Bauwelt

Radikale Neugestaltung dänischer Großwohnsiedlungen

Die am stärksten benachteiligten Großwohnsiedlungen Dänemarks erfahren bis 2030 umfangreiche bauliche Veränderungen. Das politische Ziel: eine neue Zusammensetzung der Bewohnerschaft.

Text: Bech-Danielsen, Claus, Aalborg; Stender, Marie, Aalborg

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    Die 15 „harten Ghettos" in Dänemark, im gleichen Größenverhältnis dargestellt. Die Größe der Siedlungen weicht stark voneinander ab.
    Grafik (Ausschnitt): Claus Bech-Danielsen

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    Die 15 „harten Ghettos" in Dänemark, im gleichen Größenverhältnis dargestellt. Die Größe der Siedlungen weicht stark voneinander ab.

    Grafik (Ausschnitt): Claus Bech-Danielsen

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    In vielen sozial benachteiligten Großwohnsiedlungen Dänemarks wird daran gearbeitet, Barrieren abzubauen und Brücken zu den umliegenden Stadtvierteln zu schlagen sowie neue Angebote zu schaffen, die neue Nutzer anziehen. Hier: Gellerupparken in Aarhus
    Foto: SLA und Rasmus Hjortshøj

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    In vielen sozial benachteiligten Großwohnsiedlungen Dänemarks wird daran gearbeitet, Barrieren abzubauen und Brücken zu den umliegenden Stadtvierteln zu schlagen sowie neue Angebote zu schaffen, die neue Nutzer anziehen. Hier: Gellerupparken in Aarhus

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    In Rosenhøj in Aarhus wurden 27 identische Wohn­blöcke in drei Varianten renoviert.
    Foto: EFFEKT

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    In Rosenhøj in Aarhus wurden 27 identische Wohn­blöcke in drei Varianten renoviert.

    Foto: EFFEKT

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    Das Projekt von EFFEKT gilt als sehr gelungen.
    Foto: EFFEKT

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    Neue Reihenhäuser und Wege wurden gebaut, einzelne Wohnblöcke ab­gerissen und intimere Freiräume geschaffen.
    Foto: EFFEKT

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    Neue Reihenhäuser und Wege wurden gebaut, einzelne Wohnblöcke ab­gerissen und intimere Freiräume geschaffen.

    Foto: EFFEKT

Radikale Neugestaltung dänischer Großwohnsiedlungen

Die am stärksten benachteiligten Großwohnsiedlungen Dänemarks erfahren bis 2030 umfangreiche bauliche Veränderungen. Das politische Ziel: eine neue Zusammensetzung der Bewohnerschaft.

