Studio D. in Berlin
In Berlin sinkt die Zahl der bezahlbaren Atelierräume stetig. Das Büro Pasztori Simons hat für einen arrivierten Künstler nun ein großzügiges Studio realisiert. Es bringt keine Abhilfe für das Problem, ist aber ein gelungenes Erstlingswerk.
Text: Klingbeil, Kirsten, Berlin
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An der Torstraße gelegen, aber deutlich zurückversetzt im Blockinneren
Foto: Yohan Zerdoun
An der Torstraße gelegen, aber deutlich zurückversetzt im Blockinneren
Foto: Yohan Zerdoun
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Das konstruktiv als Industriehalle ausgeführte Studio wurde statt des sonst üblichen Wellblechs mit feinen, nur sechs Zentimeter breiten Faserzementschindeln verkleidet.
Foto: Yohan Zerdoun
Das konstruktiv als Industriehalle ausgeführte Studio wurde statt des sonst üblichen Wellblechs mit feinen, nur sechs Zentimeter breiten Faserzementschindeln verkleidet.
Foto: Yohan Zerdoun
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Sie bilden einen Kontrast zu den großformatigen Fensteröffnungen und der klaren Formensprache.
Foto: Yohan Zerdoun
Sie bilden einen Kontrast zu den großformatigen Fensteröffnungen und der klaren Formensprache.
Foto: Yohan Zerdoun
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Die komplette Halle mit etwa 900 Quadratmetern ist als offener Werkraum errichtet.
Foto: Yohan Zerdoun
Die komplette Halle mit etwa 900 Quadratmetern ist als offener Werkraum errichtet.
Foto: Yohan Zerdoun
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Ein Feld aus einzelnen flächigen Leuchten schafft Tageslichtqualität im Innenraum.
Foto: Yohan Zerdoun
Ein Feld aus einzelnen flächigen Leuchten schafft Tageslichtqualität im Innenraum.
Foto: Yohan Zerdoun
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Die Tür zu den Büros – Spolie einer Ausstellung
Foto: Yohan Zerdoun
Die Tür zu den Büros – Spolie einer Ausstellung
Foto: Yohan Zerdoun
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Mit einem schmaleren zweigeschossigen Ortbetonkern schließt die freitragende Halle an den Bestand an. Hier sind einige Nebenräume untergebracht.
Foto: Yohan Zerdoun
Mit einem schmaleren zweigeschossigen Ortbetonkern schließt die freitragende Halle an den Bestand an. Hier sind einige Nebenräume untergebracht.
Foto: Yohan Zerdoun
Alles an diesem Projekt klingt wie eine Ausnahme: Zwei junge Architekten machen sich selbstständig und realisieren mit ihrem ersten Projekt ein Atelierhaus für einen renommierten Künstler, der jeden hätte beauftragen können und niemand hätte abgelehnt. Und das auf einer letzten Brachfläche an der Torstraße in Berlin-Mitte, wo es eigentlich längst keinen Baugrund mehr gibt.
Wovon hier nichts steht: Die Planungsgeschichte für diesen auf den ersten Blick einfachen Bau, der nach Richtlinien des Industriebaus ausgeführt wurde, zog sich über Jahre. Nach überwundenen Widrigkeiten, behördlichen Verhandlungen und nachbarschaftlichen Bedenken lag bereits eine Baugenehmigung für ein doppelt so hohes Gebäude an dieser Stelle vor, das dann nie ausgeführt werden konnte. Und zu all dem, stell-te sich das Grundstück für jegliche bauliche Aktivität als schwierig heraus.
