Bauwelt

Stuttgart B14


Der Stuttgarter Abschnitt der Bundesstraße 14, für den einst eine Schneise durch die Innenstadt geschlagen wurde, ist ein Musterstück der autogerechten Stadtplanung. Seit Jahrzehnten versuchen sich Planer und Poli­tiker an einem Rückbau, geschehen ist wenig. Nun könnte ein Wettbewerb die Wende bringen.


Text: Baus, Ursula, Stuttgart


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    Alltag auf der B14: Hauptstätter Straße mit Leonhardskirche, ...
    Foto: Christian von Holst

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    Alltag auf der B14: Hauptstätter Straße mit Leonhardskirche, ...

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    ... Neues Schloss am „Charlottenplatz“ ...
    Foto: Christian von Holst

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    ... Neues Schloss am „Charlottenplatz“ ...

    Foto: Christian von Holst

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    ... und Blick von der Hauptstätter Straße nach Norden auf die Erweiterung der Landes­bibliothek von LRO (zur Zeit der Aufnahme noch im Bau).
    Foto: Christian von Holst

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    ... und Blick von der Hauptstätter Straße nach Norden auf die Erweiterung der Landes­bibliothek von LRO (zur Zeit der Aufnahme noch im Bau).

    Foto: Christian von Holst

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    Lageplan von asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitekur (1. Preis im Wettbewerb)
    Bild: asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitekur

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    Lageplan von asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitekur (1. Preis im Wettbewerb)

    Bild: asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitekur

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    Am Österreichischen Platz soll der Verkehr oberirdisch weiterfließen, statt wie bisher teilweise durch einen Tunnel. Der Raum auf der Rampe und unterhalb der Paulinenbrücke könnte Sport und Freizeit dienen.
    Bild: asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitekur

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    Am Österreichischen Platz soll der Verkehr oberirdisch weiterfließen, statt wie bisher teilweise durch einen Tunnel. Der Raum auf der Rampe und unterhalb der Paulinenbrücke könnte Sport und Freizeit dienen.

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    Bild: asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitekur

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    Vorschlag des Teams asp und Koeber für den Österreichischen Platz. Wo derzeit der Verkehr auf zwei Ebenen verläuft, bliebe er oberirdisch, mit reduzierten Fahrspuren. Nordöstlich könnten statt des bisherigen Büroriegels durchlässigere Wohn- und Gewerbebauten entstehen.
    Bild: asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitektur

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    Vorschlag des Teams asp und Koeber für den Österreichischen Platz. Wo derzeit der Verkehr auf zwei Ebenen verläuft, bliebe er oberirdisch, mit reduzierten Fahrspuren. Nordöstlich könnten statt des bisherigen Büroriegels durchlässigere Wohn- und Gewerbebauten entstehen.

    Bild: asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitektur

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    Durch die verschmälerte Hauptstätter Straße erhielte die Leonhardskirche einen Abstand zur Straße und einen erkennbaren Vorplatz. Als Ersatz für ein Parkhaus schlagen die Planer ein „Film- und Medienhaus“ und einen Museumsbau vor.
    Bild: asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitektur

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    Durch die verschmälerte Hauptstätter Straße erhielte die Leonhardskirche einen Abstand zur Straße und einen erkennbaren Vorplatz. Als Ersatz für ein Parkhaus schlagen die Planer ein „Film- und Medienhaus“ und einen Museumsbau vor.

    Bild: asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitektur

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    Am Charlottenplatz trifft die Hauptstätter Straße auf die auch als „Kulturmeile“ bezeichnete Konrad-Adenauer-Straße, die zur Allee mit begehbarem Mittelstreifen umgebaut werden würde. Die derzeit für den Autoverkehr genutzte Rampe würde zur Stadtbahn führen.
    Bild: asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitektur

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    Am Charlottenplatz trifft die Hauptstätter Straße auf die auch als „Kulturmeile“ bezeichnete Konrad-Adenauer-Straße, die zur Allee mit begehbarem Mittelstreifen umgebaut werden würde. Die derzeit für den Autoverkehr genutzte Rampe würde zur Stadtbahn führen.

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    Die Kulturmeile wird von acht Fahrspuren auf vier reduziert. Die mittleren Streifen werden für Passanten zugänglich und mit Bäumen gesäumt.
    Bild: asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitekur

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    Die Kulturmeile wird von acht Fahrspuren auf vier reduziert. Die mittleren Streifen werden für Passanten zugänglich und mit Bäumen gesäumt.

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    Am Gebhard-Müller-Platz. Links der mittlere Schlossgarten, der zum neuen Hauptbahnhof führen soll; rechts ein abgetreppter Parkverlauf.
    Bild: asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitekur

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    Am Gebhard-Müller-Platz. Links der mittlere Schlossgarten, der zum neuen Hauptbahnhof führen soll; rechts ein abgetreppter Parkverlauf.

