Bauwelt

Berührungspunkte

Weniger ein Krimi für Hardcore-Fans als ein typischer Bachmann, informativ, humorvoll, doppelbödig.

Text: Werner, Frank, Münster

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Berührungspunkte

Weniger ein Krimi für Hardcore-Fans als ein typischer Bachmann, informativ, humorvoll, doppelbödig.

Text: Werner, Frank, Münster

Architekturkrimis sind vergleichsweise sel­ten, doch dieses klei­ne Bändchen macht gleich in mehrfacher Hinsicht auf sich aufmerksam. Allein schon Titel und Aufmachung von Wolfgang Bachmanns Kriminalroman „Berührungspunkte“ wecken auf Anhieb Assoziationen zu jenen perfekt gestylten „BerührungsPUNKTEN“, welche von einem Edeltürklinkenhersteller als Magazin herausgegen werden. Mit dem kleinen Unterschied freilich, dass Bachmanns Taschenbuch noch weitaus nob­ler gestaltet ist. So markiert – in edlem Schwarzweiß gedruckt – Leonardos vitruvianischer Mensch bei der Vorstellung der handelnden Personen unmissverständlich, um was es inhaltlich geht, während die nachfolgenden Kapitel durch monochrome Seiten in geläufigem Architektenschwarz großzügig voneinander getrennt sind. Was das Bändchen aber endgültig zu einem bibliophilen Kleinkunstwerk macht, sind die Bleistiftzeichnungen von Christiane Braunwarth, die das Buch so krimiuntypisch wie humorvoll durchziehen.
Die Handlung ist überschaubar und – ohne allzu viel zu verraten – schnell erzählt. Der junge, äußerst engagierte Architekt Martin Bender hat in Kooperation mit dem einflussreichen Unternehmen Rhein-Bau einen Investorenwettbewerbzur Realisierung eines großen Wohnquartiers inLudwigshafen gewonnen. Bei der Werkplanung kommt ihm allerdings der Prokurist der Bauunternehmung Horst Kupferschmid auf unerträgliche Weise ständig in die Quere. Kupferschmid hasst Architekten und verunglimpft Benders Arbeiten sukzessive als elitär und unbezahlbar. Damit zwingt der Kulturbanause den Baukünstler zu unerträglichen Abstrichen an seinen Ambitionen. Als Prokurist Kupferschmid zwecks Frust­abbau eine Masseuse aufsucht, die im Rotlichtmilieu arbeitet, wird er postwendend von dieser Dame nebst ihrem Zuhälter erpresst. Kupferschmid, der ad hoc den Architekten der Erpressung verdächtigt, schaltet den Detektiv und früheren Polizisten Philip Hartog zwecks Aufklärung ein. Doch die Dinge entwickeln sich für Kupferschmid ganz anders als erwartet.
Der Autor hieße nicht Wolfgang Bachmann, hätte er der reißerischen Handlung nicht den gewohnten Subtext als eigentliches Hauptmotiv unterlegt. Handelt der Roman im Prinzip doch von nichts Geringerem als dem hehren, letztlich aber aussichtslosen Kampf bedingungsloser architektonischer Schönheit gegen die menschenverachtende Dominanz unserer hässlichst verbauten Umwelt. Bachmann selbst macht freilich im Schlusskapitel doch noch Hoffnung. „Es scheint nicht nur so“ schreibt er, „es stimmt: Baukünstler, Denkmalpfleger, Fachingenieure, Investoren, Stadtplaner, Häuslebauer, Handwerker, Behörden, Architekturkritiker, Mieter, Eigentümer und Hausbesitzer beflügelt das Thema: Architektur hassen. Bisweilen merken sie es gar nicht. Sucht man in Kröners Philosophischem Wörterbuch den Begriff Hass, findet man als Eintrag lediglich einen Querverweis: < Liebe. Das lässt uns hoffen.“ Fazit: weniger ein Krimi für Hardcore-Fans als ein typischer Bachmann, informativ, humorvoll, doppelbödig.
Fakten
Autor / Herausgeber Wolfgang Bachmann
Verlag Brot & Kunst, Haßloch 2019
Zum Verlag
aus Bauwelt 22.2020
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