Alles auf Anfang
Die beiden Architekten Martin Pasztori und Johann Simons haben an der Bauhaus Universi-tät in Weimar studiert, gemeinsam ihre Diplomarbeit gemacht und anschließend in verschiedenen Architekturbüros im Ausland gearbeitet – zuletzt bei Caruso St John in London und Diener & Diener in Basel. Als Pasztori sich entschied, nach Berlin zurückzugehen, bekam er von seinem damaligen Arbeitgeber das Angebot, ein bereits begonnenes Projekt zu übernehmen. Doch die Kosten des geerbten Studiogebäudes lassen es scheitern – und Pasztori Simons werden mit der Planung eines nunmehr kleineren, aber immer noch sehr großzügigen Ateliers beauftragt. Ihr Bauherr möchte nicht genannt werden, auch wenn es fast unmöglich scheint, den Bau nicht im direkten Zusammenhang zu seinem Werk zu sehen. Seinen Namen hier nicht zu schreiben, zeugt aber auch von dem Vertrauen, das er den jungen Architekten mit der Beauftragung entgegengebracht hat, was viel zu selten passiert, und davon, dass dieses Gebäude im Ergebnis für sich stehen kann.
Am Tag der Besichtigung, ein kalter, grauer Berliner Spätherbsttag, trifft einen zunächst eine gewisse Nüchternheit: eine simple graue Kiste mit immer gleichen Fensteröffnungen und schlichten Industrietüren. Die Bäume stehen blattlos. Ein Plattenbau flankiert den Stichweg zum Eingang, da er statt den Block zu schließen, in diesen hineingedreht wurde. Der Grund dafür ist der unterhalb des Grundstücks verlaufende S-Bahn-Tunnel der Nord-Süd-Strecke, der auch für den Bau des Ateliers eine Schwierigkeit darstellt: nur an wenigen Stellen kann der Baugrund belastet werden. Das erklärt auch, wie in dieser prominenten Lage noch eine Brache zu finden war. Um hier ein möglichst großzügiges Studio zu schaffen, entschieden sich die Architekten für eine Stahlrahmenkonstruktion, die den Tunnel über eine Länge von etwa 20 Metern wie eine Brücke überspannt und zudem elastisch gelagert ist. So lässt sich die Schwingungsübertragung der im Vier- bis Fünfminutentakt kreuzenden Bahnen verhindern.
Maßstabssprung
Doch je näher man an den Bau herantritt, desto schärfer offenbart sich ein feines Schindelwerk aus sechs Zentimeter breiten kleinen Schuppen, mit dem die komplette Fassadenhaut versehen wurde – und an dessen Raster sich alle Maße desGebäudes ausrichten. In Handarbeit wurden die vier Millimeter dünnen Faserzementschindeln an die Wände genagelt, wodurch sich kleine Unebenheiten in der Textur ergeben. Ein kleiner Trick, der für das Erscheinungsbild bedeutend war: Statt der farbbeschichteten Vorderseite wurde die Rückseite nach vorne gedreht und mit einem transparenten, eigens für das Projekt entwickelten UV-Schutz behandelt. Unweigerlich entstehen Assoziation zu Graupappe.
Die kleinteilige Gestaltung der Fassade wird gebrochen von den großen, immer gleichen Fensterformaten mit 4,50 Metern Breite und 3,10 Metern Höhe. Die klaren Aluminiumrahmen sitzen knapp unter dem First und am Boden. Das Spiel mit den unterschiedlichen Maßstäben lässt die Halle von außen kleiner wirken und auch ihre Nutzung wird nicht sofort ersichtlich.
Nach dem Eintritt steht man direkt im zehn Meter hohen Werkraum. Die Fenster, aus denen man hinausschauen könnte, sind mit Vorhängen versehen. Große, flächige Leuchtkörper sind in einem Raster von der Decke abgehängt und belichten das etwa 900 Quadratmeter große Atelier. Ein Rückzugsort für konzentriertes Schaffen. Das leise Rattern der kreuzenden S-Bahnen unter einem ist gleichzeitig die einzige Störung und einzige Möglichkeit der Verortung. Der Hallenbau schließt mit einem Ortbetonkern im Osten an ein Bestandsgebäude an. Auf der eingezogenen Galerie sind Büros eingerichtet, darunter stehen ein paar Regale als Lagerplatz. Hier befindet sich ein zweiter Eingang, über den man die Büroräume direkt erreicht.
Kostengünstig (was auch immer das in dieser Lage und für diese Größe heißen mag) war eine Vorgabe an die Architekten, die den Planungsprozess begleitet hat – aber wie man im Ergebnis sieht, nie den Kosten einer präzisen Detaillierung oder des gestalterischen Gesamtkonzepts geopfert wurde.
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