Bauwelt

Gio Ponti

Text: Acerboni, Francesca, Mailand

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Gio Ponti

Text: Acerboni, Francesca, Mailand

Ein umfangreiches, solides Werk, schon wenn man es in die Hand nimmt. Der prächtige Einband erinnert an Gio Pontis Fußboden „Giallo fantastico“ (fantastisches Gelb) aus marmoriertem Kautschuk, hergestellt von Pirelli und verwendet im Inneren des gleichnamigen Wolkenkratzers, Pontis wohl berühmtesten Werks: von der Bodenzeichnung (Mikro) bis zur Größe (Makro) der Hochhaus-Ikone Mailands, Ponti plante hier – wie anderswo – den Teil und auch das Ganze. Das Buch, eine Abfolge von mehr als 130 Projekten und wunderschönen Bildern, entwickelt sich aus der dichten, von Stefano Caciani verfassten Biografie mit einführenden Texten von Lisa Licitra Ponti und Salvatore Licitra. Werk und Leben Pontis weben sich um „eine ihm eigene poetische Ader, eine Makellosigkeit, die ihn eher als Künstler erscheinen und Werke außergewöhnlicher Fantasie schaffen ließ: von neoklassizistischem Porzellan für Richard Ginori in den 1920er Jahren bis zu absoluten Meisterwerken wie der Villa Planchart in Caracas”. Ich frage Stefano Casciani, der das Buch genau an jenem Schreibtisch konzipierte, den Ponti für die Redaktion von Domus entworfen hat – Meisterstück eines Büromöbels –, wie das Projekt entstanden ist.
Welcher Forschungsansatz, welche Ziele im Vergleich zur vorhandenen Literatur stehen dahinter?
Dieses Buch hat eine sehr lange Geschichte: Als stellvertretender Direktor der Zeitschrift Domus hatte ich mit dem Verleger Benedikt Taschen zusammengearbeitet. Später, im Jahr 2006, schlug ich Taschen vor, ein Buch über Gio Ponti zu machen: Seit langem gab es keine ausführlichen Veröffentlichungen, und vor allem fehlte eine künstlerische und kritische Biografie von Ponti, die sein außergewöhnlich umfassendes und geniales Werk mit einem ebenso reichen und vollständig gelebten Leben in seiner Zeit verbindet. Eine sehr lange Zeit – fast sechzig Jahre von den Anfängen 1923 bis zu seinem Tod 1979 –, die lange und gründliche Recherchen in Originalquellen und Archivmaterialien erforderte. Taschen, Gio Ponti durch seine persönliche Leidenschaft als Sammler verbunden, war von dieser Idee begeistert, und so begann ich mit der Arbeit. 2019 wurde das Redaktionsprojekt dann in enger Zusammenarbeit mit den Gio Ponti Archives wiederaufgenommen.
Welche Art der Strukturierung dieser komplexen und immensen Produktion Pontis, von der Architektur über Schriften und Design bis hin zur Malerei, haben Sie gewählt?
Das Leben und die Werke von Gio Ponti zu beschreiben, bedeutet auch die Geschichte des modernen Italiens zu erzählen, erst zwischen den zwei Weltkriegen und dann bis an die Schwelle der 1980er Jahre. In diesem Sinne bedeutet die Erklärung der fundamentalen Rolle Pontis in der italienischen Architektur und Industriekultur, darzustellen, wie Italien selbst von einer aufkommenden aufgeklärten Bürgerschicht an die nachfolgenden Generationen übergeben wurde, deren Forderungen Ponti vollkommen aufzugreifen wusste. Und im Vergleich zu bestimmten überholten kritischen Hypothesen – Ponti, Vorläufer der Postmoderne – wird aus dieser Untersuchung deutlich, wie Ponti immer versucht hat, seine Idee des Fortschritts in den verschiedenen Bereichen des Projekts zu verwirklichen: „vom Löffel zur Stadt“ – nicht so sehr im Sinne von Ernesto Nathan Rogers, sondern in seiner eigenen, einzigartigen originellen Art. Entscheidend war der historisch-chronologische Ansatz, der ermöglicht, ein sehr umfangreiches Werk ohne Unterscheidung zwischen Architektur, Design, Kunst, Verlagswesen und den anderen vielfältigen Aktivitäten, denen Ponti sich gewidmet hat, zu durchlaufen und die Universalität seiner künstlerischen Herangehensweise zu umreißen.
Die Zeitschrift Domus von Ponti und der berufliche Weg von Casciani bei Domus: Gibt es einen roten Faden und eine Beziehung in der Konzeption des Buches?
Mit Sicherheit spürte man in den Jahren, die ich bei Domus gearbeitet habe, immer noch die Präsenz Pontis, vor allem unter der Leitung derjenigen, die seinem multidisziplinären, aber synthetischen Ansatz für alle Künste die Treue gehalten haben. Wie Alessandro Mendini, der die Möglichkeit der Kontinuität zwischen Ponti und sich selbst trotz eines Altersabstandes von 50 Jahren gezeigt hat. Zwischen 1979 und 1981 habe ich Ponti kennenlernen können, vor allem über die Freundschaft mit seiner Tochter Lisa. Lisa kuratierte bei Domus die Kunstseiten, und über ihren Vater erzählte sie mir von seinen Inspirationen, seiner Genialität und auch einige Anekdoten. Darum ist das Vorwort von ihr: einer der letzten Texte von Lisa, in dem sie mit „pontianischer“ Passion und Leichtigkeit noch einmal die Aktualität und die Lehren des Vaters hervorhebt.
Das Buch beschreibt nicht nur das Gesamtwerk eines genialen Architekten, sondern ist auch eine Hommage an seine Aktualität und ein ideales Dankeschön an Gio Ponti, der „mit seinem unbändigen Aktivismus, seinem vielgestaltigem Genie der Idee einer Gemeinschaft von Autoren, die gemeinsam daran arbeitet, eine ästhetische Qualität der Welt zu definieren, ein Vorbild war und ist, zuerst menschlich und dann ethisch.“ Ein noch immer sehr lebendiges und fruchtbares Modell für die Zukunft.
Übersetzung aus dem Italienischen: Iris Lüttgert
Fakten
Autor / Herausgeber Hg. von Karl Kolbitz, Salvatore Licitra, Stefano Casciani, Lisa Licitra Ponti, Brian Kish und Fabio Marino
Verlag Taschen Verlag, Köln 2021
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aus Bauwelt 14.2021
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