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Die Berliner Luftfahrtsammlung

Text: Steinle, Holger, Berlin

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Deutsches Technikmuseum Berlin


Die Berliner Luftfahrtsammlung

Text: Steinle, Holger, Berlin

In den Hangars des Krakauer Luftfahrtmuseums befinden sich eine ganze Reihe von Flugzeugen und Motoren der Berliner Luftfahrtsammlung, die während des Kriegs in Pommern ausgelagert waren und bis in die achtziger Jahre als verschollen galten. Die Eigentumsfrage ist noch strittig.
Genau 100 Jahre ist es her, dass Interessierte am Rande des Berliner Flugplatzes Johannisthal ein „Aviatisches Museum“ besuchen konnten. Auch wenn diese Sammlung in keiner Weise unseren heutigen Vorstellungen von einem Museum entsprach, so war dies doch die Keimzelle der späteren Berliner Luftfahrtsammlung.
Im Ersten Weltkrieg fiel dem Flugzeug eine wichtige Rolle zu, und Berlin entwickelte sich zum Zentrum der deutschen Luftfahrtindustrie. So nimmt es nicht wunder, wenn schon 1925, kurz nach Gründung des Flughafens Tempelhof, in der Öffentlichkeit über die Errichtung eines Luftfahrtmuseums diskutiert wurde. Grundstock dafür sollten die Flugzeugsammlungen der beiden Berliner Forschungsinstitutionen Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) und Wissenschaftliche Gesellschaft für Luftfahrt (WGL) sein. Die Weltwirtschaftskrise, aber auch eine Initiative der Württembergischen Landesregierung, ein eigenes Reichsluftfahrtmuseum in Stuttgart zu errichten, machten die Planungen zunächst obsolet. Erst 1932 konnte der langjährige Leiter der WGL, Georg Krupp, ein bescheidenes Museum in Adlershof eröffnen, das Luftfahrt-Museum der Stadt Berlin. Allerdings verirrten sich in das abseitig gelegene Museum nur wenige Besucher, so dass schon zwei Jahre später der Aufbau eines zentralen deutschen Luftfahrtmuseums im ehemaligen ULAP-Ausstellungspalast an der Straße Alt Moabit beschlossen wurde. Die Umbauarbeiten an dem 1883 errichteten Ausstellungspalast begannen im Oktober 1934. Georg Krupp wurde mit dem Aufbau des neuen Museums beauftragt. Zu den Beständen zählten die ehemalige Adlershofer Sammlung, Teile der Junkers-Lehrschau aus Dessau sowie die Exponate des Deutschen Luftfahrtmuseums in Böblingen, die fast vollständig nach Berlin überführt worden waren. Darüber hinaus bemühte sich Krupp, weitere Flugzeuge zu erwerben. Mitte 1936 wurde das neue Museum mit dem Namen Deutsche Luftfahrtsammlung eröffnet. In gerade einmal 21 Monaten war es Krupp gelungen, aus der kleinen Adlershofer Sammlung ein repräsentatives Museum aufzubauen, das mit 13.000 Quadratmetern das größte Luftfahrtmuseum der Welt war.
Die Verwaltung der Deutschen Luftfahrtsammlung war von der Stadt Berlin, der Eigentümerin dieser Sammlung, der Berliner Flughafen Gesellschaft (BFG) übertragen worden. Der wachsende Einfluss des Dritten Reichs zeigte sich nicht nur in der Ehrenschirmherrschaft des Reichsministers der Luftfahrt Hermann Göring über das Museum, von dort kamen ab 1937 auch vermehrt Gelder für den Erwerb von Objekten und ab 1938 eine 50-prozentige Beteiligung an der Finanzierung der Unterhaltskosten. In diesem Jahr wurden auch Stimmen laut, die ein dem Ansehen der Luftfahrt im Dritten Reich angemessenes Museum in Berlin forderten.
Die Verlagerung
