Platz für alles
Neugestaltung des Kesselbrink in Bielefeld
Text: Meyer, Friederike, Berlin
Platz für alles
Neugestaltung des Kesselbrink in Bielefeld
Text: Meyer, Friederike, Berlin
Der Kesselbrink ist der größte Platz in Bielefeld. Bereits vor 20 Jahren gab es Ansätze, aus dem tristen Asphalt-Rechteck eine öffentliche Freifläche zu machen, die diese Bezeichnung verdient. Daraus wurde nichts. Nun ist ein neuer Wettbewerb entschieden.
Sich den Luxus einer freien, unbebauten und multifunktional nutzbaren Fläche gönnen – so beschreibt die Wettbewerbsauslobung den Wunsch der Bielefelder für den Umgang mit dem Kesselbrink, der großen asphaltierten Freifläche mitten in der Innenstadt. Wie die rund 300-jährige Geschichte zeigt, ist der 2,5 Hektar große Platz in der Vergangenheit vielfältig genutzt worden. Die im Volksmund als „Köttelbrink“ bezeichnete einstige Viehweide wurde im 18. Jahrhundert Exerzierplatz, später Veranstaltungsfläche, dann Grünanlage, in den 1930er Jahren abermals Paradeplatz, wieder Volksfestgelände und in den 60er Jahren schließlich Omnibusbahnhof mit Tiefgarage. Daran erinnert der Platz noch heute.
In den vergangenen Jahrzehnten gab es mehrere Versuche, den Kesselbrink herzurichten. 1991 hatte der Herforder Architekt Reinhold Nickles mit seinem Vorschlag, den Platz als Grünfläche mit Wasserbecken und Rundpavillon zu gestalten, einen entsprechenden Ideenwettbewerb gewonnen. Doch daraus wurde ebenso wenig etwas wie aus der Ideenskizze eines dreiseitig umschlossenen Raumes mit einem dominierenden Baukörper, die Gottfried Böhms Sohn Stefan 1994 für die Initiative des Förderkreises Stadtqualität anfertigte. Der damalige Baudezernent Florian Mausbach sah den Kesselbrink seinerzeit als wichtiges Gelenk zur östlichen Innenstadtentwicklung. „Man muss bei der Gestaltung des Platzes nach seiner künftigen Bedeutung für das Stadtgefüge fragen... Wir haben ja in Bielefeld keinen Platz mehr, wo mal eine Kundgebung stattfinden kann, ein Zirkus oder...“, äußert er sich am 17.2.1994 in der Bielefelder Wochenzeitung Stadtblatt. Heute sieht die Stadt den Kesselbrink als Teil eines „Netzwerks unterschiedlicher Raumqualitäten in der Stadt“. So steht es im städtebaulichen Entwicklungskonzept. Welche Funktionen der Platz künftig übernehmen könnte, wurde öffentlich diskutiert und in einer Machbarkeitsstudie zusammengefasst. Die Bielefelder wollen „Grün genießen, Ruhe haben, Spielen, Essen und Trinken, Zuhören, Zuschauen und sich Vergnügen“. Die 600 Stellplätze der einst größten eingeschossigen Tiefgarage Nordrhein-Westfalens sollen auf 400 reduziert, die Pavillons aus den 60er Jahren am Rand des Platzes abgerissen werden. Gewünscht sind wieder eine Skateranlage und ein Wochenmarkt.
Diese Parameter galten für die zehn ausgewählten Teams aus Landschaftsarchitekten, Architekten und Beratenden Ingenieuren. Die Jury (Vorsitz: Gerd Aufmkolk) entschied sich einstimmig für den Entwurf von Lützow 7 mit Léon Wohlhage Wernik Architekten und Schüßler-Plan. Mit ihrem Konzept wollen die Planer der künftigen „wechselvollen Identität des Kesselbrink als Platz, Park, Markt und Verkehrsraum Form und Inhalt verleihen“. Mit Baumgruppen schaffen sie Raumkanten nach außen und innen. Der nördliche Teil wird für Märkte nutzbar, die überdacht werden können, der südliche Teil ist Rasenfläche. Das Café orientiert sich zu beiden Bereichen. Die Skateranlage wirke nicht ausreichend integriert und störe die Durchlässigkeit nach Südosten, urteilte die Jury. Den 2. Preis erhielten Atelier Loidl, Pool 2 Architekten und Reitz und Pristl. Sie wollen den Platz „aus unterschiedlich rechteckigen Flächen komponieren“. An drei Seiten umfassen sie ihn mit Bäumen, der Übergang von der Asphalt- zur Grünfläche ist mit einer Sitzkante abgeschlossen. Positiv sah die Jury die Lage des Cafés im Bereich des angrenzenden Platzes im Südosten. Die Skateranlage empfand sie als überdimensioniert und als zu starke Zäsur in der geforderten Ost-West-Freiflächenverbindung. Bis 2012 soll der Umbau nach den Plänen der ersten Preisträger abgeschlossen sein.
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