The Architecture of Chanel
Text: Trede, Fiona, Hamburg
The Architecture of Chanel
Text: Trede, Fiona, Hamburg
Natürlich gehe es vor allem darum, der Kundschaft klarzumachen, dass sie 3000 Dollar für eine Tasche ausgeben soll. Findet Peter Marino. Und dafür, so der New Yorker Architekt, brauche es das richtige Ambiente. Aber gleichzeitig verstehe er seine Arbeiten auch als künstlerische Werke: „Even though I understand the goal is to sell merchandise, I still look at the whole thing as an art project – it’s a very different point of view, a different approach.“
Seit vielen Jahren gilt Marino, der 1978 sein erstes Büro gründete, als Experte für die Inszenierung von Orten des Extraklasse-Einkaufs. Für zahlreiche große Luxusmarken hat er gearbeitet, darunter Louis Vuitton, Dior, Fendi, Zegna, Bulgari. Und immer wieder für Chanel. In den vergangenen zwanzig Jahren entwarf Marino fast 200 Geschäfte und andere Projekte für das Pariser Modehaus. 16 ausgewählte Beispiele finden sich in diesem bei Phaidon erschienenen, groß angelegten Fotoband.
Die Zusammenarbeit von Mode und Architektur ist ebenso knifflig wie spannend. Wie kön-nen Architektinnen und Architekten mit der kurzen Haltbarkeit von Trends umgehen? Wo doch ihr eigenes Metier auf das Bleiben und den Bestand ausgerichtet ist. Wie können sie der Mo-de einen Rahmen bieten, wenn sich diese doch ständig verändert? Peter Marinos Antwort auf diese Frage ist pragmatisch: Er hält sich an die wesentlichen Parameter von Gabrielle (Coco) Chanels Werk; diese bieten ihm ein gutes Gerüst. Und sind, wie es im Vorwort des Bandes heißt, immer auch eine wesentliche Vorgabe von Seiten des Modehauses gewesen: „Think black and white and pearls“. Chanels Vorliebe für Schwarz und Weiß, ihre Inszenierung von Modeschmuck und Kunstperlen ergeben jene „Chanel house codes“, die Marino stets als Inspiration gelten sollten.
Und so ist ein klarer, schwarz-weißer Faden im Chanel-Werk Peter Marinos zu erkennen, doch wird zugleich auch deutlich, dass der Architekt sein Motiv in verschiedenen Variationen durchspielt. Marino scheut den Vergleich mit großen Namen dabei nicht. Wie in Bachs Goldberg-Variationen und Beethovens Kompositionen zu einem Walzer Anton Diabellis, so bestehe auch seine Designphilosophie aus einem Spektrum an Variationen eines Themas. Die Auswahl der Fotos in diesem Band zeigt das gut. Die schlichte Verpackung des Parfums Chanel N°5 findet man vielfach zitiert, doch jeweils neu und unter Verwendung verschiedener Materialien. Unterstrichen wird diese Vielfalt auch dadurch, dass Marino für die Gestaltung gern bildende Künstlerinnen und Künstler einbezieht. So entwarf zum Beispiel Michal Rovner eine beeindruckende Videoinstallation für die Fassade einer Filiale in Hong Kong, und Jean-Michel Othoniel schuf eine Reihe von Glasskulpturen für Shops u.a. in Los Angeles und New York.
Das XL-Format des von Marino selbst initiierten Bandes ist nicht gerade handlich. 36 x 29 Zentimeter groß und fast drei Kilo schwer ist die Publikation, die in einem schwarzen Pappschuber geliefert wird. Davon abgesehen, erweist sich das Buch als durchaus lesenswert. Jedes Projekt wird mit einem erläuternden Text vorgestellt; es gibt eine mehrseitige Einleitung von Pilar Viladas sowie ein Interview, das Felix Burrichter mit Marino geführt hat. Und natürlich ermöglicht umfangreiches Fotomaterial einen guten Eindruck von Peter Marinos Formsprache.
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