Der junge Fritz im Ruinenfeld
Denk-Zeichen Kostrzyn
Text: Friedrich, Jan, Berlin
Der junge Fritz im Ruinenfeld
Denk-Zeichen Kostrzyn
Text: Friedrich, Jan, Berlin
Verstörend sei diese oder jene Arbeit eines Künstlers. Kaum eine wohlmeinende Kritik, die ein solches Urteil ausließe. Nun, auch dieser Text kommt um die überstrapazierte Floskel nicht herum. Denn ein Besuch des Denk-Zeichen-Parcours im polnischen Kostrzyn ist: verstörend.
Das Berliner Künstlerhaus Bethanien hat elf Künstler dorthin eingeladen, anlässlich des 300. Geburtstags Friedrichs des Großen „situationsspezifische Kunstwerke zu implantieren“. Der historische Hintergrund: Kronprinz Friedrich war nach seinem gescheiterten Fluchtversuch aus Preußen von 1730 bis 1732 im Küstriner Schloss inhaftiert. Im November 1730 ließ sein Vater, Friedrich Wilhelm I., Friedrichs Freund und Fluchthelfer, Hans Hermann von Katte, vor dessen Augen enthaupten.
Verstörend sind weniger die Arbeiten der beteiligten Künstler als vielmehr der Ort an der deutsch-polnischen Grenze selbst. Man kann die Küstriner Altstadt so oft besuchen, wie man will – kalt lassen wird einen die bizarre Mischung aus überwuchertem Ruinenfeld und Landschaftspark nie. Was nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch an brauchbaren Steinen hier herumlag, ist bald als Baumaterial für den Wiederaufbau nach Warschau weggeschafft worden. Heute läuft man auf den freigeschnittenen Straßen, zum Teil noch auf dem alten Pflaster, durch wilden Baumbewuchs, der die einstigen Häuserblocks nachzeichnet; irgendwann einmal hat jemand die Grundmauern von Schloss und Kirche freigelegt. Beim ersten Besuch vor gut zehn Jahren war der Ort schwer zu finden, der Zugang mit einem Schild markiert, das sich auch mit spärlichen Polnischkenntnissen als „Zutritt auf eigene Gefahr“ deuten ließ. Heute steht auf einem Wegweiser gleich hinter der Grenze deutlich „Stare Miasto“ zu lesen – auch wenn das polnische Wort für Altstadt nur zu einer Stelle weist, die zwar alt, aber so gar nicht Stadt ist. Inzwischen hat man die Fragmente des Festungsrings, die überdauert haben, saniert, an der Oder einen kleinen Platz angelegt, skurril anmutende Schilder mit den alten Straßennamen aufgestellt: Touristen sind überaus willkommen im strukturschwachen Grenzgebiet. Denk-Zeichen Kostrzyn bietet einen Anlass, (wieder) einmal hinzufahren.
Die Denk-Zeichen, richtig. Eine kleine Auswahl: Via Lewandowsky inszeniert die Grundsteinlegung für ein Katte-Denkmal, das den „berühmtesten Kriegsdienstverweigerer“ würdigt; Simone Zaugg will mit einer Glockenschlag-Soundinstallation auf einem Holzlattenturm in der Kirchenruine „Küstrin die Zeit zurückgeben“; Szymon Kobylarz hat dem erhaltenen Sockel des Denkmals für Johann von Brandenburg ein Friedrich-Monument aufgepfropft; und Roland Boden erinnert mit einer überlebensgroßen, weißen Hasenskulptur an des Preußenkönigs verstörende Fixierung auf die langohrigen Kleinsäuger.
Verstörend sind weniger die Arbeiten der beteiligten Künstler als vielmehr der Ort an der deutsch-polnischen Grenze selbst. Man kann die Küstriner Altstadt so oft besuchen, wie man will – kalt lassen wird einen die bizarre Mischung aus überwuchertem Ruinenfeld und Landschaftspark nie. Was nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch an brauchbaren Steinen hier herumlag, ist bald als Baumaterial für den Wiederaufbau nach Warschau weggeschafft worden. Heute läuft man auf den freigeschnittenen Straßen, zum Teil noch auf dem alten Pflaster, durch wilden Baumbewuchs, der die einstigen Häuserblocks nachzeichnet; irgendwann einmal hat jemand die Grundmauern von Schloss und Kirche freigelegt. Beim ersten Besuch vor gut zehn Jahren war der Ort schwer zu finden, der Zugang mit einem Schild markiert, das sich auch mit spärlichen Polnischkenntnissen als „Zutritt auf eigene Gefahr“ deuten ließ. Heute steht auf einem Wegweiser gleich hinter der Grenze deutlich „Stare Miasto“ zu lesen – auch wenn das polnische Wort für Altstadt nur zu einer Stelle weist, die zwar alt, aber so gar nicht Stadt ist. Inzwischen hat man die Fragmente des Festungsrings, die überdauert haben, saniert, an der Oder einen kleinen Platz angelegt, skurril anmutende Schilder mit den alten Straßennamen aufgestellt: Touristen sind überaus willkommen im strukturschwachen Grenzgebiet. Denk-Zeichen Kostrzyn bietet einen Anlass, (wieder) einmal hinzufahren.
Die Denk-Zeichen, richtig. Eine kleine Auswahl: Via Lewandowsky inszeniert die Grundsteinlegung für ein Katte-Denkmal, das den „berühmtesten Kriegsdienstverweigerer“ würdigt; Simone Zaugg will mit einer Glockenschlag-Soundinstallation auf einem Holzlattenturm in der Kirchenruine „Küstrin die Zeit zurückgeben“; Szymon Kobylarz hat dem erhaltenen Sockel des Denkmals für Johann von Brandenburg ein Friedrich-Monument aufgepfropft; und Roland Boden erinnert mit einer überlebensgroßen, weißen Hasenskulptur an des Preußenkönigs verstörende Fixierung auf die langohrigen Kleinsäuger.
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