Bauwelt

Stazione Porta Nolana am Porta Nolana in Neapel


Gebundenes Monument: Bahnhof von Giulio De Luca, 1972–75


Text: Calderoni, Alberto


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    Der Bahnhof als überdachter Platz: Das Bauwerk vermittelt ...
    Foto: Andrew Meredith

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    Der Bahnhof als überdachter Platz: Das Bauwerk vermittelt ...

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    ... durch die Verschneidung der Geometrien ...
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    ... zwischen Gleisen und Straße.
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    ... zwischen Gleisen und Straße.

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In der Nähe der Porta Nolana, dem östlichen Eingang der Stadt Neapel nach ihrer Erweiterung im 15. Jahrhundert, liegt die Endstation der Bahnlinie Circumvesuviana. Der Bahnhof ist ein Meisterwerk von Giulio De Luca (1912–2004). Seinerzeit ein angesehener Architekten und Professor an der Fakultät für Architektur in Neapel, war De Luca Autor zahlreicher Gebäude, die Neapel nach dem Zweiten Weltkrieg den Weg in die Moderne wiesen. Der Bahnhof ist ein emblematisches Beispiel für De Lucas Fähigkeit, die Erkenntnisse des Internationalen Stils zu verinnerlichen, gleichzeitig aber auch für seine Sensibilität, sie mit einer gewissen Eleganz zu deklinieren und die Spezifik des Ortes zu erkennen.
Neapel ist in Bezug auf Baudichte und -konsistenz ein komplexer Kontext, der stets zwischen Monument und Ruine, Verlassenheit und Schönheit schwankt. De Lucas Bahnhof – 1972 zusammen mit seinem Schüler und Kollegen Arrigo Marsiglia entworfen – ist ein robustes, fest im Boden verankertes Gebäude, das dennoch leicht und in der Zeit schwebend wirkt, klassisch in seinen Proportionen und zugleich zutiefst zeitgenössisch.
Die Idee des Gebäudes zielt darauf ab, zwei Dimensionen zu verbinden, formal wie räumlich: zum einen die Gleislinie, die vom nahe gelegenen Hauptbahnhof kommt, zum anderen den Corso Giuseppe Garibaldi, eine der Hauptstraßen der Stadt. Diese beiden Achsen definieren ein geometrisches Muster, das in einem Winkel von 45 Grad zur Straße gedreht ist und in seiner Abstraktion den urbanen Charakter des Gebäudes unterstreicht: eine lange, auskragende Dachplatte aus Beton, darunter der Hauptzugang von der Straße, seitlich ein Büroturm, der die Komposition ausbalanciert und die städtebauliche Einbindung vervollständigt; eine „urbane Insertion, der Hemmungen und Kompromisse fremd sind, in der Tat luzide polemisch und aggressiv“, wie Bruno Zevi 1978 in seinen „Cronache di architettura“ schrieb.
In Anlehnung an die Vorgaben des damaligen Stadtentwicklungsplans, der vorschrieb, dass der Bahnhof rund zwanzig Meter von der Straßenlinie zurückgesetzt werden sollte, entwarf De Luca das kraftvoll schlanke, auskragende Dach, das er mit einer Biegebewegung krümmte, um eine angemessene Stadtfassade zu definieren. Das Zugangsgeschoss auf Straßenniveau ist räumlich durch den Schnittpunkt dieser beiden Richtungen gekennzeichnet, so dass der Besucher diese komplexe Anlage wahrnehmen kann. Diese besteht aus sieben dreieckigen Wandpfeilern, die durch Stahlverbindungen im Boden verankert sind. Auf ihnen ruht das Vordach, gebaut mit der Absicht, ein Gefühl der Leichtigkeit zu vermitteln. Entsprechend der Geometrie, ist der Büroturm in den Ecken skulptural gestaltet und elegant mit vertikal ausrichtbaren Sonnenschutzvorrichtungen verkleidet. So ist der Bahnhof imstande, seine Maßverhältnisse mit dem Kontext zu vergleichen, aber gleichzeitig monumental.
Das Gebäude enthält mehrere Erkenntnisse für unsere Zeit. Es ist ein kohärenter architektonischer Organismus, in dem sich die Kraftlinien, die die Komposition erzeugen, vom Spezifischen zum Allgemeinen und umgekehrt vervielfältigen, so dass jeder Teil den Zusammenhang stärkt und jedes Detail durch dieselben Prinzipien gelöst wird. De Luca hat den Bahnhof wie einen großen überdachten Platz entworfen, von dem aus man zu den Büros auf- oder absteigt, durch die Kraft des von der Überdachung geschaffenen Raums fast von selbst hinab zu den Gleisen gezogen wird und schließlich in den Zug steigt. Eine räumliche Abfolge, bei der die Kühnheit der architektonischen Entscheidungen – einschließlich des Verzichts auf eine absolut moderne architektonische Sprache und des Nachhalls der Energie des damaligen Optimismus – die Beständigkeit des Gebäudes gewährleistete, das bis heute, trotz manch misslungener Eingriffe der Renovierung gedemütigt, seine Kraft nicht verloren hat.



Fakten
Architekten De Luca, Giulio (1912–2004)
Adresse 80142 Neapel, Italien


aus Bauwelt 18.2022
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