Bauwelt

Kulturzentrum in Hertford


Das Theater des englischen Städtchens Hertford war marode. Ein Kino fehlte dem Ort, den der Zuzug Londoner Familien auf Wachstumskurs gebracht hat.


Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin


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    Das Theater vor dem Umbau.
    Foto: Hufton + Crow

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    Das Theater vor dem Umbau.

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    Die an den Saal angelagerte eingeschossige Umbauung wurde abgerissen ...
    Foto: Hufton + Crow

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    Die an den Saal angelagerte eingeschossige Umbauung wurde abgerissen ...

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    ... und durch fünf Baukörper ersetzt, die den Komplex zum Kulturzentrum erweitern.
    Foto: Hufton + Crow

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    ... und durch fünf Baukörper ersetzt, die den Komplex zum Kulturzentrum erweitern.

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    Die fünfzig Meilen von Hertford entfernt gebrannten Ziegel sind Vollsteine, keine Riemchen. Bennetts Associates gelang es, den Ausführungsstandard durch mehrere Einsparrunden ins Ziel zu bringen. Allerdings blieb ihr Vorschlag einer neuen Verkleidung des übernommenen Bühnenturms auf dem Papier.
    Foto: Hufton + Crow

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    Die fünfzig Meilen von Hertford entfernt gebrannten Ziegel sind Vollsteine, keine Riemchen. Bennetts Associates gelang es, den Ausführungsstandard durch mehrere Einsparrunden ins Ziel zu bringen. Allerdings blieb ihr Vorschlag einer neuen Verkleidung des übernommenen Bühnenturms auf dem Papier.

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    Große Fenster im Café im Erdgeschoss ...
    Foto: Hufton + Crow

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    Große Fenster im Café im Erdgeschoss ...

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    ... und in der Bar darüber sorgen für Ausblick auf den River Lea und die Bäume an seinem Ufer.
    Foto: Hufton + Crow

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    ... und in der Bar darüber sorgen für Ausblick auf den River Lea und die Bäume an seinem Ufer.

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    Das Foyer haben die Ar­chitekten als Analogie zu einem Stadtplatz kon­zipiert, um den sich die einzelnen Angebote des Kulturzentrums als ei­ge­ne Häuser gruppieren.
    Foto: Hufton + Crow

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    Das Foyer haben die Ar­chitekten als Analogie zu einem Stadtplatz kon­zipiert, um den sich die einzelnen Angebote des Kulturzentrums als ei­ge­ne Häuser gruppieren.

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    Das Café gleich neben dem Haupteingang ...
    Foto: Hufton + Crow

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    Das Café gleich neben dem Haupteingang ...

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    ... erfreut sich tagsüber regen Zuspruchs.
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    ... erfreut sich tagsüber regen Zuspruchs.

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    Im großen Saal gewannen die Architekten Raum für einen Rang, ...
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    Im großen Saal gewannen die Architekten Raum für einen Rang, ...

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    ... indem sie die Abhangdecke demontierten und das Auditorium weniger steil anordneten.
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    ... indem sie die Abhangdecke demontierten und das Auditorium weniger steil anordneten.

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Bennett Associates entschieden sich, das Theater zu erweitern und mit neuen Angeboten zu ummanteln. Das Ergebnis ist ein veritables Kulturzentrum, das sich der Stadt zuwendet.
Seit Dezember ist es komplett: Durch die Einweihung des Studiotheaters strahlt das neue Kulturzentrum „BEAM“ noch heller in der Kulturlandschaft der englischen Grafschaft Hertfordshire nördlich von London. Bereits im Mai letzten Jahres wurde das für dreißig Millionen Pfund (umgerechnet gut 35 Millionen Euro) runderneuerte, vom East Herts District Council finanzierte Gebäude eröffnet. In den 1970er Jahren mit einem Saal für 400 Zuschauerinnen und Zuschauer errichtet, wartet das Gebäude nun mit dem besagten Studiotheater, einem Café, drei Kinosälen mit insgesamt 200 Plätzen, einem Tanzstudio und einem für verschiedene Zwecke zu mietenden Saal auf. Der große Saal wurde erweitert und kann nun, ausgestattet mit einem Rang, ein 547 Köpfe zählendes Publikum aufnehmen. Für die 24.000-Einwohner-Stadt füllt das Kulturzentrum Lücken – ein Kinobesuch etwa erforderte bislang einen Ausflug. Die funktionale Bandbreite von BEAM ist das Eine. Das Andere ist die ganz neue Qualität, die diese Spielstätte durch den Umbau gewonnen hat: Nicht nur wendet sich ihr Haupteingang nun dem Stadtzentrum zu, aus dem Inneren bieten sich auch Sichtbezüge in die Umgebung dar, vor allem zum River Lea, der gleich neben (und unter) dem Gebäude rauscht und schäumt.
Bennetts Associates, deren Londoner Büro den Umbau als Sieger des 2019 ausgelobten eingeladenen Wettbewerbs verantwortete, haben eine klare Strategie verfolgt: Bis auf den bestehenden Theatersaal samt Bühnenturm ersetzten sie die düstere, sich von der Umgebung abschottende eingeschossige Gebäudeschicht, die den Saal umgab – einen Umbau samt Aufstockung hatten sie erwogen, doch das ließen Konstruktion und Gründung – Stichwort River Lea – nicht zu. Als Ersatz arrangierten sie fünf Körper um den Theatersaal, die mit ihren leicht zueinander versetzten Volumen und geneig­­ten Traufen als eigenständige Einheiten wahrnehmbar sind, andererseits sich zu einer neuen Umhüllung fügen. Der Gewinn dieser Maßnahme ist erheblich, verschafft sie BEAM doch einen neuen Auftritt, signalisiert Veränderung, Aufbruch – und stellt für Hertford einen Bau von Rang dar, der sich in das englische Architekturgeschehen der letzten Jahre nahtlos einfügt.

