende Lüftungselemente und Kabel an den Bürodecken wirken einer allzu glatten Gesamterscheinung entgegen.
Während das Gebäudeinnere massive Eingriffe erfuhr, sind die historischen Fassaden lediglich instandgesetzt worden. Auch hier ist die Liebe zum Detail ablesbar: Die Stuckaturen wurden, wo sie fehlten, von einem Plastiker anhand alter Fotografien nachgebildet.
Oft werden bei potenziellen Umbauprojekten räumliche Defizite und mangelnde Belichtung, Schwierigkeiten, moderne Belüftung einzubringen, Energie-Mankos oder geringe Deckenhöhen als Abrissargumente herangezogen. Diese Stimmung belegt eine bestürzende Statistik des norwegischen Nachhaltigkeitsverbands der Bauwirtschaft „Grønn Byggallianse“, der nach jährlich 3300 Großbauten in Norwegen abgerissen werden; demgegenüber stehen 4000 Neubauten der gleichen Kategorie. In Oslos ständig voranschreitender Stadtentwicklung steht das Pressehaus – das im Übrigen alle Kriterien der Umweltzertifizierung erfüllt – deshalb als Beweis für das Potenzial von Bestandsbauten, nach­nutz­bar zu sein, ohne zwangsweise Kompromisse in Sachen Ästhetik oder Funktionalität nach sich zu ziehen.
Aus dem Englischen von jl



Fakten
Architekten Atelier Oslo, Oslo; KIMA Arkitektur, Oslo
Adresse Skippergata 24, 0154 Oslo, Norwegen


aus Bauwelt 14.2024
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