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    Neckarstraße, heute Konrad-Adenauer-Straße und Kulturmeile, 1953

    Foto: LMZ-BW / Robert Bothner

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    Neckarstraße, heute Konrad-Adenauer-Straße und Kulturmeile, 1953

    Foto: LMZ-BW / Robert Bothner

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    Hauptstätter Straße, Charlottenplatz und Kultur­meile mit dem Haus des Landtags, 1972
    Foto: LMZ-BW / Robert Bothner

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    Hauptstätter Straße, Charlottenplatz und Kultur­meile mit dem Haus des Landtags, 1972

    Foto: LMZ-BW / Robert Bothner

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    Bereits 1987 lieferten Architekten in einem Symposium Ideen für die Kulturmeile, darunter Colin Rowe, Othmar Barth und James Stirling. Stirling platzierte auf der Straßenmitte pavillonartige Gebäude und fasste die Straße durch Neubauten (Bild). Die Pläne wurden nicht weiterverfolgt.
    Zeichnung: Stirling Wilford Architects

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    Bereits 1987 lieferten Architekten in einem Symposium Ideen für die Kulturmeile, darunter Colin Rowe, Othmar Barth und James Stirling. Stirling platzierte auf der Straßenmitte pavillonartige Gebäude und fasste die Straße durch Neubauten (Bild). Die Pläne wurden nicht weiterverfolgt.

    Zeichnung: Stirling Wilford Architects

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    2. Preis: Pesch Partner Architekten und R+T Verkehrsplanung setzen in ihrem Entwurf auf einen Rück- und Umbau der B14 zu einer überwiegend vierspurigen Straße, begleitet von Baumreihen, Radwegen, Grün- und Sickerungsflächen. Die Pläne des Teams basieren auf zwei Bauphasen. Der Schnitt zeigt den Endausbau an der Leonhardskirche, der Straßenverlauf bleibt auch hier oberirdisch.
    Bild: Architekten

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    2. Preis: Pesch Partner Architekten und R+T Verkehrsplanung setzen in ihrem Entwurf auf einen Rück- und Umbau der B14 zu einer überwiegend vierspurigen Straße, begleitet von Baumreihen, Radwegen, Grün- und Sickerungsflächen. Die Pläne des Teams basieren auf zwei Bauphasen. Der Schnitt zeigt den Endausbau an der Leonhardskirche, der Straßenverlauf bleibt auch hier oberirdisch.

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    Die Gebäude an der Kultur­meile sollen durch den gewonnenen Raum an der Straße die Möglichkeit erhalten, sich zu erweitern und ihre Erdgeschosse für neue Nutzungen zu öffnen.
    Bild: Architekten

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    Die Gebäude an der Kultur­meile sollen durch den gewonnenen Raum an der Straße die Möglichkeit erhalten, sich zu erweitern und ihre Erdgeschosse für neue Nutzungen zu öffnen.