Text: Bech-Danielsen, Claus, Aalborg; Stender, Marie, Aalborg

In Dänemark werden in den am stärksten benachteiligten Großwohnsiedlungen umfangreiche bauliche Veränderungen vorgenommen. In den Augen der Politik gelten benachteiligte Wohnsiedlungen als „Parallelgesellschaften“, die sich in ihren Werten und Normen von anderen Wohnsiedlungen unterscheiden. Ein Gesetz von 2018 schreibt vor, dass radikale Umbaumaßnahmen in diesen Siedlungen bis 2030 abgeschlossen sein müssen. Die Politik erhofft sich, dass sich dadurch die Zusammensetzung der Bewohnerschaft und das soziale Leben in den Brennpunktvierteln verändern. An der Universität Aalborg untersucht ein interdisziplinäres Forschungsteam, welche baulichen und sozialen Veränderungen bis 2030 eintreten werden.
Als in der Nachkriegszeit in Dänemark große Siedlungen mit Sozialwohnungen gebaut wurden, war die Zustimmung groß. Durch den enormen Wohnungsmangel wurden staatliche Initiativen zur Industrialisierung des Bauwesens eingeleitet. Ziel war die Massenproduktion von Wohnungen – und das ist gelungen. In nur wenigen Jahren wurde das Bauwesen revolutioniert. Durch den Einsatz völlig neuer Produktionsmethoden, Baumate­rialien, Bauarten und Montagetechniken wurde so viel Wohnraum geschaffen wie nie zuvor und auch nie mehr danach. Vor diesem Hintergrund gilt der soziale Wohnungsbau der Nachkriegszeit in Dänemark als das größte Bauexperiment in der dänischen Geschichte. Daher ist es bemerkenswert, dass viele der damaligen Siedlungen heute Gegenstand umfangreicher baulicher Veränderungen sind, die als das größte soziale Wohnungsbauexperiment der dänischen Geschichte betrachtet werden können.
Die aktuellen Pläne beruhen darauf, dass der soziale Wohnungsbau der Nachkriegszeit vor großen Herausforderungen steht. Im Laufe der Jahrzehnte kam es in diesen Gegenden zu einer unglücklichen Verkettung von wirtschaftlichen, baulichen, sozialen und architektonischen Problemen, die dazu geführt haben, dass die Siedlungen nun einen schlechten Ruf haben. Die Siedlungen wurden stigmatisiert, und die Stigmatisierung überträgt sich auf die Bewohner. Daher bilden großflächige Wohngegenden das Schlusslicht in der Hierarchie der lokalen Wohnungsmärkte. Diejenigen, die die Wahl haben, lassen sich in anderen Vierteln nieder. Obwohl der soziale Wohnungsbau für eine breite Bevölkerungsschicht geplant war, werden viele Wohnblocks der Nachkriegszeit inzwischen überwiegend von einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen bewohnt.
Diese Entwicklung lässt sich teilweise auch in Deutschland und anderenwesteuropäischen Städten beobachten. Das Besondere an dänischen Sozialwohnungen ist jedoch, dass sie non-profit sind und sich nicht an bestimmte einkommensschwache Bevölkerungsgruppen richten. Jeder kann sich für eine öffentlich geförderte Wohnung registrieren lassen, 20 Prozent der Dänen leben in einer solchen Wohnung. Dabei handelt es sich um gemeinnützige Wohngebäude, bei denen alle Entscheidungen in Bezug auf die einzelnen Wohneinheiten von den Bewohnern demokratisch abgesegnet werden müssen. Mit dem Gesetz zur Verhinderung von Parallelgesellschaften wurde diese Regelung allerdings außer Kraft gesetzt.
Gesetz zur Verhinderung von Parallelgesellschaften
Die Probleme in den staatlich geförderten Wohngebieten in Dänemark sind nicht neu. Bereits Mitte der 1970er Jahre wurde in einem Bericht davor gewarnt, dass sich in den großen staatlichen Wohnsiedlungen vermehrt sozial schwache Menschen ansiedeln. Seitdem wurden in fast allen größeren Nachkriegssiedlungen sowohl bauliche als auch wohnungswirtschaftliche Änderungen vorgenommen. Dennoch zeigen Studien, dass die Problemviertel heute weitgehend dieselben sind wie vor 40 bis 50 Jahren. Obwohl sich die Politik im Laufe der Jahre vermehrt mit Fragen der ethnischen Zugehörigkeit und der Integration befasst hat, haben sich die Probleme in diesen Vierteln nicht geändert.