Vor einem solchen Hintergrund erschien es nur folgerichtig, dass die Stadt Berlin das Museum an das Reich übergab. Am 1. April 1942 befahl Hermann Göring die Errichtung eines „Zeughauses der Luftwaffe“ und eines „Museums der Luftfahrt“. Dabei sollte die Deutsche Luftfahrtsammlung den Grundstock für das „Museum der Luftfahrt“ bilden, während das „Zeughaus der Luftwaffe“ erst einmal nur einen Sammlungsauftrag für Großgeräte, Ausrüstung aller Art, Bekleidung sowie Erinnerungsstücke erhielt. Ab 1943 ging es mit der sich abzeichnenden Kriegswende sowie der zunehmenden Gefährdung der Luftfahrtsammlung durch alliierte Bombenangriffe vorrangig um die Verlagerung der Museumsobjekte in vermeintlich sichere Gebiete. Fritz Petereit von der BFG war im Juni 1943 beauftragt worden, die Auslagerung der Sammlung durchzuführen. Da er aus Treptow an der Rega in Hinterpommern stammte, war für ihn die Verlagerung der Exponate in dieses abgelegene Gebiet naheliegend. Alle Flugzeuge wurden zerlegt und über eine neu angelegte Rampe zu einem nahen Gleis des Lehrter Bahnhofs gebracht. In mehreren Bahntransporten wurden sie überwiegend nach Pommern abtransportiert, aber in Teilen auch in das Berliner Umland und nach Vilsbiburg in Bayern. Beim ersten Bombenangriff auf das Museum Ende 1943 war das Gebäude bis auf das für einen Transport zu große Flugschiff Dornier Do X, einige Motoren, die Unterdruckkammer sowie einige kleinere Objekte fast vollständig leer geräumt. Erst ein zweiter Angriff mit Luftminen Anfang 1944 machte das Museum zur Ruine und die Do X zum Wrack.
Nach Kriegsende blieb das stark beschädigte Ausstellungsgebäude der Deutschen Luftfahrtsammlung noch einige Jahre stehen, mitten in den Trümmern die Überreste der Do X. Ein Wiederaufbau der einstmals größten Luftfahrtsammlung wurde nie ernsthaft in Betracht gezogen. Im Mai 1952 erfolgte schließlich der Abriss der Ruine. Auch die Do X, von der Buntmetalldiebe und Souvenirjäger in den ersten Nachkriegsjahren noch zahlreiche nützliche Teile entfernt hatten, ging dabei endgültig verloren. Erst ab Ende der fünfziger Jahre gab es Initiativen, erneut Exponate zur Geschichte der deutschen Luftfahrt ausfindig zu machen, zu erwerben und der Öffentlichkeit zu zeigen.
Im Mai 1982 gründete schließlich der Berliner Senat offiziell das Museum für Verkehr und Technik. Als Standort für das Museum, das 1996 in Deutsches Technikmuseum umbenannt wurde, hatte der Senat 1979 das Gelände des ehemaligen Anhalter Güterbahnhofs ausgewählt.
Die Sammlung in Krakau
Bereits in seiner Gründungsphase erhielt das Deutsche Technikmuseum Hinweise, dass sich ein Teil der während des Zweiten Weltkriegs ausgelagerten Flugzeuge aus der Deutschen Luftfahrtsammlung in einem öffentlich nicht zugängli­chen Depot des Muzeum Lotnictwa i Astronautyki (Museum für Luft- und Raumfahrt) in Krakau befinden sollte. Nachdem ein Besuch im dortigen Museum Gewissheit darüber erbracht hatte, bemühte sich das Technikmuseum um einen zukunfts­weisenden Dialog mit den polnischen Kollegen. Angestrebt wurde eine enge Zusammenarbeit, um die so lange Zeit verborgenen Schätze wieder einer interessierten Öffentlichkeit präsentieren zu können. Eine erste Bestandsaufnahme hatte gezeigt, dass die Überreste von 23 Flugzeugen, zahlreichen Motoren und Propellern aus der ehemaligen Deutschen Luftfahrtsammlung in einem recht schlechten Zustand waren – bedingt durch Beschädigungen während des Kriegs, mehr­malige Transporte im und nach dem Krieg und durch die jahrzehntelange Einlagerung. Der nach eingehender Diskussion zwischen beiden Museen am 15. Januar 1986 abgeschlossene Kooperationsvertrag sah eine Restaurierung aller noch vorhandenen Flugzeugüberreste aus dem früheren DLS-Bestand vor, ohne dass eine abschließende Klärung der Eigentumsfrage notwendig erschien. In der Vereinbarung verständigte man sich darauf, die erforderlichen Arbeiten in Berlin von Restauratoren beider Museen ausführen zu lassen. Nach der Restaurierung sollten alle Flugzeuge mit einem Bezug zu Polen im Krakauer Museum ausgestellt werden, während alle übrigen Flugzeuge im Deutschen Technikmuseum gezeigt werden sollten. Darüber hinaus sollten auch gemeinsame Ausstellungen durchgeführt und gegenseitige Hilfestellung beim Austausch von Ausstellungsstücken geleistet werden, die für beide Seiten von Interesse waren. Unabhängig von dieser Zusammenarbeit hatte das Krakauer Museum zwei Flugzeuge aus dem DLS-Bestand abgegeben. 1977 hatte das Museum die Airco DH 9A gegen eine Supermarine Spitfire aus dem Bomber Command Museum in London getauscht. 1986 war die Fokker Spinne an das Aviodom in den Niederlanden übergeben worden.