    Bild: Architekten

Es ist die zigste Ideensuche, mit der sich die Stadt Stuttgart einer der schlimmsten Stadtautobahnen der Republik annimmt. Die B14 führt mit bis zu 13 Fahrspuren und einigen Unterführungen durch die Innenstadt, bis zu 90.000 Fahrzeuge hat sie pro Tag zu verkraften. Im innerstädtischen Bereich ist die Verkehrsader etwa fünf Kilometer lang und wird in ihren prominenten Abschnitten von Opernhaus, Kleinem Staatstheater, Landtag, Staatsgalerie, Haus der Geschichte, Stadtmuseum und alter und neuer Landesbibliothek gesäumt. Vor allem diesem „Kulturmeile“ genannten Abschnitt hatte man sich bereits so häufig wie folgenlos zugewandt (Bauwelt 10.2009). Schwung in die Stadtplanungsdebatten bringt seit 2017 die rührige Ini­tiative „Aufbruch Stuttgart“ um den populären Fernsehmoderator Wieland Backes – Arno Lederer und Werner Sobek sind auch dabei –, die mit ihren Aktionen trefflich zeigt, was die Stadt über Jahrzehnte alles versäumt hat. Dem aktuellen Wettbewerb war Aufbruch Stuttgart im Herbst 2019 mit einem Workshop „Aufbruch in die Verkehrswende“ zuvorgekommen. Aber was bedeutet schon Zeit, wenn ein Verkehrsmonstrum allenfalls in zwanzig bis fünfzig Jahren zu bändigen ist?
Jetzt aber, gegen Ende der achtjährigen Amtszeit des grünen Oberbürgermeisters Fritz Kuhn, lief tatsächlich ein Planungswettbewerb, der auf Drängen beteiligter Bürger nicht auf die Kulturmeile beschränkt war, sondern die B14 vom Marienplatz im Süden bis zum Schwanenplatz an den Mineralbädern im Nordosten umfasste. Der Clou dabei: Die Teilnehmer sollten von 50 Prozent weniger Autos ausgehen. Wie die Hälfte der Autos wegkommen? Easy?
Dazu muss man wissen, dass die Stadt Stuttgart, deren Steuer-Goldesel Daimler immer bulligere, wüstentaugliche Autos verkauft, wegen der Klimaziele ohnehin viel gegen verkehrsbedingte Luftbelastungen tun muss. Leider beschränkte sich die Auslobung zu sehr auf den Straßenraum, sie sah eine Auseinandersetzung mit den anliegenden Stadtvierteln nicht vor.
23 Büros nahmen an dem nicht offenen Wettbewerb teil, acht davon eingeladen. Mitte Oktober vergab die Jury unter Vorsitz des Schweizer Planers Patrick Gmür (der auch Vorsitzender des Städtebaulichen Gestaltungsbeirats Stuttgart ist) den ersten Preis an asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitektur. Die Büros asp und Koeber sind in Stuttgart zuhause, haben bereits den Wettbewerb für das S21-Rosensteinquartier gewonnen (Bauwelt 14.2019) und kennen den Wettbewerbsbereich wie ihre Westentasche. Sie segmentierten die Gesamtstrecke, weil zum einen die Teilstrecken sehr unterschiedliche Charaktere aufweisen, zum anderen mögliche Bauabschnitte über den jahrzehntelangen Umbau verteilt werden können.
Im Gesamtkonzept überzeugen asp und Koeber durch Radikalität: Die Stadtautobahn soll durch keinen einzigen Tunnel mehr führen – ausgenommen in einem kleinen Abschnitt am Charlottenplatz. Sie soll deutlich weniger Fahrspuren aufweisen, zu einer normalen „Stadtstraße“ geadelt und partiell baulich dichter gefasst werden. Im Detail gehen die Preisträger jedoch wesentlich harmloser vor.
Fangen wir im Süden an, am Marienplatz. Von hier zum weiter nördlich gelegenen Österreichischen Platz (siehe Schnitt und Plan) sind für die Hauptstätter Straße – wo der Verkehr derzeit die Stadt spürbar mit Lärm und Dreck verpestet – nur zwei Fahrspuren vorgesehen. Mit dem hübschen Begriff „Taschenspiel“ werden vor allem auf den östlichen Straßenseiten kleine, platzähnliche Ausweitungen vorgesehen. Und Bäume sollen gepflanzt werden, wo es nur geht: ganz viele Bäume. Bei allen Wettbewerbsarbeiten fällt ohnehin auf: Grüner geht’s nicht. Am Österreichischen Platz, der eher ein Straßenring über schaurigem Tiefgeschoss ist, wird die B14 jetzt östlich vorbeigeführt, so entsteht Platz für Bäume, die hier nicht in Reihe, sondern lockerer platziert sind und den so getauften „Paulines Park“ bilden sollen. Auf einer Ecke sehen die Architekten ein neues Turmhaus vor, nennen die Räume unter dem derzeitigen Straßenring und den Auffahrten dazu „Playunderground“ , was auf neue Narrative schließen lässt, aber kaum deutlich macht, was hier denn passieren soll. So war es früher auch: Hoffnungsvoll schrieb man auf die Pläne „Begegnung“ oder „Spielen“.
