Bauwelt

Bernhard Leitner: Serpentinata

Position Nr. 06

Text: Brosowsky, Bettina Maria, Braunschweig

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© Atelier Leitner, Foto: Lisa Rastl, Courtesy Georg Kargl Fine Arts, Vienna

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Bernhard Leitner: Serpentinata

Position Nr. 06

Text: Brosowsky, Bettina Maria, Braunschweig

Mit 48 Lautsprechern, 48 Verstärkern und zwei Mal 25 Metern PVC-Schlauch auf den Spuren immaterieller Faktoren der Raumbildung
In den 70er Jahren machte er mit Objekten wie dem „Tonanzug“ oder dem „Tragraum“ Klang über das vegetative Nervensystem gesamtleibhaftig erfahrbar, indem er Lautsprecher direkt am Körper montierte. Bernhard Leitner ist der internationale Pionier und systematische Erforscher der Beziehung zwischen Raum, Klang und Körper. Im deutschen Kunstbetrieb ist der an der TU Wien als Architekt Ausgebildete spätestens seit 1982 durch seine Beteiligung mit dem „Ton-Würfel“ an der documenta 7 präsent.
Bei seinen frühen Arbeiten übertrug Leitner das werkspezifische akustische Material über eigens entwickelte Buchstaben-Codes auf Lochkarten, die die einzelnen Geräte ansteuerten; das war damals ein absolutes technisches Novum. Diese Aufgabe übernehmen heute natürlich Computer. Damit wird, wie es scheint, auch der Habitus von Leitners Klang-Objekten von einer mitunter gewichtigen Formensprache befreit, und so können sie ihrer Rolle als vorrangig technische Dienstleister immaterieller Prozesse stärker gerecht werden. Die 48-Kanal-Komposition „Serpentinata“ (2004) ist nur noch als luftiges Geschlinge aus zwei transparenten Kunststoffröhren mit jeweils 24 kleinen Lautsprechern substanziell präsent. Beim Durchschreiten des Objekts begleiten einen vielfältige dynamische Klangfolgen zwischen Zischen, Regenfall und Knirschen. Der eigene Rhythmus der Raumerkundung passt sich an – oder kollidiert auf angenehme Weise.
Ganz nebenbei wird deutlich, wie einfältig visuell ausgerichtet, wie körperfeindlich weite Teile unserer Architekturproduktion auftreten. Denn: Jedes Material hält einen eigenen Klang verborgen, aber auch einen Geruch, einen Geschmack, lässt sich in seiner Haptik verschie­denartig aktivieren. Wir sollten unsere Sinne nicht permanent unterfordern.
Fakten
Architekten Leitner, Bernhard, Wien
aus Bauwelt 15-16.2011
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