Wohnturm in Berlin
Straßenseitig verrät die glänzende Verkleidung den Dachausbau. Versteckt bleiben dagegen die sieben Studiowohnungen, die sich im Berliner Hinterhof zu einem schmalen Wohnturm stapeln. Die Architekten Leonhard Clemens und Max Hacke haben mit Ausdauer, sicherer Hand und einer kreativen Auslegung der Baunormen aus wenigen Quadratmetern viel herausgeholt.
Text: Klingbeil, Kirsten, Berlin
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Sechs mal neun Meter misst der Baugrund, auf dem der Wohnturm sich behauptet.
Foto: Architekten
Sechs mal neun Meter misst der Baugrund, auf dem der Wohnturm sich behauptet.
Foto: Architekten
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Verstecktes Potenzial im Hinterhof: An einer Brandwand konnte der fehlende Rest eines Seitenflügels ergänzt werden. Die Baustelleneinrichtung musste aufgrund des schmalen Hofzugangs über das Dach des Vorderhauses erfolgen, das ebenfalls ausgebaut wurde.
Foto: Architekten
Verstecktes Potenzial im Hinterhof: An einer Brandwand konnte der fehlende Rest eines Seitenflügels ergänzt werden. Die Baustelleneinrichtung musste aufgrund des schmalen Hofzugangs über das Dach des Vorderhauses erfolgen, das ebenfalls ausgebaut wurde.
Foto: Architekten
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Vier neue Wohnungen im Dachgeschoss, sieben im Turm: Dank ihrer kleinen Flächen dürften die Mietpreise für die neuen Mieter zu stemmen sein.
Foto: Architekten
Vier neue Wohnungen im Dachgeschoss, sieben im Turm: Dank ihrer kleinen Flächen dürften die Mietpreise für die neuen Mieter zu stemmen sein.
Foto: Architekten
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Die Wohnung endet nicht am Fenster, sondern an der Balkonbrüstung.
Foto: Architekten
Die Wohnung endet nicht am Fenster, sondern an der Balkonbrüstung.
Foto: Architekten
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Vor der Haustür musste aus Brandschutzgründen eine Schleuse eingeplant werden, die kostbare Quadratmeter einnimmt.
Foto: Architekten
Vor der Haustür musste aus Brandschutzgründen eine Schleuse eingeplant werden, die kostbare Quadratmeter einnimmt.
Foto: Architekten
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Die Farbe der Badfliesen variert in jedem Geschoss.
Foto: Architekten
Die Farbe der Badfliesen variert in jedem Geschoss.
Foto: Architekten
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Als Boden wurde ein blaugrauer Kunststoffguss aufgebracht, der keine störenden Dehnungsfugen benötigt.
Foto: Architekten
Als Boden wurde ein blaugrauer Kunststoffguss aufgebracht, der keine störenden Dehnungsfugen benötigt.
Foto: Architekten
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Auslegungssache: Der Fluchtweg über das Dach wurde ein bisschen breiter und so zu einer Dachterrasse für die Bewohner.
Foto: Clemens Wronski
Auslegungssache: Der Fluchtweg über das Dach wurde ein bisschen breiter und so zu einer Dachterrasse für die Bewohner.
Foto: Clemens Wronski
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Sie erreichen die Terrasse über die Oberlichter oder das neue Treppenhaus.
Foto: Architekten
Sie erreichen die Terrasse über die Oberlichter oder das neue Treppenhaus.
Foto: Architekten
Um jeden Zentimeter haben sie gekämpft. Damit auf dem etwa sechs mal neun Meter kleinen Baugrund ein siebengeschossiger Wohnturm entstehen konnte, das laut Architekten „vielleicht kleinste Mietswohnhaus Deutschlands“. Aber auch um viele Details wurde gerungen. Jeden Zwang und jede Notwendigkeit haben die Architekten hinterfragt und in ein gestalterisches Exempel überführt – ob bei der Erschließung, den Balkongittern oder beim Fluchtweg. Die ausdauernde Detailarbeit hat sich gelohnt: Aus der eigenen Vorstellung wurde gebaute Realität.
Zunächst waren Max Hacke und Leonhard Clemens mit dem Dachausbau des Vorderhauses von einem privaten Bauherrn aus dem Bekanntenkreis beauftragt worden. Während dessen Planung kam die Erweiterung des verkürzten Seitenflügels hinzu. Eine glückliche Fügung, denn der Dachausbau verlangte ohnehin einen zweiten Fluchtweg und somit war ein neues Treppenhaus (inkl. Fahrstuhl) unumgänglich. Der Erschließungskern hat sich zum Herzstück des Projekts entwickelt. Denn um die Einfügung des Turms auf dem Reststück wirtschaftlich umzusetzen, wurde getüftelt, bis aus der kleinen Fläche der größtmögliche Raum gewonnen war. Geschosshöhen und Treppenlauf mussten in Einklang gebracht werden, so dass der Neubau ein Geschoss mehr als der Altbau auf gleicher Höhe unterbringt. Dafür ist das Erdgeschoss etwas höher als die Obergeschosse.
In der Fassade bildet das Treppenhaus eine Rundung aus, die mit weißem Wellblech verkleidet ist. Das einfache Material entfaltet hier in seiner homogenen Anwendung eine Eleganz, die durch eine filigran ausgeklappte Stahltreppe unterstrichen wird. Neben dem Relief der Rundung steht die grau verputzte Fassade des schmalen Turms, auf die große Fensterflächen folgen. Eine „Lochfassade“, auf die Spitze getrieben: Die Wohnungen haben jeweils nur eine Fensteröffnung. Sieben Ein-Raum-Wohnungen mit circa 35 Quadratmeter Fläche – wobei die siebte durch den Rücksprung noch ein bisschen kleiner ist – türmen sich hier aufeinander.
Die Stärke der Wohnungen liegt in der einfachen, aber hochwertigen Ausstattung und der Erweiterung der Wohnfläche um den großen Balkon mit Südostausrichtung. Die schlichten Balkonbrüstungen setzte der Generalunternehmer natürlich nicht diskussionslos um. Auch der in Berlin erforderliche „Herd“ (Kochgelegenheit, es reicht ein einfacher Campingkocher) wurde als Entwurfsaufgabe begriffen: Hierfür haben Clemens und Hacke für alle elf Wohnungen aus Edelstahl Arbeitsflächen mit Spülbecken und Kochfeld anfertigen lassen, die mit IKEA-Standardmodulen ausgebaut werden können.
Im Dachgeschoss des Vorderhauses sind drei Ein-Zimmer-Wohnungen und eine Zwei-Raum-Wohnung untergebracht. Der zweite Fluchtweg führt im Brandfall über das Dach, genauer: über die Dachterrasse. Denn statt die üblichen schmalen Gitterrostwege zu verlegen, schufen die Architekten aus den Rosten eine Gemeinschaftsterrasse, die aus den Dachwohnungen über ein spezielles Oberlicht oder über das neue, zweite Treppenhaus erreicht werden kann.
Unbeantwortet bleibt am Ende nur eine Frage: Warum wird es jungen Architekten eigentlich so schwer gemacht, an solche Aufträge oder auch an größere zu kommen, wenn ihnen das Projekt mindestens ebenso glücken kann wie etablierten Büros? Das einzige Manko an diesem Projekt: Es steht im Hinterhof und bleibt damit im Verborgenen.
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