Gerd Albers
Beiträge zum Städtebau in Wissenschaft und Praxis
Text: Hoffmann-Axthelm, Dieter, Berlin
Gerd Albers
Beiträge zum Städtebau in Wissenschaft und Praxis
Text: Hoffmann-Axthelm, Dieter, Berlin
Das ein Institut den, der es dreißig Jahre lang geleitet hat, posthum mit einer Sammlung von Vorträgen und Aufsätzen ehrt, ist naheliegend, institutsintern eine Sache der Selbstvergewisserung. Anders sieht es für das normale Publikum aus. Da fragt sich: Nehme ich das Buch als Denkmal, oder hat es noch etwas mit den Problemen von heute zu tun? Die beiden Herausgeber haben sich diese Frage natürlich auch gestellt, retten sich dann aber in die wenig überzeugende Bemerkung, es sei ihnen ein Anliegen, „das vielschichtige und facettenreiche Gedankengut eines der leitenden Vordenker der Stadtplanung in Deutschland auszugsweise vorzustellen“. Das Leitende sei hier gar nicht bestritten, immerhin erscheint diese Rezension in der Stadtbauwelt, die auf Initiative von Albers begründet und über längere Strecken von ihm mitbestimmt wurde.
Der Schwerpunkt der von Alexander Papageorgiou-Venetas und Thomas Sieverts ausgewählten Beiträge liegt in den 70er Jahren; der erste Aufsatz stammt von 1957, die letzte Äußerung von 2010. Schon der Titel scheidet zwischen Beiträgen zur Wissenschaft und solchen zur Praxis. Wie steht es mit dem einen, wie mit dem anderen? Das erste, „Wissenschaft“, die Geschichte der Disziplin betreffend, macht insgesamt die größere Hälfte der Sammlung aus, ein immer neuer, kaum variierter Durchgang durch die unterschiedlichen Positionen vom späten 19.Jahrhundert bis in die jeweilige Gegenwart. Leider handelt es sich um immer dieselben lexikonartigen Eitkettierungen, als wäre nicht nach 30 Jahren mal Zeit, etwas besser von Stübben und etwas kritischer von Le Corbusier zu reden.
Aufschlussreicher wird es, je näher man praktischen Problemen kommt: „Ziele, Aufgaben, Methoden, Probleme“: Da spricht der gewesene Stadtplanungsdezernent, der sich mit dem Wandel gesellschaftlicher Anforderungen, vor allem mit den gewandelten Stimmungen auseinandersetzt, aber durchaus verbunden mit der fachhistorischen Schiene. Der Praktiker Albers situiert sich allerdings merkwürdig in einer ahistorischen Mitte zwischen 19. Jahrhundert und Gegenwart, die irgendwie um 1965 zu Ende ging. Da ist einmal die durchgehende Polemik gegen die fachliche Front der Verdichter, Unternehmen wie das Märkische Viertel oder Neukranichstein – Verrat an der „gegliederten und aufgelockerten Stadt“. Dann die Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Wendung zur alten Stadt. Albers warnt vor Absolutierung. Drittens die Wendung gegen die Postmoderne, was immerhin zu interessanten Bemerkungen zur Unmöglichkeit ästhetischer Diktatur in einer demokratischen Gesellschaft führt. Summa: Je lesenswerter, je näher an der konkreten Praxis im Stadtplanungsamt, bis hin zu den Seufzern des Beitrags „25 Jahre Bundesbaugesetz“.
Merkwürdig bleibt die letztliche Unbetroffenheit. An keinem Punkt stellt Albers sich die Frage, wieweit er an den Ergebnissen beteiligt ist: Der Gedanke liegt ihm fern, dass diejenige Planungskultur, die er vertrat, von den Ergebnissen, nämlich genau den „Exzessen“, die er einräumt, nicht zu trennen ist.
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