„Wir haben es mit einem Skelettbau in Möbelqualität zu tun“
Holzkonstruktion des Headquarter der Tamedia AG
Text: Redecke, Sebastian, Berlin
„Wir haben es mit einem Skelettbau in Möbelqualität zu tun“
Holzkonstruktion des Headquarter der Tamedia AG
Text: Redecke, Sebastian, Berlin
Interview mit Martin Antemann über die Holzkonstruktion des Headquarter der Tamedia AG
Welcher Teil der Konstruktion stellte für die Blumer-Lehmann AG die größte Herausforderung dar?
Martin Antemann | Bei solchen Konstruktionen ist die größte Herausforderung, alle Komponenten oder Teile unter Berücksichtigung der gestellten Rahmenbedingungen in die Ausführungsprozesse einzuflechten.
Haben Sie ein ähnliches Bauvorhaben schon einmal realisiert?
Dieses Bauwerk ist ein Unikat. Wir haben es mit einem Skelettbau in Möbelqualität zu tun, der mit speziellen Holzverbindungen funktioniert. Einzelne Details haben wir in anderen Projekten bereits umgesetzt. Wir konnten also unsere Erfahrungen sehr gut einbringen, vor allem in Bezug auf die Materialkenntnis, das Verständnis von Statik und Bauphysik, die Kombination von digitalem und traditionellem Handwerk, die CNC-Fertigung und das spezielle Projektmanagement der Logistik und Montage.
Wäre eine solche Konstruktion auch in einem anderen Land möglich gewesen?
Es war ein „Bending Boarder“-Projekt für die Schweiz. Die gesetzlichen Bestimmungen, die Nähe zum und das Vertrauen in den Werkstoff Holz ist in jedem Land sehr unterschiedlich. Es kommt immer auf den Einzelfall an und darauf, welche Personen oder Institutionen hinter einem solchen Pionierprojekt stehen.
Welches Holz wurden verwendet?
Grundsätzlich Fichte, aber auch Buche, um die Knoten zu verstärken.
Wurden Bauvorschriften speziell für dieses Projekt neu ausgelegt, besonders beim Brandschutz?
Nein.
Die Fachwerk-Konstruktion wirkt überdimensioniert. Warum?
Die Dimensionen unterliegen statisch-konstruktiven und architektonischen Anforderungen. Das Fachwerk hat die Aufgabe, die Kräfte aus den darüber liegenden Geschossen abzuleiten. Im Rahmen der Gebrauchstauglichkeit sind die zulässigen Verformungen sehr klein, was eine steife Konstruktion zur Folge hat. Überdimensioniert oder nicht? Das ist letztlich eine subjektive Frage. Im Vergleich zu den anderen Bauteilen finde ich, dass sie es eher nicht.
Warum waren Stahlverspannungen erforderlich?
Es gibt im ganzen Projekt eine Stelle, in der zwei Stahlzugbänder zum Einsatz kommen. Sie liegen im Zuggurt des Fachwerks und sind in der Decke über dem Erdgeschoss eingeschlossen. Sie waren notwendig, um die enormen Zugkräfte aufzunehmen und im Fachwerk kurzzuschließen. Unter den gegebenen Rahmenbedingungen des Projekts war dies der beste Kompromiss. Weitere Stahlverspannungen gibt es nicht.
Spielten bei den gewaltigen „Gelenken“ auch rein architektonisch-gestalterische Wünsche des Architekten eine Rolle?
Auf jeden Fall. Das gestalterische Konzept und der Grundgedanke dieses Tragwerks kommen von Shigeru Ban. Auch in der Ausformulierung der Detailgeometrie wurden die Verläufe der einzelnen Kurven diskutiert und festgelegt.
Wie war die Zusammenarbeit mit Shigeru Ban?
Gut und intensiv. Sein konstruktives Denken und die Offenheit für technische Zusammenhänge sind ein großes Plus, um die hohen Anforderungen der Architektur und des Bauherrn in der Planung fassbar und realisierbar zu machen.
Welche Erfahrungen haben Sie bei dem Projekt gesammelt?
Viele. Eine der wichtigsten, wie gut sich mehrgeschossige Bauten mit sichtbaren Holztragwerken mitten in einer Großstadt realisieren lassen. Sehr schön war es außerdem zu beobachten, wie anziehend ein Bauwerk dieser Art für die Bevölkerung ist.
Gibt es ein weiteres Projekt mit Shigeru Ban?
Es war nicht unser erstes gemeinsames Bauwerk, und wir hoffen natürlich, dass wir nochmals die Chance erhalten, ein Projekt nach seinen Vorstellungen zu realisieren.
Die Fragen stellte Sebastian Redecke
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