Hohelied auf die Zwischenstadt
Thomas Sieverts und Lars Lerup diskutieren an der Humboldt-Uni
Text: Kowa, Günter, Berlin
Hohelied auf die Zwischenstadt
Thomas Sieverts und Lars Lerup diskutieren an der Humboldt-Uni
Text: Kowa, Günter, Berlin
Leben zu lernen mit der „Zwischenstadt“, also mit dem Siedlungsbrei und den ausfransenden Stadträndern, das ist schon lange die Botschaft von Thomas Sieverts; die Bauwelt-Fundamente zu dem Thema erschienen 1997.
Die Diskussion über den Begriff und das Phänomen wurde in ungezählten Studien, Aufsätzen und Symposien immer neu erweitert. Eine Facette dazu steuerte jüngst ein Abend an der Berliner Humboldt-Universität bei, wo auf Einladung des Helmholtz-Zentrums für Kulturtechnik und des Aedes Network Campus zwei Protagonisten der Zwischenstadt – die auf Englisch mit „Middle Landscape“ übersetzt wurde – zum Gespräch eingeladen waren:
Thomas Sieverts und der schwedisch-amerikanische Architekturprofessor Lars Lerup, emeritierter Dekan der Rice School of Architecture in Houston, USA.
Über seine Wahlheimat hat Lerup ein Buch mit dem Titel „One Million Acres and no Zoning“ geschrieben. Es ist regelrecht eine Fallstudie zum Sieverts‘schen Konzept, bezogen auf eine amerikanische Großstadt. Das Buch vorzustellen war aber offenkundig kein vordringliches Anliegen für Lerup, auch wenn er es an diesem Abend ein paar Mal in die Höhe hielt. Vielmehr war er gekommen, um gemeinsam mit Sieverts das Hohelied auf die zentrumslosen Stadtgebilde anzustimmen. Die Hälfte der Bevölkerung, so setzte Sieverts die Statistik gleich zu Beginn als bekannt voraus, lebe nun einmal in hybriden urbanen Gebilden, die nicht mehr Stadt und noch nicht Landschaft sind.
Dass man diese um ihrer Vorzüge willen preisen und in positivem Sinne als entwicklungsfähig ansehen muss, das war auf beiden Seiten der Tenor. Lerup appellierte, die Dezentralisierung radikal voranzutreiben, gerade weil damit Energie besser eingesetzt werden könne – ein interessantes Argument. Das gelte im Übrigen auch für schöpferische Energie: Nicht umsonst seien die großen Innovationen der Computertechnologie aus dem Urban Sprawl des Silicon Valley hervorgegangen. Wie stark semantische Präzisierungen in der Diskussion eine Rolle spielen, wurde beim Thema Zukunftssicherheit der Städte deutlich: Nicht „Nachhaltigkeit“, so Lerup, mache die Qualität der Zwischenstadt aus, sondern deren „Robustheit“, gerade im Hinblick auf den Klimawandel. Und Sieverts fügte an, dies sei auch eine Frage der Bildung: Gut ist alles, was der einzelne zur Robustheit der Stadt beitragen kann. Und ihre Rezepte dafür gaben Sieverts und Lerup mit pragmatisch-ästhetischen Aufrufen an: Die Lebensspanne von Gebäuden sei zu verlängern, neue Gebäude sollten multifunktional geplant und neuen Stadträumen „Figur“ und „Gestalt“ gegeben werden. Und zum Schluss ein Ansporn: heutzutage sei es laut Sieverts geradezu ein Zeichen für Nonkonformität, in der Zwischenstadt zu leben.
Thomas Sieverts und der schwedisch-amerikanische Architekturprofessor Lars Lerup, emeritierter Dekan der Rice School of Architecture in Houston, USA.
Über seine Wahlheimat hat Lerup ein Buch mit dem Titel „One Million Acres and no Zoning“ geschrieben. Es ist regelrecht eine Fallstudie zum Sieverts‘schen Konzept, bezogen auf eine amerikanische Großstadt. Das Buch vorzustellen war aber offenkundig kein vordringliches Anliegen für Lerup, auch wenn er es an diesem Abend ein paar Mal in die Höhe hielt. Vielmehr war er gekommen, um gemeinsam mit Sieverts das Hohelied auf die zentrumslosen Stadtgebilde anzustimmen. Die Hälfte der Bevölkerung, so setzte Sieverts die Statistik gleich zu Beginn als bekannt voraus, lebe nun einmal in hybriden urbanen Gebilden, die nicht mehr Stadt und noch nicht Landschaft sind.
Dass man diese um ihrer Vorzüge willen preisen und in positivem Sinne als entwicklungsfähig ansehen muss, das war auf beiden Seiten der Tenor. Lerup appellierte, die Dezentralisierung radikal voranzutreiben, gerade weil damit Energie besser eingesetzt werden könne – ein interessantes Argument. Das gelte im Übrigen auch für schöpferische Energie: Nicht umsonst seien die großen Innovationen der Computertechnologie aus dem Urban Sprawl des Silicon Valley hervorgegangen. Wie stark semantische Präzisierungen in der Diskussion eine Rolle spielen, wurde beim Thema Zukunftssicherheit der Städte deutlich: Nicht „Nachhaltigkeit“, so Lerup, mache die Qualität der Zwischenstadt aus, sondern deren „Robustheit“, gerade im Hinblick auf den Klimawandel. Und Sieverts fügte an, dies sei auch eine Frage der Bildung: Gut ist alles, was der einzelne zur Robustheit der Stadt beitragen kann. Und ihre Rezepte dafür gaben Sieverts und Lerup mit pragmatisch-ästhetischen Aufrufen an: Die Lebensspanne von Gebäuden sei zu verlängern, neue Gebäude sollten multifunktional geplant und neuen Stadträumen „Figur“ und „Gestalt“ gegeben werden. Und zum Schluss ein Ansporn: heutzutage sei es laut Sieverts geradezu ein Zeichen für Nonkonformität, in der Zwischenstadt zu leben.
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