1986 begannen in Berlin die Restaurierungsarbeiten an den ersten beiden Flugzeugen – einer Jeannin Stahltaube von 1914 und einer Albatros L 30 aus dem Jahr 1919. Nach dem Abschluss der Arbeiten ging die Albatros L 30 vereinbarungs­gemäß nach Polen zurück, wo sie seither im inzwischen in
Muzeum Lotnictwa Polskiego (Polnisches Luftfahrtmuseum) umbenannten Museum zu sehen ist. Die Jeannin Stahltaube befindet sich heute in der Luftfahrtdauerausstellung des Deutschen Technikmuseums in Berlin.
Die Eigentumsfrage
Trotz der erfolgreichen und für beide Seiten gewinnbringenden Zusammenarbeit sind bis heute keine weiteren Flugzeuge aus der ehemaligen Deutschen Luftfahrtsammlung im Rahmen des gemeinsamen Projekts restauriert worden. Bei vorbereitenden Gesprächen zur Fortsetzung der Restaurierungen stellte die polnische Seite zunehmend die Klärung der Eigentumsfrage in ihrem Sinne in den Vordergrund. Das Berliner Museum hat den polnischen Standpunkt, die Flugzeuge seien polnisches Eigentum, nie akzeptiert. In der Anlage zum letzten Vertrag wurde lediglich folgender Passus festgelegt: „Das Museum für Verkehr und Technik nimmt zur Kenntnis, dass die genannten Flugzeuge der polnischen Gesetzgebung über Kulturgut unterliegen.“ Dieser neue Kooperationsvertrag, von beiden Seiten unterschrieben, wurde jedoch nie umgesetzt. Ausschlaggebend hierfür waren die politischen Veränderungen in Osteuropa seit 1989. Stattdessen wurden in den neunziger Jahren mehrere Flugzeuge entgegen der getroffe­nen Vereinbarung im Alleingang vom Krakauer Museum restauriert. Seit dem Abschluss des deutsch-polnischen Vertrags von 1993 über die Rückführung kriegsbedingt verlagerter und verschollener Kulturgüter versuchen beide Seiten, auf diplomatischem Weg eine Lösung zu finden. Eine Einigung ist nach mehr als 15 Jahren immer noch nicht in Sicht. Und so bleibt nur die Hoffnung, dass es möglich sein wird, einen für beide Seite positiven Kompromiss zu finden.
Spinne und Taube
Ein Denkmodell dafür wurde von polnischen und deutschen Luftfahrthistorikern entwickelt. Aus dem Bestand von 23 mehr oder weniger vollständigen bzw. beschädigten Flugzeugen, rund fünfzig Flugmotoren, acht Luftschrauben und diversen Flugzeugteilen könnten wesentliche Teile dem Krakauer Museum als Eigentum überlassen werden, wie zum Beispiel die britische Airco DH 9A, die Fokker Spinne, die Friedrich Taube, die Grigorowitsch M-15, die PZL P. 11c, die Stinson L-5 und die Sopwith F 1 Camel. Auch bei einem Teil der Flugmotoren wäre eine Eigentumsübertragung gut vorstellbar, da im Deutschen Technikmuseum viele der Motoren bereits vorhanden sind oder nicht dem Sammlungskonzept entsprechen. Darüber hinaus besitzt das Technikmuseum auch einige Flugzeuge, die nach Einschätzung polnischer Luftfahrthistoriker für das Krakauer Museum von großem Interesse wären, wie eine Messerschmitt Bf 110 oder eine Junkers Ju 87. Außerdem könnte Hilfestellung bei der Übernahme weiterer Flugzeuge für das Krakauer Museum, so einer Junkers Ju 88, einer Bücker Bü 133, einer Focke-Wulf Fw 44 oder einer Hawker Hurricane, geleistet werden. Es scheint also bei gutem Willen durchaus möglich, eine Lösung zu finden, die so überzeugend ist, dass die Befindlichkeiten auf beiden Seiten in den Hintergrund treten.

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