High-Tech adé

Von der zumindest medial dominanten „High-Tech-Architektur“ der achtziger und neunziger Jahre hat sich das Bauen in England in den letzten zwanzig Jahren überraschend gründlich gelöst. Im Wohnungsbau und bei öffentlichen Bauten, teilweise auch bei Bürogebäuden dominieren Fassaden aus Ziegel, Interiors aus Holz, pastellige Farben – man denkt unweigerlich an die unprätentiöse, wohnliche Architektur der skandinavischen Nachkriegsmoderne. Und als Besucher aus Deutschland, zumal als ein gebürtiger Paderborner, fühle ich mich hier in Hertford auch an Hardt-Waltherr Hämers spätscharouneske Paderborner Stadthalle aus den siebziger Jahren erinnert.
Zentraler Raum von BEAM ist das zweigeschossige Atrium, das als Foyer und Verteiler dient: Von hier sind sämtliche Angebote des Hauses erreichbar. Das Planungsteam hat diesen Raum in Analogie zum Stadtplatz von Hertford verstanden: ein „Außenraum“, den die verschiedenen Bereiche des Kulturzentrums als einzelne „Häuser“ bilden, auf den „Gassen“ und „Durchgänge“ führen. Konsequenterweise kam dann auch hier der für das Äußere verwendete lokale Backstein für die Wände zum Einsatz. Prägend ist zudem die dunkelrot gestrichene Stahlkonstruktion von Treppe und Galerie. Der Raum wirkt vor allem über seine dreieckige Grundrissgeometrie, das Tageslicht, das durch das Oberlicht hinein fällt, und die Materialien. Die Palette an farbigen Oberflächen, die die Innenarchitekten vom Citizens Design Bureau zusammengestellt hat, entfaltet sich in der äußeren Raumschicht, und zwar bis hinein in die Toiletten. Vom Foyer aus sind alle Bereiche des Gebäudes einsehbar: Das Café im Erd- und die Bar im Obergeschoss, die Zugänge zu den Kinosälen und selbstverständlich der Eingang zum großen Saal.Dieser hat eine enorme Aufwertung erfahren, auch wenn er in der Substanz noch der alte ist. Bennetts Associates haben die Abhangdecke entfernt, die steile Bestuhlung flacher angeordnet und so Raum für einen Rang gewonnen. Bis auf dessen Höhe sind die Wände mit einer wie gefalteten Verkleidung aus Sperrholz verkleidet – ein Motiv, das wiederkehrt, etwa an der Decke der Bar. Die nun sichtbare Stahlkonstruktion des Dachs wurde schwarz gestrichen und entzieht sich so der Wahrnehmung, sobald das Licht erlischt und das Geschehen auf der Bühne seinen Lauf nimmt. Und wer schon einmal auf einem Rangplatz im Wiener Burgtheater gekauert hat, wird sich über die phantastischen Sichtbeziehungen von allen Plätzen zur Bühne, die bequemen Sessel und die üppige Beinfreiheit freuen – jetzt muss nur noch die Qualität der Darbietung stimmen. Ein eigenes Ensemble aber hat die kleine Stadt nicht: Hier werden vor allem Gastspiele aufgeführt, deren Ansprüchen die neue Theatertechnik im alten Bühnenturm ebenso wie der neue Garderobenbereich genügen dürfte. Vielfalt der Nutzung leitete aber auch für den großen Saal die Planung: Für den Fall eines „richtigen“ Kino-Hits etwa lässt sich auch hier eine Leinwand herabfahren und ein Film projezieren. „Für eine Stadt dieser Größe ist das ein ambitioniertes Projekt“, konstatiert Projektarchitekt Alastair Bogle, „in England gibt es nur wenige Städte dieser Größe mit einem ähnlichen Gebäude“. Die Hauptstadt der Grafschaft Hertfordshire bietet ihren Bürgerinnen und Bürgern nun jedenfalls einen Veranstaltungsort und Treffpunkt, in dem schon an einem frühen Nachmittag Groß und Klein durcheinanderwuseln, beisammen sitzen und klönen, am Laptop arbeiten bei einem Kaffee, sich im Tanzstudio verausgaben oder auf den Beginn einer Filmvorführung warten. Das Licht aus dem Inneren leuchtet abends in die Stadt: Das Gebäude ist eben auch „ein Bekenntnis zum positiven Einfluss, den die Künste auf das wirtschaftliche und kulturelle Wohlergehen unserer Gesellschaft haben“, wie es Stadträtin Sarah Hopewell zur Eröffnung formulierte. Worte, denen man auch daheim in Berlin Gehör wünscht, wo Haushaltsprobleme mit Kürzungen vor allem im Kulturhaushalt und bei der Verkehrswende gelöst werden.



Fakten
Architekten Bennetts Associates, London
Adresse The Wash, Hertford SG14 1PS, Vereinigtes Königreich


aus Bauwelt 4.2025
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