Aus diesem Grund hat das dänische Parlament 2018 ein Gesetz zur Verhinderung von Parallelgesellschaften verabschiedet. Dieses Gesetz verlangt umfangreiche bauliche Veränderungen in den am meisten gefährdeten Wohngebieten. 2018 wurden 15 Wohnviertel als „Umwandlungsgebie­te“ identifiziert, die zu diesem Zeitpunkt bereits vier Jahre in Folge auf der sogenannten „Ghetto-Liste“ standen. Die dänische Ghetto-Liste stützt sich auf fünf Kriterien für die Zusammensetzung von Wohngebieten, die alle sozioökonomischer Natur sind. Ein staatlich gefördertes Wohngebiet mit mehr als 1000 Einwohnern wird als Ghetto definiert, wenn es das erste Kriterium und mindestens zwei der Kriterien 2 bis 5 erfüllt:
1. Der Anteil an Migrantinnen und deren Nachkommen aus nicht-westlichen Ländern liegt bei über 50 Prozent.
2. Der Anteil der Einwohner im Alter von 18 bis 64 Jahren, die nicht erwerbstätig oder in Ausbildung sind, liegt im Durchschnitt der letzten zwei Jahre bei über 40 Prozent.
3. Der Anteil der Einwohnerinnen im Alter von 30 bis 59 Jahren, die lediglich über eine Grundschulbildung (in Dänemark 1. bis 10. Klasse) verfügen, liegt bei über 60 Prozent.
4. Das durchschnittliche Bruttoeinkommen der steuerpflichtigen Einwohner im Alter von 15 bis 64 Jahren (ohne Auszubildende) in diesem Viertel beträgt weniger als 55 Prozent des durchschnittlichen Bruttoeinkommens der gleichen Bevölkerungsgruppe in der Region.
5. Der Anteil der Einwohnerinnen ab 18 Jahren, die wegen Straftaten nach dem Strafgesetzbuch, dem Waffengesetz oder dem Betäubungsmittel­gesetz verurteilt wurden, ist im Durchschnitt der letzten zwei Jahre mindestens dreimal so hoch wie im Landesdurchschnitt.
Wenn eine Wohnsiedlung vier Jahre hintereinander als Ghetto eingestuft wurde, tritt die im Gesetz zur Verhinderung von Parallelgesellschaften festgelegte Vorschrift einer umfassenden baulichen Neugestaltung in Kraft. Das Gesetz beruht auf der Überzeugung, dass physische Veränderungen zu sozialen Veränderungen führen können. Dies soll in erster Linie durch dieBereitstellung von anderen Wohnformen erreicht werden. So lautet die zentrale Forderung des Gesetzes, dass der Anteil der staatlich geförderten Familienwohnungen, der heute in den 15 Wohngebieten 95 bis 100 Prozent beträgt, bis 2030 auf 40 Prozent reduziert werden muss. Dies kann durch eine Verringerung dieses Wohnungsangebots, zum Beispiel durch Abriss oder Veräußerung, erzielt werden, aber auch in Form einer Verdichtung durch den Bau neuer Wohnformen (z.B. Eigentumswohnungen) und neuer Gewerbegebäude. Die Gesetzesauflagen werden auf jeden Fall zu umfangreichen baulichen Veränderungen in den 15 Wohngebieten führen, die sich an den sozioökonomischen Kriterien der Ghetto-Liste orientieren.
Neue Ideale
Das übergeordnete Ziel des Gesetzes ist die soziale Durchmischung der Großwohnsiedlungen. Man könnte also behaupten, dass die ursprüngliche Idee des dänischen Sozialwohnungsbaus, der für breite Bevölkerungsschichten vorgesehen war, wieder aufgegriffen wird. Trotzdem stellen die Umgestaltungen eine deutliche Abkehr von den städtebaulichen und wohnungspolitischen Idealen der Nachkriegszeit dar. So wurden beispielsweise große Wohngebiete in der Nachkriegszeit weitgehend als räumliche Enklaven angelegt, die sich von den umliegenden Wohnvierteln deutlich abgrenzen: Parkplätze, Lärmschutzwände, Grünstreifen und Höhenunterschiede schaffen Barrieren zur Umgebung, und die Straßenführung leitet den Verkehr in einem weiten Bogen um die Wohnblöcke herum, so dass sich die Kinder sicher im Viertel bewegen können.
Die Sicherheit, die ursprünglich für die Bewohner und ihre Kinder durch die Verlegung von Straßen um die Wohngebiete herum geschaffen wurde, wird jedoch anders interpretiert, wenn diese Viertel mit anderen Unsicherheitsfaktoren in Verbindung gebracht werden. Jetzt stellen Politikerinnen einen Zusammenhang her zwischen physischer Isolation und der Entwicklung von „Parallelgesellschaften“, in denen sich kulturelle und soziale Normen ohne Verbindung zur Außenwelt durchsetzen. Als Brücke zu den umliegenden Stadtteilen und in Anlehnung an den New Urbanism und dessen Forderung nach „eyes on the street“ werden daher neue Zufahrtswege in den Vierteln geschaffen, um Kriminalität und normwidriges Verhalten der dort lebenden Kinder und Jugendlichen zu bekämpfen. Dies mag paradox erscheinen: In den 1970er Jahren wurden die Straßen in einem weiten Bogen um die Wohngebiete herumgeführt, um Sicherheit zu gewährleisten. Bei den aktuellen Umbaumaßnahmen werden die Straßen mitten durch dieselben Wohngebiete geführt – und auch das soll Sicherheit erzeugen.
