Lockvögel
Europan 12
Text: Friedrich, Jan, Berlin
Lockvögel
Europan 12
Text: Friedrich, Jan, Berlin
Stadtplanung mit Bürgerbeteiligung: selbstredend. Doch auf welcher Grundlage sollen sich „die Bürger“ beteiligen? Bringen die Leute eigene Ideen ein? Oder werden sie lediglich über „von oben“ Geplantes informiert, um es abzusegnen oder abzulehnen?
Eine aktuelle Zauberformel lautet: Alle Akteure sollen an einen Tisch gebracht werden – zum Interessenausgleich. Aber wie versetzt man Laien, und das sind „die Akteure“ ja vornehmlich, in die Lage, ihre Interessen überhaupt zu erkennen und zu formulieren, damit sie gleichberechtigt an diesem Tisch sitzen? Um diese Frage dreht sich das Konzept der ersten Preisträger für den Europan-Standort im dänischen Aalborg.
Vestbyen, ein Stadtteil westlich des Zentrums von Aalborg, habe sich, ganz anders als der Rest der 122.000-Einwohner-Stadt, in den letzten Jahren kaum entwickelt, weiß die Auslobung. Die überwiegend zwischen 1900 und 1950 entstandenen Wohnviertel in Vestbyen erfreuten sich zwar ungebrochener Beliebtheit – und das nicht mehr nur bei langjährigen Bewohnern –, der Stadtteil präsentiere sich heute aber als „eher langweiliger und verschlissener Rahmen für das Quartiersleben“.
Die ersten Preisträger haben auf der Suche nach Orten, an denen sich der gewünschte Aufwertungsprozess anstoßen ließe, ganz Vestbyen unter die Lupe genommen. Potenzial entdeckten sie dabei weniger in den intakten, geschlossenen Wohnquartieren als vielmehr dort, wo das Übliche (die Wohnviertel) auf das Andere trifft: am Hafen, am Klinikum, am Stadion, am Betriebsgelände der ehemaligen Brennerei. Sogenannte Lockvogel-Interventionen sollen helfen, diese Orte als entwicklungsfähig ins öffentlichen Bewusstsein zu bringen: ein simpler Steg am Hafen, eine Mischung aus Parkdeck und Einkaufszentrum am Stadion, eine einfache Infrastruktur, die die Bögen des Bahnviadukts nutzbar macht, eine Fußgängerbrücke über die Bahntrasse zum Klinikum. Die Lockvögel, so hoffen die Verfasser, werden zu Treffpunkten, an denen die Menschen allmählich beginnen, eine eigene Vorstellung davon zu entwickeln und darüber miteinander ins Gespräch zu kommen, welche Rolle diese „anderen“ Orte für die Zukunft von Vestbyen spielen könnten.
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