Weiter westlich geht es zum autofrei geplanten Wilhelmsplatz. Dort wird in üblicher Blockstruktur nachverdichtet, was gut gemeint sein mag, aber – denkt man an die neueren Bürobauten in Stuttgart – nichts Gutes ahnen lässt. Baugrund in Aussicht zu stellen, sorgt in Stuttgarts Innenstadt jedoch per se für Freude. Auf Höhe der Leonhardskirche räumen asp und Koeber zugunsten vieler Bäume gründlich auf, der Abschnitt mit dem Namen „Leonhards Wohnzimmer“ wirkt geradezu beschaulich. Das Quartier soll zudem mit Kulturbauten ergänzt werden (siehe zweiter Plan). Das aber birgt Konflikte mit Projekten, die die Stadt oder manch Investor bereits in der Mache hat. Dazu später mehr.
Der Charlottenplatz (dritter Plan) bleibt notgedrungen eine Straßenkreuzung, wo die vorhandene Tunnelführung zusammen mit der unter­irdischen U-Bahnkreuzung als funktionstüchtiges Mahnmal gegen Stadtzerstörung durch Tiefbauämter erhalten werden könnte. Am – zum Glück – frei gehaltenen Akademiegarten betonen Baumreihen die traditionelle Achsenausrichtung zum Wilhelmspalais als Auftakt zur begrünten Kultur­meile. Die hieß in früheren Wettbewerben mal „City-Boulevard“ und wird nun von den Planern als „Kultur-Rambla“ deklariert. „Open Air-Bibliothek“, „Speakers Corner“, „Stadtbühne“ und „Skulpturen-Boulevard“ sollen differenzierte Unterabschnitte mit Aufenthaltscharakter versprechen, aber ob hier Kanarienvögel verkauft und Flöten gespielt werden?
Für den folgenden Gebhard-Müller-Platz zeichnet sich unterdessen ein Konflikt ab, denn dort schlagen die Entwurfsverfasser einen Übergang vom steil aufwärts liegenden Osten (mit neuer John Cranko Schule, Bauwelt 20.2020) hinab Richtung Schlossgarten vor. Nur hatte die Verwaltungsspitze während des Wettbewerbs beschlossen, den Tunnel Richtung Neckartor für etwa 50 Millionen Euro auch noch zu verlängern.
Was asp und Koeber im anschließenden Abschnitt in Richtung Neckartor vorschlagen, lässt am deutlichsten erkennen, was den ganzen Entwurf in seiner Schlüssigkeit auszeichnet: Wo möglich, stärken sie die Querverbindung über die B14 hinweg, um Stadtquartiere zusammenzubringen. Das ist unspektakulär, aber lässt gerade deswegen erkennen, warum in Stuttgart über Jahrzehnte so vieles falsch gemacht worden ist. Der Landeshauptstadt fehlen Orte, die von der Stadt als Planungsaufgabe auch selbst hätten aufgesucht werden können.
Der Pragmatismus, der sich im ersten Preis offenbart, schwächt alle Einwände, der Entwurf müsse auf „Machbarkeit“ überprüft werden. Aber Stuttgarts grüner Baubürgermeister Peter Pätzold, dessen Amtszeit kaum durch heraus­ragendes Planergeschick in Erinnerung bleiben wird, meinte, jetzt müssten erstmal Machbarkeitsstudien gemacht werden – ob und wie der Verkehr reduziert werden kann. Solche Studien sind die Keulen, mit denen Ideen kurz und klein geschlagen werden können. Die CDU rief ohnehin schon nach den Verkehrsplanern, die sie für wichtiger als die Architekten hält, und der CDU-Bürgermeister-Kandidat Frank Nopper ließ vermelden, was seines Erachtens wichtig wäre: „mehr Grünflächen, aber ohne Verbannung des Autos“. Unterdessen haben es die Stadtverwaltung und einzelne Investoren hier und da eilig, zumal an der B14 auch ein IBA-Projekt liegt. Investor Breuninger, der das Dorotheen-Quartier westlich der B14 gebaut hatte, ist gegenüber
im Besitz eines Parkhauses an einer Stelle, wo rasch ein „Mobility-Hub“ entstehen soll. Erst dann kann das nahegelegene Züblin-Parkhaus abgerissen werden, um einem IBA-Wohnungsbau-Projekt zu weichen. Anfang 2022 soll der Bebauungsplan vorliegen. Das Team asp und Koeber hatte hier aber keinen Hub, sondern
einen Kulturbau vorgesehen. Darin zeigt sich exemplarisch eine Krux, die kein gutes Licht auf die Behörden wirft: Die Begehrlichkeiten links und rechts der B14 sind bereits dermaßen ausgeprägt, dass für eine sorgfältig durchdachte, langfristige Anpassung an den asp-Koeber-Plan keine Zeit zu sein scheint.
Im Stuttgarter „Wechselraum“, dem Ausstellungsraum des BDA, wird derweil an 1987 erinnert. Lothar Späth war Ministerpräsident, Manfred Rommel Oberbürgermeister, beide hatten ein Symposium veranlasst, bei dem James Stirling, Dolf Schnebli, Colin Rowe und andere über Stuttgart als Stadt und nicht als Straßenraum berieten. An dieses Niveau sollten Politik und Verwaltung anknüpfen, wenn der Siegerentwurf abschnittsweise und mit Strahlkraft für Stuttgarts Zukunft realisiert werden soll. Wenn dieser Plan aber nicht als richtungsweisend begriffen und verfolgt wird, bleibt Stuttgart was es ist: eine Stadt fürs Auto, genauer: für AutofahrerInnen.



Fakten
Architekten asp Architekten, Stuttgart; Koeber Landschaftsarchitektur, Stuttgart
Adresse Q5GM+88 Stuttgart


aus Bauwelt 24.2020
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