Derweil schätzen viele Bewohner die räumliche Abtrennung ihres Viertels und fühlen sich durch die autofreien Außenflächen sicher. Heutzutage geht es aber nicht nur um die Sicherheit der Bewohner. Die Mittelschicht der umliegenden Stadteile soll angelockt werden, und deshalb stehen vor allem das Sicherheitsempfinden und der Ruf der benachteiligten Wohnvier­tel im Mittelpunkt der aktuellen Umgestaltung. In den 1970er Jahren ging es also darum, ein sicheres Umfeld für Kinder und Jugendliche in ihren Wohngebieten zu schaffen und sie vor der umliegenden Stadt zu schützen. Heute dagegen geht es darum, für Sicherheit in der umliegenden Stadt zu sorgen, indem man sie vor Kindern und Jugendlichen in den Wohnvierteln schützt.
„Die“ und „wir“
Die strategischen Baumaßnahmen erfolgen auf städtischer Ebene, wobei die Problemviertel im Kontext der umliegenden Stadt betrachtet werden. Dies stellt sich gegen die Pläne der Nachkriegszeit, in der die Stadt nach bestimmten Funktionen und Vierteln mit jeweils eigenen Wohn- und Eigentumsverhältnissen aufgeteilt wurde. Nun geht es darum, all das zusammenzuführen, was wir in der Nachkriegszeit voneinander getrennt haben. Der strategische Blick auf die Städte erfolgt jedoch häufig aus einer Helikopterperspektive. Ziel ist es, Bewohnerinnen und Nutzer aus den angrenzenden Vierteln in die Problemviertel zu locken. Somit richtet sich die Kommunikation auch an die Mittelschicht in den angrenzenden Wohngebieten und in geringerem Maße an die Bewohnerinnen der betreffenden Viertel. Angesichts eines neuen großen Durchgangs, der in einem der großen Wohnblöcke in der Großwohnsiedlung Gellerupparken in Aarhus entstanden ist, berichten die Planer voller Begeisterung, dass man diesen Durchgang direkt von den Dachrestaurants im Zentrum von Aarhus sehen kann. Die Anwohnerinnen sind davon weniger begeistert, da deswegen Wohneinheiten abgerissen werden mussten, in denen früher gute Freunde und Familienmitglieder wohnten. Ein Beispiel ist eine Bewohnerin, deren Familie aus ihrer Erdgeschosswohnung ausziehen musste, um Platz für neue Bewoh­nerinnen zu schaffen: „Dieser Durchgang ist für nichts zu gebrauchen. Er leuchtet und kann in verschiedenen Farben blinken und so weiter... In un­serer Situation macht es keinen Sinn, dass man ein Loch in das Gebäude geschlagen hat. Meine Eltern hatten einen Garten. Und dann wird ihnen gesagt: Ihr könnt hier nicht bleiben – hier sollen andere Menschen wohnen.“
Auch die Erfahrungen mit der Sicherheitslage in diesen Gebieten sind oft sehr unterschiedlich, je nachdem, ob man die Bewohnerinnen oder die Menschen aus den umliegenden Vierteln befragt. Wenn Außenstehende Problemviertel als unsicher bezeichnen, geht es oft um Gruppen junger Männer, Vandalismus oder Kriminalität. Wenn wir die Anwohner fragen, sind es oft andere Dinge, die sie beunruhigen, zum Beispiel die Ungewissheit, ob ihr Wohnblock im Zuge des Gesetzes zur Verhinderung von Pa­rallelgesellschaften abgerissen wird. Es gibt also deutliche Unterschiede zwischen den Wahrnehmungen der Bewohnerinnen und ihrer Umgebung. Auch die ethnische Zugehörigkeit wirkt sich auf das Sicherheitsempfinden der Bewohner in ihrem Wohnviertel aus. Dies wird zum Beispiel in einem Interview mit einer jungen Frau deutlich, die zum Islam konvertiert ist. Sie empfindet Vollsmose als sicherer und das Nachtleben in Odense als un­sicherer, nachdem sie aufgrund ihres Glaubens begonnen hat, ihr Haar zu bedecken. Das Sicherheitsempfinden hängt also ganz davon ab, wen man fragt und welche Situation man anspricht. Sowohl in den Brennpunktvierteln als auch in der umliegenden Stadt wird zwischen „die“ und „uns“ unterschieden. Durch die derzeitigen Umgestaltungen werden die physischen Grenzen um die Wohngebiete herum abgebaut, doch die mentalen Grenzen lassen sich wahrscheinlich nur schwer überwinden.
