Bauwelt

Zaha Hadid

Ein Nachruf auf die erste Frau und Architektin, die den Pritzker-Preis erhielt. Von dem Wiener Architekten und langjährigen Freund Wolf. D Prix: "Before we were so rudely interrupted".

Text: Prix, Wolf D., Wien

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Foto: Aleksandra Pawloff

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Zaha Hadid

Ein Nachruf auf die erste Frau und Architektin, die den Pritzker-Preis erhielt. Von dem Wiener Architekten und langjährigen Freund Wolf. D Prix: "Before we were so rudely interrupted".

Text: Prix, Wolf D., Wien

Vor 30 Jahren, als wir alle dabei waren, die Grenzen der damals bekannten Architektur zu überschreiten, tauchte Zaha aus dem Dunkel der AA-Studios auf und raste mit unbeschreibbarer Geschwindigkeit, räumliche Kalligraphien in den schwarzen Weltraum malend, durch das Universum der Architektur. Zaha präsentierte ihre Bauwerke mit Lust am Glamour und sich selbst als Königin im Schachspiel der Architekturszene, und sie trennte nicht Architektur und Kunst. Dass die Utopie der Architektur nach Schaffung von neuen Körpern und fremden Gestalten verlangt, die wie Meteoriten von einem fremden Stern in die Vertrautheit einschlagen und damit Bahnen und Räume für Neues, Unbekanntes öffnen, erzeugt Angst. Es ist die Angst der Kleinmütigen und Unbegabten vor der Form von Zahas neuen Ideen und Gebäuden. Während die politische Rechte mit ihren Neid schürenden und rückwärtsgewandten Parolen immer mehr an Boden gewinnt, betoniert sich der Architektenstand mit seinen kisten-, scheunen- und barackenartigen Architekturen, die mit schießschartenartigen Fenstern wie Wehrtürme aussehen, in die Zukunftslosigkeit ein.
Exzentrische Auftritte im Scheinwerferlicht
Es berührt mich eigenartig, dass sich die sehr respektvollen Nachrufe mehr mit Zaha Hadids exzentrischen und selbstbestimmten Auftritten als mit den von ihr oder ihrem Büro Zaha Hadid Architects entworfenen Gebäude, Entwürfe und Konzepten beschäftigten. Jetzt, nach ihrem plötzlichen Tod, werden die Stimmen immer lauter, die früher nur hinter ihren Rücken geflüstert wurden. Zaha Hadid war eine berühmte Frau. Eine arabische Frau. Selbstbewusst. Die Kritiker waren deshalb immer sehr zurückhaltend. Jetzt kann man aber lesen, dass man keine Stars und keine Diven mehr braucht und dass Zahas Bauwerke immer gleich aussehen. Man muss schon ein ungeübtes Auge besitzen, um das zu behaupten. Sehen doch alle gotischen Dome, alle barocken Paläste auch immer gleich aus – kurzum alle Denkmäler, zu denen man gerne pilgert.

Das kann nur von der Head-Down-Generation kommen, deren Netzhaut nur über Screens bespielt wird. Vielleicht kommt diese Kritik auch von dem Glauben, dass man Architektur bereits über die Hochglanzfotos in den Magazinen beurteilen kann. Vergessen ist die Raum-Zeit, die man nur in realen Architekturen erleben kann. Ich lese auch, dass Zaha Hadid sich um die Arbeitsverträge der Bauarbeiter an ihren Baustellen kümmern sollte: Dümmer geht’s nimmer! Die Ahnungslosigkeit eines Theoretikers, der noch nie die Realität der Entwicklung eines Projekts analysieren konnte, ist erschreckend. Heute, wo durch Willfährigkeit des Architektenstandes (vorauseilender Gehorsam, verinnerlichter Zwang) der Architekt zwar alle Verantwortung trägt, ihm aber gleichzeitig jede Macht, diese Verantwortung auch zu tragen, entzogen wird, ist dieser Vorwurf einfach dilettantisch.

Ein diktatorische Regime angebiedert?
Immer wieder ist zu hören, dass Zaha Hadid sich an diktatorische Regime angebiedert habe, ohne wahrzunehmen, was sie in diesen Ländern gebaut hat. Im Unterschied zu Kollegen, die eben dort auch bauen, aber über die niemand spricht – mit Recht –, baute sie nicht nach dem Geschmack der Diktatoren, sondern baute, was sie bauen wollte. Und diese Bauten sind nicht angepasst, diese Bauten sind selbstbestimmte Architektur.
Zaha war der Diamant der Architektur. Radikal leuchtend und fließend zugleich ist ihre Architektur ein Blick in eine optimistische Zukunft. Zaha hat mit ihren kalligraphischen Entwürfen und Bauten die Grenzen der Architektur durchbrochen und neues Terrain erschlossen. Form und Programm, Inhalt und Gestalt waren, sind und bleiben ihr Vermächtnis. Danke, Zaha, Du warst eine großzügige Freundin.
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Zaha Hadid (Dame Zaha Muhammad Hadid) wurde am 31. Oktober in Bagdad geboren. Hadid war eine britisch-irakische Architektin, Designerin und Professorin, zuletzt an der Universität für Angewandte Kunst in Wien. Zaha Hadids Stil ist bekannt für besonders dynamisch-fließende Gestaltung und raumgreifende Gebäudeformen. Die Architektur wie auch das Design der Pritzker-Preisträgerin (2004) erscheint so auf den ersten Blick komplex, folgt aber einer inneren, natürlichen Logik. Büropartner von Zaha Hadid Architects, Patrik Schumacher, spricht in dem Zusammenhang vom "parametrischem Entwerfen". Zaha Hadid studierte 1971 Mathematik in Beirut und ab 1972 Architektur in Großbritannien an der Architectural Association School in London. Nach ihrem Abschluss arbeitete die Architektin kurzzeitig beim OMA (Office for Metropolitan Architecture), dem Büro von Rem Koolhaas.

Große Aufmerksamkeit erhielt Hadid erstmals 1993 durch den Bau der ehemaligen Feuerwache in Weil am Rhein. Aufgrund der Dynamik der Kubatur wird das Feuerwehrhaus inzwischen als ikonisch bezeichnet. Folgend realisierte ihr Architekturbüro Zaha Hadid Architects viele bedeutende Kultur-, Bildungs-, und Freizeitbauten, darunter das Phaeno Science Center in Wolfsburg, das MAXXI Museum in Rom, das Kulturzentrum Heydar Aliyev Center in Baku, das Riverside Museum in Glasgow, die Skisprungschanze in Innsbruck, das Guangzhou Opera House und zahlreiche weitere Gebäude sowie Design-Werke.

Im März 2016 verstarb die Architektin in Miami an einem Herzinfarkt im Alter von 65 Jahren.
Fakten
Architekten Zaha Hadid Architects
aus Bauwelt 18.2016
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