Nicht alles ist gleich
In Dänemark wurden die meisten benachteiligten Wohngebiete 1960–79 gebaut. Dies gilt für 13 der 15 Wohnviertel, die als „Umwandlungsgebiete“ identifiziert wurden. Bei Begriffen wie „Ghetto“ und „Parallelgesellschaft“ haben die meisten Bürger Bilder von grauen Wohnblocks, umgeben von großen Rasenflächen, im Kopf, und die Medien schreiben über sie die immer gleichen stigmatisierenden Geschichten. Deshalb entsteht leicht der Eindruck, dass alle 15 Brennpunktviertel gleich sind, und viele denken, dass in allen Vierteln die gleichen Lösungen umgesetzt werden können. Dem ist natürlich nicht so. Wenn man sich die Mühe macht, die 15 Wohngebiete näher zu betrachten, stellt man fest, dass sie sich sehr stark unterscheiden. Ihr städtischer Kontext ist zum Beispiel sehr unterschiedlich: Fünf der Gebiete befinden sich in Aarhus und Kopenhagen, wo der Wohnungsmarkt boomt und es daher möglich ist, private Investorinnen für den Kauf von Baugrundstücken zu gewinnen. Es ist viel schwieriger, private Geldgeber für Investitionen in Wohngebiete am Rande von kleinen Provinzstädten zu gewinnen, wo der Wohnungsmarkt ins Stocken geraten ist. Auch bei ande­ren Faktoren bestehen deutliche Unterschiede zwischen den 15 Wohngebieten. Dies gilt für ihre architektonischen und landschaftlichen Qualitäten, ihren Zustand, die mit ihnen verbundenen Funktionen, ihre sozialen Strukturen und ihre Größe.
Um nur ein Beispiel zu nennen: Vollsmose in Odense und Mjølnerparken in Kopenhagen gehören beide zu den 15 Brennpunkten, über die am meis­ten gesprochen wird, und sie werden so beschrieben, als ob sie genau gleich wären. Vollsmose ist flächenmäßig jedoch mehr als 35-mal so groß wie Mjølnerparken, und während Vollsmose am Stadtrand von Odense liegt, ist Mjølnerparken vom attraktiven Stadtraum Superkilen umgeben, der von der Bjarke Ingels Group entworfen wurde. Beide Siedlungen haben ganz unterschiedliche Herausforderungen und Potenziale. Die einheitliche Beschreibung und Wahrnehmung birgt jedoch die Gefahr, dass sich bei Planerinnen und Architekten die Vorstellung einer „Einheitslösung für alle“ durchsetzt. Es ist aber wichtig, dass die baulichen Veränderungen die Besonderheiten und den Kontext des jeweiligen Wohngebiets berücksichtigen.
Abriss und Neugestaltung
Das soziale Wohnungsbauexperiment hat also begonnen: Wohnblöcke werden abgerissen, bedürftige Bewohnerinnen müssen ausziehen, neue Bewohner werden einziehen, und das soziale Umfeld wird sich ändern. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Ergebnisse permanent ausgewertet werden. Es wird genau verfolgt, wie sich die 15 benachteiligten Wohngebiete in den nächsten zehn Jahren entwickeln werden. Die Untersuchung, die von BUILD an der Universität Aalborg durchgeführt wird, konzentriert sich auf die städtebaulichen strategischen Veränderungen, die vorgenommen werden, um die betreffenden Wohngebiete mit den umliegenden Stadtvierteln zu verbinden und sie durch eine veränderte Zusammensetzung ihrer Bewohnerinnen zu stabilisieren.
Die städtebaulichen Vorhaben werden im Hinblick auf soziale Maßnahmen und organisatorische Veränderungen und deren Wechselwirkung analysiert, einschließlich der Frage, wie und inwieweit die baulichen Veränderungen das Leben in den Wohngebieten beeinflussen und ob die Wohngebiete anschließend räumlich und sozial enger mit den umliegenden Stadtvierteln verknüpft sind. Werden die baulichen Herausforderungen bewältigt? Wie wird das Leben in diesen Großwohnsiedlungen beeinflusst? Verbessert sich der Ruf der Siedlungen? Gelingt es, den Status der Siedlungen als sozial benachteiligt zu verändern? Und werden die sozialen Probleme der Bewohnerinnen gelöst – oder verlagern sie sich einfach in andere Stadtteile? Dies sind einige der wichtigsten Punkte, die wir bei unserer aktuellen Untersuchung im Auge behalten werden.

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